Von den 40-jährigen Mühen zur Entwicklung eines sozialistischen Wirtschaftssystems, als Alternative zum alten System der kapitalistischen Ordnung, die historisch mit Krisen, Ungerechtigkeiten und Kriegen verbunden ist, blieben für die Gegenwart nur einige wenige verwertbare Ergebnisse übrig. Ein größerer Teil ist künftigen sozialen und naturschonenden Alternativen vorbehalten. Die Erfahrungen des DDR Sozialismus sind für ein Wirtschaftssystem mit Profitlogik als Kernelement nicht oder kaum verwertbar.
Die negativen Wahrnehmungen in den alten und neuen Bundesländern zur Leistungsstärke der DDR Wirtschaft beruhen hauptsächlich auf zwei Faktenbereiche:
Erstens: Die Wirtschaft hat in jedem Ordnungssystem die primäre Aufgabe, den Bedarf der Bevölkerung zu befriedigen. In der DDR geschah das nur unzureichend. Nicht in der Deckung der Grundbedürfnisse (Wohnen und Einrichtungen, Ernährung, Kleidung, Bildung, Gesundheit, Kultur), aber in der Bereitstellung von modernen technischen Konsumgütern und Luxusartikeln, sowie in den Tourismusangeboten. Die Vielfalt der Angebote war im Vergleich zur Bundesrepublik mit einer konkurrierenden Wirtschaft bescheiden. Oft war die zeitliche Bereitstellung problembehaftet, wie beispielsweise der Kauf von PKW. Der Wille der Führungskräfte, in allen Jahren ein gutes Ergebnis abzuliefern, war stets vorhanden, wie auch die Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter. Die Ursachen der Mängel sind nicht aus dem sozialistischen System per se herleitbar. Sie ergaben sich aus den jeweiligen realen Umständen, wie die Ausgangslage 1949, Lasten zur der Zahlung der Kriegskosten gemäß Abkommen der Alliierten, Kredit- und Lieferboykotte der westliche Länder bis 1989 (CoCom-Liste mit 6 Tausend Positionen). Während der Dauer des Kalten Krieges gab es keine Idealzustände zur Entwicklung der Volkswirtschaft der DDR.
Zweitens: Das sozialistische System unterliegt seit seinen Anfängen der ideologischen Diskreditierung und einer vielseitigen politischen und medialer Bekämpfung. Intensiv seit 30 Jahren wird in Deutschland das Bild des sozialistischen Systems ausschließlich in dunklen Farben gemalt. Halbwahrheiten und Lügen werden nicht gescheut. Ursachen, die Entwicklungen hemmen, wurden ausgeblendet, ebenso Problemvergleiche zum eigenen System.
Das Erbe lässt sich nicht mit wenigen Worten zusammenfassen. Es geht auch nicht um betriebswirtschaftliche Vergleiche (Kostenrechnung, Kalkulation, Buchhaltung oder Planung betrieblicher Daten u.ä.), die in beiden Systemen bis auf die Preisgestaltung ähnlich waren. Es geht um Fragen der Zielstellungen der Wirtschaften in West und Ost (Geldgewinne über die Kostendeckung hinaus mit einem Wertzuwachs zur Sicherung der Reproduktionskreisläufe gemäß Profitlogik versus materielle Sicherstellung der Bedarfsdeckung der Bevölkerung ebenfalls mit der Gewährleistung des Reproduktionskreislaufes aber mit sozialen Komponenten). Es geht um den jeweiligen Einfluss der Regierungen auf die Wirtschaft und um die Rationalität der Methoden der Wirtschaftsleitung. In Anbetracht der noch nicht beendeten letzten Finanzkrise von 2010 ist ein letztes Urteil eines Vergleiches noch offen.
Mit ihrem Projekt „Generaldirektoren Erzählen“ ist es der Firma Rohnstock Biografien zu danken, dass seit 2012 viele Facetten der Wirtschaftsgeschichte der DDR zusammengetragen werden konnten („Jetzt reden wir weiter“, neue Beiträge zur DDR-Wirtschaft und was daraus zu lernen ist, 2 Bd. Edition Berolina). In 50 Veranstaltungen mit durchschnittlich 40 Teilnehmern, darunter auch westliche Konzernvertreter und wissenschaftliche Institute, wurden Wertungen über Leistungen der Kombinate und in der Landwirtschaft vorgenommen.
