Der Hollywood-Schauspieler Joaquin Phoenix hat in diesen Tagen von sich reden gemacht, weil er nach der Verleihung des renommierten Screen Actors‘ Guild Preises als bester Hauptdarsteller für seine Rolle als “Joker” hinterher nicht feiern ging, sondern sich Tierrechtsaktivisten anschloss, die vor einem Schlachthaus in Los Angeles demonstrierten.

Die Bewegung Animal Save Movement existiert bereits weltweit. Menschen fangen Tiertransporter vor Schlachthöfen ab und geben den erschöpften Tieren Wasser, da diese – in Amerika wie auch hier in Europa – meist tagelang ohne unterwegs waren.

In einem Videointerview von Jane Unchained News Network, das auf Facebook offen zur Verbreitung steht, spricht Joaquin darüber und wie er es als Pflicht empfindet, die Lügen der Werbebilder von glücklichen Tieren zu entlarven und darauf aufmerksam zu machen, dass die Massentierhaltung auch das Klima schädigt:

„Wir befinden uns in einem Stadium, in dem die Beweise überwältigend sind, dass es eine Verbindung zwischen der Fleisch- und Milchindustrie und dem Klimawandel gibt, und das ist sicherlich etwas, das die Menschen betrifft.“

Die Gewalt macht auch vor Menschen nicht halt

Zudem spricht er eine Sache an, die bis jetzt noch wenig bis keine Beachtung gefunden hat, selbst in der Tierrechtsbewegung: Gewalt an Tieren erzeugt auch Gewalt an Menschen. Er erzählt, dass in Gemeinden und Vierteln nahe Schlachthäusern oft ein Anstieg an häuslicher Gewalt und sexuellem Missbrauch verzeichnet wird:

„Alles an der Fleisch- und Milchindustrie ist zerstörerisch, nicht nur für die Tiere, sondern auch für die Wanderarbeiter, die nicht genug bezahlt werden, ohne Sozial- oder Krankenversicherung. Die Raten häuslicher Gewalt und sexueller Übergriffe steigen in den Städten, die sich um einen Schlachthof herum befinden, in die Höhe. Einige Leute denken, es geht nur um die Tiere, aber das stimmt nicht.“

Joaquin Phoenix Wins SAG Award! Then, He Comforts Slaughter Bound Pigs!

Watch this #JaneUnChained interview with Joaquin Phoenix that's making headlines across the globe! Joaquin won the SAG Screen Actors Guild Awards- Shrine Auditorium for outstanding performance by a male actor in a leading role for his performance in the Joker Movie. Then, instead of partying, he went to a pig slaughterhouse near downtown LA and joined animal/climate activists comforting innocent, young, frightened pigs about to be killed so their body parts can be turned into bacon, ham and other unnecessary, unhealthful and environmentally destructive products. Joaquin lays out the crisis to JaneUnChained contributor Renée Marinkovich! This vigil is organized by Los Angeles Animal Save as part of The Save Movement USA. Any media outlet can use this footage without seeking extra permission. Please credit JaneUnChained News Network.

Gepostet von Jane Unchained News am Dienstag, 21. Januar 2020

 

In der Tat herrschen in der Schlachthofindustrie prekärste Arbeitsverhältnisse: Akkord-Arbeit, Hunger-Löhne und null soziale Absicherung sind an der Tagesordnung. Auch bei uns wird dies am Beispiel Tönnies, dem mit Abstand größten Schlachtbetrieb Deutschlands und größtem Vermarkter von Schweinefleisch in Europa deutlich. Der Verein Aktion Arbeitsunrecht hat dazu bereits Protestaktionen durchgeführt und den Fall Tönnies beleuchtet. Es geht um systematischen Lohnraub, Unterschreitung des Mindestlohns, unbezahlte Überstunden, fehlende Zuschläge für Sonntags- oder Nachtarbeit und unmenschliche 12- bis 16-Stunden-Schichten.

„Wegwerfmenschen“ im Sumpf krimineller Subunternehmer

Der Pfarrer Peter Kossen spricht in einem Vortrag über die Ausbeutung in der Fleischindustrie in Niedersachsen von „Wegwerfmenschen“ und einem „Sumpf von kriminellen Subunternehmern und dubiosen Leiharbeitsfirmen, der genutzt wird, um Lohnkosten zu drücken und Unternehmer-Verantwortung abzuwälzen“. In der Gegend um Diepholz leben über tausend Bulgaren und Rumänen, die dort in den Großschlachthöfen bis zur Totalerschöpfung ausgelaugt werden. Das erste Wort, dass sie in ihrem Job lernen, sei „schneller“. Für Menschlichkeit bleibt hier keine Zeit.

