Mancher Landwirt ist derzeit überrascht. In Sorge, woher in der Corona-Krise die Erntehelfer kommen sollen, klingelt plötzlich das Telefon. Nachbarn und Leute aus der Umgebung bieten ihre Mitarbeit an. Sie sitzen derzeit ohne Arbeit in der Wohnung. Denn Läden, Gastronomie und andere Betriebe sind geschlossen. Zwei Beispiele aus Nordbaden.

Der Betriebsleiter vom Straßenheimer Hof in Mannheim ist völlig überrascht: „Das war für mich wirklich unerwartet, was da passiert ist. Da rufen Leute aus der Nachbarschaft an. Sie hätten gehört, dass wir bei Saisonarbeitern Probleme haben. Dass Saisonarbeitskräfte an der Grenze stehen und nicht hereinkommen. Sie bieten an, auf den Acker zu kommen und Spargel zu stechen oder Erdbeeren zu pflücken. Viele wollen das ehrenamtlich tun, ohne Geld dafür zu nehmen“. Dr. Peter Müller hat schon vieles erlebt. Aber so etwas noch nicht. Deutsche können es noch„Nach all den Jahren, in denen wir öffentlich einer Schmutzkampagne ausgesetzt waren, fällt es nicht nur mir schwer, dies nachzuvollziehen, zu sagen, welche Empfindungen ich habe. Zumal man nicht nur gute Worte, sondern tatsächlich Hilfsangebote bekommt! Das sind Leute, welche die Arbeit wirklich erledigen können“, betont Müller. „Da meint mancher, Deutsche könnten solche Arbeiten gar nicht mehr – aber sie können es, sie machen es gut“, freut sich der Vorsitzende des Verbands baden-württembergischer Saatguterzeuger (VbwS). Müller arbeitet eng mit der ZG Raiffeisen zusammen. Betriebsmittel für Düngung und Pflanzenschutz sind geordert. Der Betriebsleiter hofft, dass es beim Absatz der Ernte in Corona-Zeiten keine Schwierigkeiten gibt. Der knapp 100 ha große Ackerbaubetrieb mit Saatguterzeugung baut vor allem noch Chips-Kartoffeln und Möhren an, zudem Zuckerrüben und etwas Mais.

Nachbarn stechen Spargel

Wie gut manche auf dem Feld arbeiten können, zeigt sich auf dem Spargelfeld des Partner-Betriebes von Müller, dem Hof Großhans. Steffen Großhans war wie Müller überrascht. Der Junior-Chef leitet mit seinem Vater Walter in einer GbR den 160 ha-Ackerbaubetrieb der Familie in Hockenheim (Rhein-Neckar-Kreis). Schwerpunkte sind neben 40 ha Spargel Erdbeeren und Kartoffeln. Letztere werden als Speiseware vermarktet oder gehen in die Chips-Produktion. „Seit drei Wochen sind wir am Spargelernten. Manche haben am Feldrand wohl bemerkt, dass zu wenig Erntearbeiter da sind. Dann kam der Anruf einer Dame, die früher selbst Spargel gestochen hatte und in der Corona-Krise keine Arbeit hat. Sie hätte fünf andere Leute, die ehrenamtlich mithelfen wollten, sagte sie.“ Großhans zögerte nicht lange. „Seit Donnerstag vergangener Woche sticht die Dame bei uns Spargel. Tags darauf brachte sie bereits den ersten bekannten zur Arbeit mit. Das läuft wirklich gut. Die können Spargel stechen!“ In früheren Jahren hat die Mitarbeit von Deutschen nicht so recht geklappt, bestätigt Großhans. Bei den Leuten dieses Jahr funktioniert es umso besser, meint er.Wie läuft das Spargelabsatz in Zeiten des Corona-Virus? „Bis jetzt ist es nur eine kleine Ernte aus beheizter Anlage“, erklärt Großhans, „die Nachfrage ist sehr positiv. Es bleibt aber abzuwarten, wie sich der Markt weiter entwickelt, wenn die Haupternte einsetzt.“ Großhans verkauft direkt ab Hof, über Verkaufsstände, den Lebensmitteleinzelhandel und die Gastronomie. „Die Gastronomie ist natürlich das größte Sorgenkind, weil die bricht uns jetzt weg.“

Der Beitrag erschien in BWagrar, Ausgabe 13_2020 und wurde uns freundlicherweise von www.bwagrar.de zur Verfügung gestellt. Dieser Beitrag darf nur mit ausdrücklicher Genehmigung übernommen werden.