Eine annähernd realistische Aussage, ob Teile des Erbes für die Jetztzeit anwendbar sind, kann nur ohne ideologische Brille und unter Beachtung längerer Zeiträume zur Wahrheit führen.
Als gesichert gilt: Ein Gleichheitszeichen zwischen Planwirtschaft und Mangel ist wirtschaftswissenschaftlicher Unsinn. Richtig ist, dass die inneren und äußeren Entwicklungsstände zur strikten Sparsamkeit zwangen. Ein einmal erreichter Versorgungsstand durfte nicht unterschritten werden. Reine Kennziffervergleiche zwischen den Systemen führen ebenfalls nicht zum Ziel. Die Inhalte aggregierter Kennziffern (z.B. BIP, Bilanzen etc.), sind nicht kompatibel. Übereinstimmung besteht auch darin, dass Strukturentscheidungen für große Bereiche, wie Energieerzeugung, Kohle- und Atomausstieg, Verkehrsinfrastrukturen Bildung und Gesundheitswesen u.ä. eine staatliche Planung benötigen. Der chinesische Erfolg kann als Nachweis dienen.
Erinnernswerte Teile des Wirtschaftserbes der DDR:
- Beide Systeme wenden Planungen per Gesetz an (G.G. Art. 110 ff und Art. 104 b), mit dem Unterschied, dass das östliche gleichzeitig eine Bilanzierung der finanziellen und materiellen und personellen Voraussetzungen vornahm. Der Grad der Verbindlichkeit war im Osten höher, da die Planzahlen nach einer längeren Beratungsphase auf allen Ebenen und nach der Verabschiedung in der Volkskammer Gesetz wurden. Auch Bundesorgane unterliegen Planungsprozessen, beispielsweise die 2-jährigen Haushaltspläne.
- Den Leistungen der Landwirtschaftlichen Genossenschaften gebührt Hochachtung. Die Versorgung der Bevölkerung wurde annähernd aus eigener Kraft bewältigt. Importe (Kaffee, Kakao, Südfrüchte) konnten aus Exporten von Braumalz, Fleisch, Zucker, etc. finanziert werden. (Stat. Jahrbuch 1989) Mit wenigen Strukturanpassungen landwirtschaftlicher Betriebe wurden großflächige Eigentumsveränderungen nach der Wende vermieden.
- Ein auf das Wesentliche konzentriertes Baurecht ermöglichte die zügige Realisierung der Vorhaben des Bauplanes. Standards erleichterten den Wohnungsbau, die Errichtung von Schulen und Kitas in kurzen Fristen wurden möglich. Ähnliche Rationalisierungs-Effekte hatte die Erzeugnisgruppenarbeit in der Industrie.
- Für die Jetztzeit erweist sich das Clearingverfahren oder Verrechnungsverfahren der DDR im internationalen Handel als nützlich. Der Kanzleramtsminister möchte es für den Handel mit dem IRAN anwenden, um den Sanktionen der USA zu begegnen.
- Der Handel der DDR mit den RGW Staaten und der westlichen Welt war strikt regelbestimmt. Die Bundesregierung befürwortet prinzipiell die Einhaltung der im Rahmen der UNO oder bilateral vereinbarten Regeln, als Antwort an die USA zur Aufkündigung der WTO u.a. Verträge
- Welche Seite der Waagschale sich stärker zu Lasten der Natur neigt, ist noch nicht entschieden. Auch wenn die Natur zur DDR Zeiten partiell durch die Braunkohle gelitten hatte. Eine sachliche Abwägung kann eine Entscheidung herbeiführen. Die kapitalistische Marktwirtschaft schädigt mit ihrer Profitlogik die Natur auf breiter Front (CO2-Ausstoss im Massenverkehr, Müllberge, hoher Einsatz von Insektiziden, Herbiziden, Antibiotika in der Tiermast, Kunstdüngereinsatz je Hektar, Umweltschäden beim Rohstoffabbau in Entwicklungsländern, der Konsum- und Wachstumswahn)
- Gleiche Zahlung der Löhne zwischen Mann und Frau bei gleicher Leistung als Faktor der Gerechtigkeit war Gesetz. Regionale Unterschiede in den Lohnhöhen bestanden nicht (GBL. I, Nr.18 v. 16.6.1977).
