Heute sollen 50 Kinder von den griechischen Inseln nach Deutschland evakuiert werden. Im Vergleich zu der noch Anfang März von der Bundesregierung angekündigten Zahl von 1.000-1.500 Kindern ist das unverhältnismäßig, kritisieren die Ärzt*innen in sozialer Verantwortung (IPPNW).
Derzeit leben auf den griechischen Inseln 40.000 Geflüchtete in Lagern, die für 6.000 Bewohner*innen ausgelegt sind. IPPNW-Vorstandsmitglied Carlotta Conrad stellt fest, dass es „in der aktuellen Situation durch die Corona-Pandemie unmenschlich ist, in Europa Personen ohne Zugang zu Wasser zu wissen, ohne Möglichkeit des Social-Distancing und mit nicht-vorhandener medizinischer Versorgung“. Die Lager müssten aufgelöst und die Asylverfahren zügig bearbeitet werden.
Im März erklärten noch zehn EU-Staaten, dass sie zusammen mindestens 1.600 Personen aufnehmen können. Bisher sind jedoch lediglich 12 Kinder in Luxemburg angekommen. Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ist die Aufnahmebereitschaft in der EU deutlich gesunken. „Niemand darf zurückgelassen werden“, meint IPPNW-Mitglied Ernst-Ludwig Iskenius. „Wir fordern, die komplizierten Auswahlverfahren zu vereinfachen und besonders Schutzbedürftige sofort zu evakuieren.“
In der Potsdamer Erklärung von Herbst 2019 haben sich 120 Kommunen zu „Sicheren Häfen“ für Geflüchtete ernannt. Darunter auch die Hauptstadt Berlin. Innensenator Geisel bot nun dem Bund erneut an, dass Berlin allein 70 unbegleitete Minderjährige aufnehmen kann. Laut zwei juristischer Gutachten wäre die Aufnahme von Geflüchteten aus humanitären Gründen durch die Länder auch ohne Zustimmung des Bundes möglich. „Wir haben Platz“, meint Carlotta Conrad. „Im Angesicht dieser humanitären Krise auf den griechischen Inseln müssen wir nun schnell handeln.“