Auf der Berlinale sorgte der Film für einige Aufmerksamkeit und gute Kritiken, jetzt kommt er in die deutschen Kinos.
In Mazedonien gibt es einen absonderlichen Brauch. Am 19. Januar, dem Dreikönigstag, wird von einem Vertreter der orthodoxen Kirche ein Kreuz in ein Gewässer geworfen. Wer es fängt oder herausfischt, soll ein Jahr lang Glück haben. Mit Petrunya (Zorica Nusheva) holt in „Gott existiert, ihr Name ist Petrunya“ eine 32jährige, übergewichtige Frau aus der Kleinstadt Štip das Kreuz aus dem Fluss, die ein bisschen Glück bestens gebrauchen könnte.
Als arbeitslose Historikerin ist sie der üblichen Misogynie der patriarchalen Männergesellschaft ziemlich schutzlos ausgeliefert, wird bei einem Vorstellungsgespräch vom Geschäftsführer begrapscht, ehe er ihr mitteilt, er habe keine Verwendung für sie: „Ich würde dich nicht einmal ficken.“ Und auf dem Heimweg bekräftigt ihr eine Gruppe Jungmänner, sie sei nicht nur fett, sondern auch hässlich. Doch zu Hause kommt Petrunya vorerst nicht an, sondern gerät in nämliche Kreuz-Prozession, wo sie kurzerhand das Kreuz „gewinnt“ – dumm nur, dass Frauen von dem Happening traditionell ausgeschlossen sind. Folglich soll sie es wieder herausrückent. Schliesslich landet Petrunya auf der örtlichen Polizeiwache, wo die zweite Hälfte des Films die Vertreter der beteiligten Institutionen, Staat und Kirche, dabei beobachtet, wie sie versuchen, das Problem zu lösen und der Frau das Kreuz zu entlocken. Denn vor der Polizeiwache formiert sich zusehends ein Männermob, der Petrunya “steinigen” will.
„Gott existiert, ihr Name ist Petrunya“ basiert auf einer wahren Begebenheit und sein Anliegen, die konservativ-religiöse Männerwelt als das lächerliche Idiotentheater zu entlarven, das es ist, gelingt zwar, der politische Furor, mit dem die mazedonische Regisseurin Teona Strugar Mitevska inszeniert, gerät aber oft zu plakativ. „Dass dies hier im Mazedonien von 2018 geschieht, zeigt eindeutig, dass man zu Recht über unser Land sagt: Wie im dunkelsten Mittelalter steckt ihr hier im ewig Gestrigen fest“, erklärt etwa die Reporterin Slavica (Labina Mitevska) in die Kamera, die über den Fall eine Reportage dreht und zur Verbündeten Petrunyas wird. Solcherlei Explikationen wären indes gar nicht nötig, denn der Film beobachtet und analysiert die Borniertheiten der patriarchalen Gesellschaft präzise genug und schafft es dabei auch, eine Vielzahl von Diskursen unter einen Hut zu bringen, ohne dass er allzu überladen wirkt.
Wenn etwa Petrunya ihrer ultrakonservativen Mutter versucht beizubringen, wie sehr sie die von ihr internalisierten und vermittelten Machstrukturen in der Erziehung belastet haben, betrachtet die Mutter nur ihr Handy und murmelt: „Kein Empfang.“ Und wenn einer der Polizisten während einer Befragung wissen will, ob denn während des Studiums ihre Lieblingsepoche nicht „Alexander der Grosse“ gewesen sei, ob sie denn kein Interesse an „unserer Geschichte“ habe und Petrunya ihm erklärt, sie interessiere sich vor allem für die chinesische Revolution und „die Integration des Kommunismus in demokratische Strukturen“, zeigt der Film in der Pointe so unmissverständlich den Gap zwischen progressiver Weiblichkeit und national-identitärer Männlichkeit, dass jede weitere Erklärung nur störend ist.
Und die sehr schöne Schlusszene („Ihr könnt das Kreuz zurückhaben, ich brauche es gar nicht. Aber ihr braucht es.“) bringt den ganzen Schlamassel ohnehin ausreichend deutlich auf den Punkt.
“In diesem Jahr erwischte eine Frau das Kreuz in Zemun in Serbien”, erklärt indes Regisseurin Mitevska. “Sie wurde gefeiert. Die Welt verändert sich schnell, hoffentlich.”