- Schulden über normale Kreditverhältnisse hinaus, waren als Instrumente des Wirtschaftskreislaufen nicht vorgesehen. Die 1990 kursierenden unterschiedlichen Zahlen kamen aus der Schublade der Ideologie.
Eine breite Palette an praktischen Erfahrungen der DDR Wirtschaft steht künftigen gesellschaftlichen Alternativen mit sozialen und naturschonenden Zielstellungen zur Verfügung.
Seit 1990 haben das DM-Bilanzgesetz und marktwirtschaftliche Regeln dafür gesorgt, dass das Wirtschaftsgerüst der DDR in nur 3 Jahren zusammengebrochen ist. Brandbeschleuniger waren die Treuhandanstalt (Privatisierung vielfach zum „0“ Wert vor Sanierung und mit anschließendem Ausverkauf des Maschinenbestandes), der Vertrag über die Währungsunion (ein Todesschuss für die kostendeckenden Preiskalkulationen der volkseigenen Betriebe) und der Einigungsvertrag zwischen den friedlich gestimmten David und dem machtvollen Goliath.
Dank der Besonnenheit der Führungskräfte der DDR Regierung und der Sicherheitsorgane, sowie der Vernunft der Bevölkerung, die den Versprechen der Westpolitiker glaubten, verliefen 3 Chaosjahre nach der Wende ohne Blutvergießen. Der volkseigene Besitz des 16 Millionenvolkes wurde ohne Entschädigung enteignet und Millionen Menschen im arbeitsfähigen Alter in die Arbeitslosigkeit geschickt.
Westliche regierungstreue Wissenschaftler stellten die Transferkosten der Vereinigung in den Vordergrund, ohne alle Einnahmen bzw. den Wertzuwachs für die BRD zu berücksichtigen (z.B. Patente, Museumsschätze, Verkehrsinfrastrukturen, Staatswälder und Seen u.v.m.). Wissenschaftler des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle errechneten 2010, dass die Kosten der Einheit in etwa vom Osten geschultert wurden (z.B. siedelten 1,8 Millionen gutausgebildeter DDR-Bürger in Richtung West. Sie sorgten dort für Lohn- und Mehrwertsteuer Einnahmen, alle steuerzahlenden DDR-Bürger, auch Rentner, zahlen Soli-Beiträge, bestimmte im Osten erarbeitete Steuern wurden am Firmensitz fällig, der in der Regel im Westen liegt).
Klagen über alte Ungerechtigkeiten helfen wenig. Im Wirtschaftserbe sind nützliche Regeln enthalten und es zeigt Wege, weg vom Egoismus, hin zu praxiserprobten Formen, der Gemeinschaft zu dienen. Die Diffamierungen des Ostens und sozialer Alternativen sollten 30 Jahre nach der Wende aufhören.
Von der Leistungskraft der Ingenieure und Wirtschaftsführer und Mitarbeiter zeugen hin und wieder noch heute nach 30 Jahren PKW und Motorroller aus der DDR Produktion auf den Straßen Deutschlands und osteuropäischer Länder. In Lateinamerika, Afrika und Asien erfüllen Hafenkräne, LKW, Zementfabriken, Maschinen und Geräte aller Art ihre Dienste, entgegen medialer Berichte über eine unfähige Planwirtschaft.
Utopien sind menschlich wichtig. Sie beschreiben die Ziele, nicht aber die Wege, um dahin zu gelangen. Die Wegstrecke bestimmen nach Hegel die jeweiligen Verhältnisse. Den Erfolg und das Tempo.