Am 28.05.2019 wird der jährlich stattfindende Deutsche Ärztetag in Münster eröffnet. Vor der Eröffnungsveranstaltung fordert eine Gruppe von Abgeordneten des Ärztetages mit einer Aktion „Doctors for Future“ den Ärztetag dazu auf, Klimaschutz als zentrale ärztliche Aufgabe zu begreifen und sich verstärkt für die Beschäftigung mit den gesundheitlichen Folgen des Klimawandels einzusetzen.
Seit Wochen fordern Schülerinnen und Schüler mit ihren „Fridays for Future“-Aktionen die Begrenzung der Folgen des Klimawandels und die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens und haben damit einen gesellschaftlichen Diskurs zum Thema Klimawandel und Klimaschutz angestoßen. Andere Berufsgruppen haben sich ihrem Protest angeschlossen – zum Beispiel „Scientists for Future“ mit über 26. 000 Unterzeichnern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
Die Erderwärmung mit Hitze- und Flutkatastrophen, Hungersnöten und Extremwetterereignissen bedroht die Gesundheit von Menschen auf der ganzen Welt. Dazu tragen insbesondere die Gefährdung der Nahrungsressourcen durch Trockenheit und Überschwemmung, die rasante Abnahme der Biodiversität, Luftverschmutzung, Wasserknappheit und Hitzestress bei. Betroffen sind weltweit vor allem besonders empfindliche Gruppen wie Kinder, was den Anstieg der Todesfälle bei Säuglingen und die Verbreitung vieler Infektionskrankheiten zur Folge hat. Dies betrifft nicht nur Länder des Südens. Auch in unserer Region tragen Veränderungen des Klimas und die Luftverschmutzung erheblich zu Herz-Kreislauf- und Lungenleiden, Krebs, Infektionen und Allergien bei. Erkrankungen durch Folgen des Klimawandels werden im ärztlichen Alltag immer wichtiger.
Die Erkenntnisse sind nicht neu: Dr. Margaret Chan, die vormalige Generaldirektorin der Weltgesundheitsorganisation WHO, nannte den Klimawandel die „zentrale Gesundheitsfrage des 21. Jahrhunderts“. Die World Medical Association (WMA), zu deren Vorstandsvorsitzendem der als Präsident der Bundesärztekammer jetzt scheidende Prof. Frank Ulrich Montgomery im April 2019 berufen wurde, rief bereits 2017 die nationalen Ärzteverbände dazu auf, Klimawandel und Gesundheit als prioritäre Aufgabe auf die Agenda zu setzen.
„Trotz dieser Umstände ist die deutsche Ärzteschaft bislang weitgehend untätig geblieben.“, wie Dr. Katharina Thiede, Delegierte der Landesärztekammer Berlin beim Deutschen Ärztetag ausführt. Ihr Kollege Dr. Robin Maitra, Delegierter und Mitglied des Kammervorstands aus Baden-Württemberg ergänzt: „Im Gegensatz zu den Aktivitäten der Ärzteverbände vieler anderer Länder gibt es in Deutschland bis auf wenige Ausnahmen nur wenige ärztliche Aktivitäten zum Klimaschutz.“ Eine Agenda der deutschen Ärzteschaft fehle bislang; die folgenreichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheit der Menschen werde nur unzureichend wahrgenommen. Die beiden Ärzte haben sich deshalb mit einer Gruppe weiterer Abgeordneter vorgenommen, die Frage von Klimawandel und Gesundheit zu einem zentralen Thema des Ärztetages zu machen. Hierbei konnten sie sich mit der Vizepräsidentin der Bundesärztekammer Dr. Martina Wenker und dem Präsidenten der baden-württembergischen Landesärztekammer Dr. Wolfgang Miller namhafter Unterstützung versichern.
Die deutsche Ärzteschaft und die Bundesärztekammer sind aufgefordert, wie Dr. Thiede und Dr. Maitra ausführen, sich verstärkt dem Thema Klimawandel und Gesundheit zu widmen und Klimaschutz auch im eigenen Umfeld zu fördern und zu praktizieren. Ärztinnen und Ärzte sollen auch in den Gesprächen mit ihren Patientinnen und Patienten Klimaschutz in der Bedeutung für die Gesundheit ansprechen. Es ist das Ziel der Ärzte-Abgeordneten, dass die deutsche Ärzteschaft Klimaschutz als Gesundheitsschutz auch gegenüber der Politik vertreten und deutlich aktivere Maßnahmen für die Gesundheit der Bevölkerung einfordern muss.