Mit einer Aktion zum Amtsantritt von Christine Lagarde als Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) am heutigen Freitag hat Attac auf seine Forderung nach einer sozial-ökologische Ausrichtung der europäischen Geldpolitik aufmerksam gemacht. Das globalisierungskritische Netzwerk verlangt klare Kriterien für künftige Anleihekäufe der EZB: Neben der Geldwertstabilität soll die Zentralbank bei ihren Entscheidungen künftig auch soziale Kriterien sowie den Umwelt- und Klimaschutz berücksichtigen.
Bei der Aktion musste sich Lagarde (dargestellt von einer Aktivistin) zwischen zwei überdimensionalen Einkaufstüten entscheiden. Die eine Papiertüte war mit sozial-ökologisch sinnvollen Produkten gefüllt, in der anderen steckten klima- und umweltschädliche Produkte. Mit Sprechchören forderten die Attac-Aktiven die neue Zentralbank-Chefin auf, ihr Handeln an sozialen und ökologischen Kriterien auszurichten.
„Die Pariser Klimaziele gelten für alle öffentlichen Institutionen, auch für die Zentralbank. Lagarde muss als neue EZB-Chefin ihrem Haus neue Leitlinien geben, in denen Klima- und Umweltschutz sowie sozialer Ausgleich einen zentralen Platz einnehmen. Mit dem Wertpapier-Ankauf hat die Bank ein mächtiges Instrument, um zu diesen Zielen beizutragen”, sagte Hajo Köhn von der Attac-Arbeitsgruppe Finanzmärkte und Steuern.
Die EZB hatte seit März 2015 im großen Stil öffentliche Anleihen gekauft, seit Juni 2016 auch Unternehmensanleihen. Der Gesamtumfang belief sich bis Ende 2018 auf 2,6 Billionen Euro. Dadurch wurden die Anleihenmärkte im Euroraum stabilisiert und ihr Zinsniveau gesenkt. Im Portfolio der EZB finden sich unter anderem auch Anleihen von Auto-, Öl- und Gas- sowie Rüstungskonzernen. Die öffentliche Zentralbank hat damit indirekt die Finanzierung von klimaschädlicher Produktion erleichtert und verbilligt. Insbesondere führende deutsche Geldpolitiker nehmen eine Bremserrolle bei der Finanzierung des sozial-ökologischen Umbaus der Gesellschaft ein. So wies Bundesbank-Präsident Jens Weidmann am Dienstag Forderungen nach einer grünen Geldpolitik (green QE) erneut zurück.
Dazu Urs Kleinert, ebenfalls aktiv in der Finanzmarkt-AG von Attac:
„Angesichts der Klimakrise muss die EZB sofort aufhören, Auto- oder Ölkonzerne zu unterstützen, und stattdessen Anleihen kaufen, die den ökologischen Umbau finanzieren. Durch Garantien und – wenn nötig – Ankäufe muss sie es der Europäischen Investitionsbank und anderen Förderbanken ermöglichen, in großem Umfang Kredite für ökologische und soziale Infrastruktur zu vergeben.“
Attac fordert einen grundlegenden sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft und Gesellschaft. Dazu bedarf es massiver Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, um diese ökologisch und zukunftsfähig zu machen. Finanziert werden soll das einerseits durch einen konsequenten, international koordinierten Kampf gegen Steuerflucht und Steuervermeidung, andererseits durch günstige Kredite der öffentlichen Förderbanken wie EIB und KfW, abgesichert durch die Europäische Zentralbank.