Erich Neumann ist freier investigativer Journalist mit Schwerpunkt auf Wirtschaftskriminalität, unterdrückte Pressefreiheit, Politverflechtungen, Justizdefizite, sowie Medienunternehmer im Justiz- und Gesundheitsbereich. Im exklusiven Interview mit Pressenza erzählt er von seinen Erfahrungen, Missstände und Defizite von Justiz und Politik an den Tag zu bringen.
Reto Thumiger: Herr Neumann, was motiviert Sie zum investigativen Journalismus?
Erich Neumann: Eigentlich bin ich dazu gekommen, wie die Jungfrau zum Kinde, auch wenn ich als ca. 5-jähriger verkündete Journalist werden zu wollen und auf die Frage der Erwachsenen, was das denn sei, mit einem trotzigen das weiß ich nicht, will es aber auf alle Fälle werden, beantwortete.
Bei Privatisierungen nach der Wende hatte ich – neben den Medien in Marketing, Verkauf und Werbung beheimatet – in der ehemaligen DDR erstmals Berührung mit dem korrupt unterlegten Schmelztiegel Wirtschaft, Politik und Justiz – trat diesem auch entgegen.
Nachdem eine gleichgelagerte Projektierung im Kosovo nach desaströsem Fehlverhalten in Politik und Konsortium der Handelnden scheiterte, war ich vorzeitig in Deutschland zurück und auf eine Alternative angewiesen.
So erwarb ich die Rechte an einem, seit 55 Jahren erfolgreichst am Markt befindlichen Verlagsunternehmen nach Todesfall des Inhabers. Im Zuge des Relaunches waren neben Eigeninvestitionen von 1 Mio. Euro noch weitere 2.5 Mio. Euro Fremdkapital nötig. Der hier als Investor Auftretende entpuppte sich als notorischer Schwerstkrimineller, der sich in Verbindung mit dubiosen Steuerverkürzungen über fingierte Spendenquittungen eines ehemaligen Mönches ohne Wissen dessen Klosters eine juristische wie mediale Firewall geschaffen hat. Die Amtskirche entzieht sich hier ihrer Verantwortung in gleicher Systematik, als beispielsweise beim Missbrauch. INA Initiative Nachrichtenaufklärung hatte dies 2009 als eines seiner TOP 10 Themen und seit 2005 besteht eine Geschädigten-Gemeinschaft mit bundesweit derzeit 50 Unternehmen/UnternehmerInnen bei aktuell überblickbar 130 Mio. Euro Schäden.
In der Gegenwehr griff ich natürlich auf mediale Optionen zurück und so kommen ständig Informationen und Hilfsersuchen zu Defiziten und Missständen, welche für Deutschland eigentlich unvorstellbar sind oder es zumindest sein sollten, auf mich zu. So war mein investigativer Ansatz gegeben. Dabei kann ich jedoch nur so gut wirken, als die Unterstützung der Bevölkerung bezüglich Multiplikation und Bürgerprotest ist. [1]
Sie haben für die Recherche über einen Richter und ehemaligen Staatsanwalt in Sachsen eine Medienanfrage an das Justizministerium geschickt. Darauf haben Sie einen Strafbefehl über 800 Euro wegen übler Nachrede erhalten. Worum ging es?
Die Presseanfrage lautete ob Nebentätigkeiten eines Richters betreffend Telefongesellschaft in USA mit eigentümlichen technischen Besonderheiten und Reisebüro in Argentinien mit Spezialreisen nach Thailand von den Nebentätigkeitserlaubnissen abgedeckt seien und Originalzitat: “was versteht man unter Spezialreisen nach Thailand?“.
Der Strafbefehl begründete sich darin, dass ich Sexreisen unterstellt hätte, obwohl es ja auch Reit- Segel-, Tauchreisen, etc., hätten sein können. Das Gschmäckle: in den Amtsakten zum Sachsensumpf ist vom „kinderfickenden, hinkenden Staatsanwalt“ die Rede und der Betreffende hat einen Gehfehler, wurde zudem von einer Zwangsprostituierten aus dem Kinderbordell Jasmin in Leipzig als Freier identifiziert. Es ist nach wie vor ein schwebendes Verfahren, denn die Justiz in Sachsen hat es nur vorläufig eingestellt und mit einem Verfahren in München verknüpft.
Sind Sie denn jetzt vorbestraft?
Ja, vorbestraft bin ich, denn es gehört zur gerichtlich bestätigten, doch nie wirklich geahndeten Praxis des Wirtschaftskriminellen, seine Verfolger mit allerlei Anwürfen zu überziehen. Auch hier gäbe es so viel zu sagen, dass es jeden Rahmen sprengen würde.
Hier hat ja nicht die Politik, sondern die Justiz versucht die Pressefreiheit einzuschränken. Ist das ein Einzelfall?