Die unerträglichen Zustände in den dunklen Ställen der Massentierhaltung, die inzwischen überall auf der Welt existiert, kommen mehr und mehr ans Tageslicht. Umso verstörender sind die Bilder, die zeigen, wie die Tiere, die nach Jahren der schonungslosen Mast oder Ausbeutung als Milchmaschine und langen Transporten in sengender Hitze oder eisiger Kälte oft so entkräftet sind, dass sie nur noch schlecht laufen können, auch immer wieder regelrecht in die Schlachthöfe gezogen oder sogar geprügelt werden. Sie lassen erahnen, dass Menschen, die so etwas tun, ob gewollt oder unter Arbeitsdruck, dies auch unbewusst auf ihre Umwelt übertragen können.

Trauma von Tier und Mensch

Die ehemaligen Metzger und heutigen Tierrechtsaktivisten Peter Hübner, Thomas Schalz und Phil Hörmann bestätigen, dass viele Menschen den Job in Schlachthäusern nur unter Betäubung durch Alkohol machen können. Wer soviel Gewalt an lebenden Wesen ausübt oder ausüben muss, ob nun legal oder nicht, für das eigene Überleben oder wie auch immer, ist manchmal selber traumatisiert. Die Parallelen zu sogenannten Posttraumatic Stress Disorders, wie sie zum Beispiel Soldaten nach Kriegseinsätzen erleiden, sind nicht schwer zu ziehen.

Die Gewalt im System der Massentierhaltung zieht sich also durch die gesamte Produktionskette. Unsägliche Ausbeutung der Tiere, Gewalt gegen die Natur in Form von Verschmutzung und Verseuchung von Luft, Boden und Gewässern, Gewalt an Menschen in Form von Ausbeutung als rechtelose Billiglohnarbeiter, die noch dazu selber kaum mit der Gewalt fertig werden, die sie da lebenden Wesen antun müssen. Das zeigt auch die von arte produzierte Dokumentation „Personaleingang“ die in einem industriellen Schlachthof in Frankreich gedreht wurde: die Angestellten leiden unter dem Prozess des maschinellen Tötens bis in den Ruhestand hinein.

Fleisch- und Milchindustrie heizen den Klimawandel an

Doch was hat das alles mit dem Klimawandel zu tun? Kehren wir zurück nach Hollywood: Bei einer Klimademo, die kürzlich von Jane Fonda organisiert wurde, wies Joaquin Phoenix erneut auf den Zusammenhang zwischen dem Konsum von Fleisch- und Milchprodukten und dem Klimawandel hin:

„Etwas, das meiner Meinung nach in der Umweltbewegung oder im Diskurs über den Klimawandel nicht oft angesprochen wird, ist, dass die Fleisch- und Milchindustrie die dritthäufigste Ursache des Klimawandels ist.“

Obwohl die Politik diesen Zusammenhang immer noch krampfhaft ignoriert, bestätigen doch eine steigende Anzahl von Studien diese Einschätzung. Einige Experten gehen inzwischen sogar davon aus, dass der Klimawandel bis zu 50% oder noch mehr durch die Landwirtschaft, insbesondere die Fleisch- und Milchindustrie, verursacht wird.

Weltweit fast doppelt so viele Nutztiere wie Menschen

Schaut man sich die Zahlen des Weizmann Institute of Science in Israel an, so wird schnell deutlich warum. Von allen aktuell auf der Erde lebenden Säugetieren sind 4 % Wildtiere, 36 % Menschen und satte 60 % sogenannte Nutztiere, also Tiere aus der Massentierhaltung. Für den Anbau ihres Futters, meist genmanipuliertes Soja, werden die letzten großen zusammenhängenden Wälder wie der Amazonas gerodet, Ökosysteme zerstört und enorme Wasser- und Bodenressourcen verschwendet. Dazu kommen Unmengen an Treibhausgasen wie Methan und Lachgas sowie CO2 für den Transport rund um den Globus.

Joaquin Phoenix lebt selbst seit langem vegan, oder besser „plant-based“, wie es inzwischen heißt. Er nutzt seinen Einfluss immer wieder dazu, um auf all das Elend und den Wahnsinn dahinter aufmerksam zu machen. Unter anderem sorgte er bei den diesjährigen Golden Globes dafür, dass allen Gästen ein Pflanzen-basiertes Menü serviert wurde.

Jeder Mensch kann jeden Tag eine Entscheidung treffen

Und dann sagte er bei der Klimademo am Schluss noch etwas ganz Wichtiges: Wir alle haben es in der Hand, dieser endlosen Kette von Gewalt und Zerstörung ein Ende zu setzen. Jeden Tag können wir selber entscheiden, was wir konsumieren und somit Tiere, Menschen und das Klima schützen:

„Ich habe manchmal so sehr mit dem zu kämpfen, was ich [zur Bekämpfung des Klimawandels] tun kann. Es gibt Dinge, die ich nicht vermeiden kann – ich bin heute oder besser gesagt gestern Abend mit einem Flugzeug hierher geflogen. Aber eine Sache, die ich tun kann, ist, meine Essgewohnheiten zu ändern. Deshalb möchte ich Euch alle dringend bitten, sich mir dabei anzuschließen.“

Danke Joaquin!