Die Solidarwerkstatt ruft zu einer Kundgebung gegen die großangelegten NATO-Truppen- und Kriegsmaterialtransporte auf, die derzeit durch Österreich rollen, auf. Mi, 5. Juni 2019, 17 bis 18 Uhr am Bahnhofsvorplatz in Linz.
Wir fordern:
- Sofortiger Stopp der neutralitätswidrigen Truppen- und Kriegsmaterialtransporte durch Österreich!
- Die neutralitätswidrigen Novellierungen im Kriegsmaterial- und Truppentransportgesetz müssen rückgängig gemacht werden!
- Ausstieg aus der EU-SSZ/Pesco und anderen Verträgen bzw. Institutionen der EU-Militarisierung!
- Eine österreichische Friedens- und Neutralitätspolitik, die sich für Abrüstung, Entspannung und Kooperation auf Augenhöhe – insbesondere auch im Verhältnis zu Russland – engagiert! Der Ausstieg aus dem EU-Sanktionsregime gegenüber Russland ist dafür eine wichtige Voraussetzung, um als glaubwürdiger neutraler Vermittler agieren zu können.
Zum Hintergrund dieser Militärtransporte:
Von 20. Mai bis Ende Juni 2019 rollen US-Truppen- und Kriegsmaterialtransporte durch Österreich. 1.500 SoldatInnen und 400 Militärfahrzeuge sollen durch Österreich zum NATO-Militärmanöver „Saber Guardian“ gebracht werden, an dem neben US-Truppen auch Truppen aus Bulgarien, Rumänien und Ungarn teilnehmen. „Saber Guardian“ (wörtlich: „Wächter des Säbels“) dient offensichtlich dazu, laut mit dem Säbel gegenüber Russland zu rasseln. Politik und Medien begründen das mit der angeblichen „russischen Aggression“. Geflissentlich wird dabei ausgeblendet, dass nicht Russland Richtung Westen expandiert, sondern NATO und EU in den letzten Jahrzehnten fast 2.000 km bis an die russische Grenze vorgerückt sind – eine Expansion, die auch mit Krieg (sh. NATO-Bombardement gegen Jugoslawien 1999) und Staatsstreich mit Hilfe neofaschistischer Steigbügelhalter (sh. Ukraine 2014) vorangetrieben wurde. Die USA und nicht Russland haben Anfang des Jahres den INF-Vertrag (zur Abrüstung der nuklearen Mittelstreckenraketen) gekündigt. Das Militärbudget der NATO beträgt das 15-Fache (!) Russlands; alleine die EU-Staaten haben zusammen das mehr als 4-Fache der russischen Militärausgaben. Während Russland zuletzt seinen Militäretat deutlich gekürzt hat, haben USA und EU-Staaten ihre Militäretats in den letzten Jahren kräftig erhöht.
Abgesichert wird durch diese Politik der Ostexpansion auch die Unterordnung der osteuropäischen Ökonomien unter ein brutales EU-Freihandelsregimes, das diese osteuropäischen Staaten wirtschaftlich und sozial ausbluten lässt. Diese Politik ist brandgefährlich und heizt die Rüstungsspirale nach oben an. Österreich muss sich dieser Eskalationspolitik entgegenstellen. Die NATO-Truppentransporte durch unser Land sind mit unserer Neutralität völlig unvereinbar, denn die Neutralität verpflichtet schon in Friedenszeiten dazu, alles zu tun, um nicht kriegerisches Aufmarschgebiet zu werden und aggressive Drohgebärden zu unterstützen.
Dieser Angriff auf unsere Neutralität läuft bereits seit Langem. 1991 wurde das Kriegsmaterialgesetz zum ersten Mal gelockert, um die US-Kriegsmaterialtransporte für den Irakkrieg durchwinken zu können. Der damalige Außenminister Jankowitsch (SPÖ) begründete diese Beihilfe zum Massaker am Golf mit: „Wir müssen uns auf die Pflichten eines EG-Mitglieds vorbereiten.“ Die zweite Novellierung erfolgte im Jahr 2001, um die Tür für die Teilnahme Österreichs an den kurz zuvor aus der Taufe gehobene EU-Interventionstruppe zu sichern. Diese Änderung des Kriegsmaterialgesetzes eliminierte den Neutralitätsvorbehalt gänzlich und ermöglichte den Transport von Waffen nicht nur für UN-mandatierte Kriege, sondern für alle Militäreinsätze, die von der EU bzw. NATO durchgeführt bzw. unterstützt werden. Ebenfalls 2001 erfolgte die Novellierung des Truppenaufenthaltsgesetzes, um den „Aufenthalt ausländischer Truppen auf österreichischem Hoheitsgebiet“ – auch unabhängig von einem UNO-Sicherheitsratsmandat und ohne zeitliche Beschränkung – zu ermöglichen. Dadurch sollen „militärische Aktionen der Europäischen Union … und NATO-Einsätze durch Transitgewährung oder die Gewährung von Überflügen zu unterstützt werden“ (ÖVP-Parlamentsklub, 10.5.2001). Nicht einmal der Ministerrat, geschweige denn das Parlament müssen dabei gefragt werden; es reicht das „Einvernehmen“ von Verteidigungs- und Außenministerium. Zwei FPÖ-Minister haben also grünes Licht für die derzeit durch Österreich rollenden Militärtransporte gegeben. Das Ausmaß dieser Waffen- und Truppentransporte durch unser Land ist schon jetzt gewaltig. So ergab zum Beispiel eine Parlamentarische Anfrage im Jahr 2015, dass zwischen 2011 und 2015 5.593 Militärtransporte durch Österreich genehmigt und durchgeführt wurden. Darunter auch die Transporte von Kriegsgerät für den Libyenkrieg.
Mit der Teilnahme Österreichs an der sog. „Ständig Strukturierten Zusammenarbeit“ (EU-SSZ/Pesco) seit Ende 2017 hat sich Österreich sogar dazu verpflichtet, die österreichischen Transportwege mit Milliardenaufwand „panzerfit“ zu machen, um noch schwereres NATO- und EU-Kriegsgerät noch rascher gegen Osten aufmarschieren zu lassen. Ebenfalls verpflichtet die EU-SSZ zur ständigen Erhöhung des Militärhaushaltes und zur Teilnahme an globalen EU-Militärmissionen.
Mit dieser neutralitätswidrigen Kollaboration bei der NATO- und EU-Eskalationspolitik muss endlich Schluss sein!
Von Solidarwerkstatt (www.solidarwerkstatt.at)