Oktobermeldungen der TV – und Printmedien machen erneut auf ungelöste Widersprüche und Auseinandersetzungen des Doppelkontinents Amerika aufmerksam. Die Wurzeln dieser Ereignisse reichen bis zu spanischen Kolonialzeiten zurück. Ursprünge liegen gleichfalls in der Monroe- und in der aktuellen Sicherheitsdoktrin der USA. Boykotte und Sanktionen der nördlichen Wirtschaftsmacht weisen auf ernste Problemlagen zwischen dem Nord- und Südteil der Kontinents.
Kuba leidet seit 1959 in besonderer Weise unter dem ständigen politischen und wirtschaftlichen Druck. Eine erneute und einseitige Verschärfung gab es 2019 durch die Anwendung der Anlage 3 des „Helms-Burton Gesetzes“ der USA. Die Anlage lag lange Jahre auf Eis. Sie belegt jetzt Unternehmen der USA und aller Drittländer mit Strafen, die mit kubanischen Firmen handeln und zwar mit Unternehmen, die in früheren Jahren einmal USA-Besitz waren und die nach der Revolution in kubanischen Besitz übergingen. Das Helms-Burton Gesetz hat Wurzeln, die bis zur kubanischen Verfassung zurückgehen, die nach der spanischen Kolonialzeit gültig war und die der USA Sonderrechte in Kuba gab. Die USA hatte gemäß der Monroedoktrin die Spanier endgültig aus Kuba zu vertreiben. Wohl nicht selbstlos, wie es sich zeigt.
Inzwischen hat sich Kuba 2019 mit großer Beteiligung der Bevölkerung eine neue Verfassung gegeben. Mit Chinas und Russlands Hilfe hofft das Land, weiter seinen Weg gehen zu können. Eine übergroße Mehrheit der Länder der Welt fordert, in der UNO das Ende der USA-Blockade.
Venezuela unterliegt, seit Hugo Chávez 1998 die Präsidentschaft übernommen hatte, Dauerattacken der USA und ihrer Verbündeten Europas. Eine Verschärfung wurde erreicht, nachdem das Land als Sicherheitsrisiko für die USA eingestuft wurde. Damit begründete Uncle Sam Sanktionen und Sperrungen venezolanischer Dollarkonten. Der nördliche Koloss sorgte für Inflation, Versorgungsmängel, Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Auf der Agenda der USA Eliten steht ein Regimewechsel. Als die Abwahl von Maduro nicht eindeutig nach demokratischen Regeln gelang und die militärische Option in Lateinamerika keine Unterstützermehrheit bekam, erschien aus der Zaubertüte Guaídó als selbsternannter Präsident. Der legitime Maduro trat trotz Boykotte und Guaidó nicht zurück. Ein kleiner Lichtschimmer: Er schloss im September dieses Jahres mit einer Gruppe von 40 Abgeordneten der Opposition eine Vereinbarung zur Beruhigung der Lage ab.
Jüngstes Unruheland wurde Ecuador. Der neugewählte Staatspräsident Moreno schloss entgegen aller schlechten Erfahrungen lateinamerikanischer Länder mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) eine Kreditvereinbarung über 4,2 Milliarden US-$ mit der Zusicherung ab, die Sozialausgaben des Landes radikal zu kürzen, was der Präsident auch per Gesetz anordnete. Die nationale Conförderung der Indigenen (CONOAI) rief zum Protest auf und erhielt breite Unterstützung anderer Schichten. Der Präsident versprach, die vorgelegte Fassung des Gesetzes zu verändern. Die Diesel- und Benzinpreise sollen sozialverträglich sein. Das Anliegen von Moreno mit dem IWF zu verhandeln gibt in Lateinamerika zu denken. Die Rolle des IWF als Diener des internationalen Finanzkapitals steht seit langem in Lateinamerika unter Kritik. Immerhin hat sein Vorgänger Präsident Correa in den Jahren von 2007 bis 2018 beachtliche Verbesserungen der Lebenslage der Bevölkerung gebracht. Ecuador erfüllte die Ziele der UNO Entwicklungsperiode auf den Gebieten Bekämpfung der Armut, im Schul- und Gesundheitswesen und anderen Gebieten.
Die Leiden der Bevölkerung Kolumbiens sind trotz Friedensabkommens zwischen der Regierung und der FARC Rebellen nicht beendet. Es scheint seine Gültigkeit verloren zu haben, nachdem viele Kämpfer der Führungsschicht der FARC nach der Unterzeichnung ermordet wurden oder Asyl in der mexikanischen Botschaft suchten. Sie sind untergetaucht, um ihr Leben zu retten.
Mit Amtsantritt des Präsidenten Bolsonaro sind auch in Brasilien die Hoffnungen nach sozialer Verbesserung zurückgestuft worden. Es gab Budgetkürzungen an den Universitäten bis zu 20 %. Bolsonaro unterstützt bereitwillig den harten Kurs der USA-Administration gegen Venezuela. Brandherde im Amazonas sind Geschenke an die brasilianischen und internationalen Agrarmonopole. Die Evangelikanische Kirche scheint mit umfangreichem Dollarsegen aus den USA und den Ratschlägen des Misters Bannon die Bevölkerung auf dem „rechten“ Weg bringen zu wollen.
Für das historische Projekt Lateinamerikas ist die Entwicklung in Mexiko unter Präsident Andrés Manuel López Obrador (AMLO) nach den Dauerattacken von US-Präsident Trump bedeutsam. Unheil bringt die Sperrung der Grenze. AMLOs Konzept der 4. Transformation mit 100 Vorhaben, vor allem für soziale Verbesserungen, findet bei den Eliten des nördlichen Nachbarn keinen Beifall. Sicher aber bei der Bevölkerung mit lateinamerikanischem Hintergrund, die an der unteren Existenzgrenze lebt.
Die Frauen und Männer Lateinamerikas, die aktiv ein „Würdiges Leben (Buen vivir)“ anstreben, warten gespannt auf die Ergebnisse der Wahlen 2019 in Bolivien, Argentinien und Uruguay.
Lateinamerika benötigt die Solidarität aus Europa und der Welt, im Namen des Humanismus und der universellen Menschenrechte.