Karin Leukefeld ist seit Jahren die einzige deutsche Korrespondentin, die über eine jährlich zu erneuernde Akkreditierung in Syrien verfügt. Sabine Kebir sprach mit ihr über Fragen der journalistischen Ethik, die sich aus der allgemein zugänglichen Berichterstattung über den Syrienkrieg aufdrängen.
Normalerweise hätten Leukefelds Berichte die deutschen Medien sehr interessieren müssen, zumal man kaum direkte Nachrichten von und über Bürger, Armee und Regierung von dieser Seite der Front erhielt, hinter der immerhin noch die Mehrheit der Syrer lebte. Obwohl sie bis 2011 für Radiosender der ARD gearbeitet hatte, wurden ihre Berichte mit Beginn des Krieges immer mehr kritisiert und schließlich abgelehnt, weil sie nicht das gängig gewordene Wording nutzte und z.B. weiter von ´Präsident Assad` anstatt vom ´Schlächter Assad“ sprach. Damit folgte sie aber der friedenspolitisch empfohlenen neutralen Sprache, die sich bemühen soll, bei der Darstellung von Konflikten diese nicht durch Beleidigungen anzuheizen. Schon zu Beginn des Krieges nahm auch der Druck auf andere, noch im Land tätige Korrespondenten zu, nur im Sinne der offiziellen Positionen der westlichen Regierungen zu berichten, was schließlich dazu führte, dass sie abgezogen wurden und in den klassischen Medien auch keine oder nur sehr wenige davon abweichenden Berichte mehr vorkamen.
Nie zuvor hätten in einem Krieg neuartige Formen von Berichterstattung eine so große Rolle gespielt wie im Syrienkrieg. Westliche Länder rüsteten in den Rebellengebieten sogenannte Bürgerjournalisten technisch mit eigenen Studios aus und übernahmen von ihnen Berichte, die – von den großen Medien übernommen und als authentisch hingestellt wurden, obwohl sie – eine Grundregel des Journalismus – meist nicht überprüfbare Informationen verbreiteten. Auch verließen sich die Medien in vorher nie erreichtem Ausmaß auf Nachrichten, die – fast ausschließlich aus den Rebellengebieten – über die sogenannten sozialen Medien wie Twitter und Facebook verbreitet wurden. Dabei wurde nicht mehr nach der professionellen Qualifizierung der jeweiligen Quellen gefragt.
Für Karin Leukefeld selbst war es auch nicht einfach, dem journalistischen Gebot der neutralen Berichterstattung zu folgen, weil sie wiederum keine Möglichkeit bekam, aus den Rebellengebieten direkt zu unterrichten. Sie bemühte sich aber, Personen zu treffen und zu befragen, die aus diesen Gebieten geflohen waren oder die die Waffen niedergelegt hatten und sie besuchte auch Gebiete, die wieder unter die Kontrolle der syrischen Armee gekommen waren, um dort die Menschen nach ihren Erfahrungen zu befragen. Des weiteren bemühte sie sich, ein breiter gefächertes und differenzierteres Bild der syrischen Opposition darzustellen, als es in den großen Medien geschah. In diesem Gespräch geht sie noch auf einzelne Punkte ein, über die gezielt falsch informiert wurde wie über die angebliche Totalzerstörung Syriens und die Glorifizierung der Weißhelme, die als vorbildliche Zivilschutzorganisation dargestellt wurden, obwohl sie nicht immer deren international geltenden Regeln für solche Organisationen folgten.