Im Rahmen dieses Interviews reden wir mit Sarah Plant, welche die englische Version von dem Lied und der Performance „Un Violador en tu Camino“ erstellt hat. Es kommt ursprünglich aus dem Spanischen und wurde von dem chilenischen Frauenkollektiv „Las Tesis“ im November 2019 geschrieben, sowie aufgeführt. Dabei basiert das Lied auf dem Text der Anthropologin Rita Segato.
Fangen wir damit an, dass du uns etwas über dich erzählst. Wie bist du eine Aktivistin geworden und wie in die Musik- und Filmindustrie gekommen?
Ich stand schon immer mit einem Fuß in der Musikszene und mit dem anderen in Bewegungen für einen sozialen Wandel. Nachdem ich mich damals in der Sekundarschule einem Massenprotest gegen den Vietnamkrieg angeschlossen hatte, arbeitete ich mit Gruppen gegen die wirtschaftlichen und militärischen Intervention der USA in Zentralamerika sowie in anderen Gebieten. In den 1970ern trat ich dem Kollektiv des „Liberation News Service“ bei und habe gelernt, wie man Nachrichtenartikel schreibt und bearbeitet, eine Druckmaschine verwendet und wie man mit 40$ pro Woche über die Runden kommt.
Während ich Musiktexte von Aufnahmen übersetzte und Lieder zur Veröffentlichung notierte, verliebte ich mich, als Musikredakteurin von der Zeitschrift „Sing Out!“, in lateinamerikanische Rhythmen. Ich traf Musiker an der heimischen Küste Nicaraguas, sowie an der afro-karibischen Küste, während ich Lieder recherchierte habe. Ich begann multikulturelle Melodien für mein klassisches Trio zu arrangieren und spielte Flöte mit Gruppen aus Kuba, Nicaragua, den Anden und Brasilien. Bevor ich von einer „World Music“ Marketing-Kategorie hörte, traten unsere damals eklektischen Gruppen bei Bernardo Palombos lateinamerikanischen Workshop „Taller Latinoamericano“ auf, wo verschiedene Gemeinschaften, 40 Jahre später, damit fortfuhren gegenseitig ihre Sprachen zu lernen und ihre Kulturen auf gemeinsamer Basis miteinander zu teilen.
Mit 40 Jahren vertonte ich meinen ersten Kurzfilm für eine Trickfilmzeichnerin aus Kalkutta. Ich nahm Flötenstücke auf und entwarf Musik für den Produzenten Ang Lee und seinen Film „Eat Drink Man Woman“. Seit dem habe ich Dokumentarfilme, Features und Exponate für die Biodiversitätshalle des Naturkundemuseums kreiert.
Du hast das chilenische feministische Falshmob-Lied, „El Violador en tu Camino“, ins Englische übersetzt. Es ist etwas ungewöhnlich für eine Amerikanerin, etwas von irgendwo anders auf der Welt zu nehmen und dies an die USA anzupassen. Was hat dich dazu motiviert?
Einer meiner Freunde, ein ecuadorianischer Aktivist, hat mich angerufen und gefragt, ob ich eine englische Übersetzung und eine musikalische Gestaltung erstellen könnte, damit es noch vor den „1/18 Women’s Marches“ in Umlauf gebracht wird. Unten findet man meine Übersetzung sowohl des Refrains, als auch aller Strophen ins Englischen, diese können speziell zu den kraftvollen Rhythmen von Las Tesis „gesungen“ werden. Manche lokalen Frauenmarsch- und andere Gruppen planen es aufzuführen.
In einer Zeit des von der US-Regierung geförderten Mobbing, habe ich Vorbehalte, die Wut zu verstärken oder zu verallgemeinern, was Polarisierung verstärken kann. Aber das Lied findet einen Nachhall auf der ganzen Welt und macht letztendlich den Staat und auch den Präsidenten verantwortlich. Chilenische Frauen sind gezielte Opfer von Vergewaltigung und Gewalt durch einige Gefängniswärter und Polizisten. Eine von drei Frauen in Latein Amerika hat bereits Gewalttätigkeit erlebt und in Mexiko werden täglich acht Frauen getötet.
Ich möchte eher nicht die Lorbeeren für etwas ernten, was mir nicht zusteht: Lokale Gruppen erstellen ihre eigene Gesangsversionen und ich habe gerade erfahren, dass eine Übersetzung für Las Tesis entworfen wurde, welche den Washington D. C. Marsch anführen soll. Dies ist Volkskunst vom Feinsten, wobei jede Gemeinschaft ihre eigene Version adaptiert, einschließlich einer, welche beim Harvey Weinstein-Prozess in New York aufgeführt wurde.
Hier ist der Liedtext, mit den Tanzschritten und einer Audio-Probe des kompletten Liedes, was zu den Las Tesis‘ Rhythmen gesungen werden kann. Musiknotation ist per E-Mail an sarahplant@gmail.com erhältlich.
Die Übersetzung aus dem Englischen wurde von Maria Kaschner vom ehrenamtlichen Pressenza-Übersetzungsteam erstellt. Wir suchen Freiwillige!