Ob die Politik und Wirtschaft nicht involviert waren, lässt sich nicht eindeutig sagen. Was aber wäre das Eigeninteresse der Justiz? Nein: Einzelfall ist es keiner, denn im Rahmen einer parlamentarischen Anfrage Die Linke musste die Sächsische Staatsregierung 39 Strafverfahren gegen JournalistInnen im Rahmen deren Tätigkeiten einräumen. [2]
War es denn früher besser bestellt mit der Pressefreiheit oder kommen heute solche Vorfälle eher ans Licht?
Ich denke schon, dass es hier wie in allen anderen Lebensbereichen auch, als wir noch Charaktere hatten, etwas besser war. Allerdings kann natürlich heute über die sozialen Medien weniger unter den Teppich gekehrt werden.
Warum macht denn die Leitpresse in bestimmten Themenbereichen einen “gleichgeschalteten“ Eindruck oder warum werden bestimmte Vorkommnisse konsequent ignoriert und todgeschwiegen?
Da müssen wir uns – wie in so viele andere Segmenten auch – zunächst selbst an die eigene Nase fassen. Internet zum Fluch, will kaum noch jemand für guten Journalismus bezahlen, damit werden die Verlage immer mehr von Anzeigen und Werbung abhängig und eine Negativspirale dreht sich schneller und schneller. Zudem bedienen sich die eigentlichen Lenker unserer Zeit: die Konzerne und das Großkapital natürlich immer stärker und zu ihren Gunsten der veränderten medialen Mechanismen.
Sie haben jurawatch e. V. und Medien wirksam eG ins Leben gerufen, erzählen Sie uns mehr davon.
jurawatch e.V. ist die logische Konsequenz – auch unter Gesichtspunkt der Nachfolgesicherung und einer breiter aufgestellten Basis – aus meinen letzten 15 Jahren an Tätigkeit und Erfahrungen. Nichts ist älter als die Zeitung von gestern, so hält Medien wirksam eG als reines online Portal juristische Belange wach, zeigt die dahinter stehenden Defizit-Parallelen in Struktur und System auf, ist ein Glossar für Suchende und Register für RechsanwältInnen und JournalistInnen. [3]
Damit gehen wir über die reine Publikation hinaus, beleben im Vermächtnis von Fritz Gerlich und Fritz Bauer, den in bzw. gegen die NS-Geschehnisse so aufrechten Verleger, respektive Staatsanwalt, die 4. Gewalt im Staat und tragen zu positiven Veränderungen bei!
jurawatch e. V. ist am besten am ZDF Klassiker Ein Fall für zwei erklärt, indem der Detektiv durch einen Journalisten ersetzt wird und gemeinsame Mediation, wie Prozessbeobachtung zum Vorteil der Mandanten erfolgt. Unser Credo ist dabei gegen die immer wieder gleichen Parallelen anzugehen, um so in Folge daraus auch die Einzelfälle zu “knacken“, bei denen in reiner Einzelfallstrategie so gut wie keine Chance gegen eine instrumentalisierte, bzw. sich instrumentalisierende Justiz besteht. Keinesfalls betreiben wir Justiz-Bashing, denn unsere Gesetze sind ebenso gut, wie die überwiegende Mehrheit der Justiz es ist, auch wenn der geringe negative Anteil im Focus der Wahrnehmung steht. Allein ein Urteil gegen sich zu haben – so ein weiterer elementarer Grundsatz von uns – macht noch kein Justizopfer!
Leider erzeugen die Inhaftierungen von Julian Assange und Chelsea Manning und der damit verbundene Angriff gegen die Pressefreiheit kaum eine Reaktion in der Zivilgesellschaft. Dennoch steht der Fall natürlich im Zentrum der Aufmerksamkeit. Ist der Fall eine Ablenkung, währenddessen die Pressefreiheit in Deutschland eingeschränkt wird?
Es ist natürlich leicht und Gewissen beruhigend, jedoch nicht mehr als ein Placebo, für Julian Assange eine Mahnwache zu halten oder eine Petition zu zeichnen, gegen das Unrecht im eigenen Lande pragmatisch einzustehen, ist hingegen weitaus unbequemer. Das aber ist die Grundvoraussetzung, wenn wir im Ausland Forderungen aufstellen, dass wir die Hausaufgaben hier gemacht und nicht nur Placebos bedient haben! [4]
Vielen Dank für das interessante Interview.
Gerne doch und weiter so bei Pressenza im engagiert ehrlichen und alternativen Journalimus!
Quellen:
[1] Blick hinter die Kulissen bei Polit- und Justizdefiziten
[2] Sachsen(-sumpf) und die Pressefreiheit und Zum Verständnis der Pressefreiheit in Sachsen
[3] Jurawatch.de – Prozessbeobachtung mittels Journalisten und Fortgang und Status bei jurawatch e. V. | Medien wirksam eG zu Beginn 2019- Sinti und Roma
[4] Journalist Erich Neumann: Pressefreiheit – vor der eigenen Tür zuerst kehren … und Journalist Erich Neumann: Das Versagen von Deniz Yücel und Schweigen von Mesale Tolu