Das nicht gerade als Verschwörungsjournal bekannte Organ BBC News / Mundo berichtet darüber [1], die deutschen Medien schweigen. Bei einer normalen Nachrichtenlage wäre das nachvollziehbar, bei der gegenwärtigen aber nicht.

Elektrokrieg – Guerra eléctrica

Wie es der Zufall will, tobt seit einigen Nächten in 21 der 23 Verwaltungseinheiten im fernen Venezuela der Krieg der Zukunft. Wie der aussieht? Man dreht den Strom ab!

Wer letztendlich für diese Form der Sabotage verantwortlich ist, bleibt selbstverständlich noch zu ermitteln. Dass allerdings die amtierende Regierung Maduro dahintersteckt, ist sehr unwahrscheinlich, denn sie kann kein Interesse daran haben, dass sich die Versorgungslage der Bevölkerung zuspitzt.

Sollte sich die Opposition um den selbst ernannten Präsidenten Juan Guaido und seine Allianz von den USA bis zum deutschen Außenministerium dahinter verbergen, dann liegt eine erneute Signatur dessen vor, was momentan unter dem Begriff der Wertegemeinschaft inflationiert wird.

Krieg der Zukunft

Während Militärs und der militärisch-industrielle Komplex und alle Bellizisten alter Schule noch auf den aggressiven und destruktiven Austausch von Kriegsgerät setzen, zeichnet sich mit wachsender Digitalisierung ab, wie die Kriege der Zukunft aussehen werden. Es reicht nämlich, das Stromnetz und dessen Back-ups lahmzulegen und nach kurzer Zeit bricht die Organisation der Gesellschaft komplett zusammen.

Nach Entleerung der letzten Akkus ist keine Kommunikation mehr möglich, die Kühlhäuser beginnen zu stinken, auf den OP-Tischen in den Krankenhäusern erlischt das Licht, die Wasserversorgung bricht zusammen et cetera. Es tritt genau das ein, was zahlreiche Katastrophenfilme bereits vorgezeichnet haben.

Wozu da noch – bis auf den einen oder anderen gezielten Anschlag auf einzelne Personen oder Institutionen – das ganze ballistische Gewerk? Die Digitalisierung hat mit dieser strategischen Schwäche die Zivilisation schlechthin an den Rand des biblischen Jüngsten Gerichts gebracht.

Das Feindensemble gegen Venezuela

Die Berichte, die aus Venezuela nach den Sabotageakten derer, die den Guerra eléctrica eröffnet haben, vorliegen, belegen genau obiges Szenario. Vor allem die beschriebenen Situationen aus den Krankenhäusern sind Zeugnisse der Grausamkeit.

Dass ausgerechnet diejenigen, die pausenlos die humanitären Zustände in Venezuela beklagen, hinter diesem Vorgehen stehen könnten, ist ein äußerst riskantes Spiel. Es kann dazu führen, dass die bereits bröckelnde Stimmung in Mittel- und Südamerika endgültig kippt. Und auch, dass der Westentaschenstratege im deutschen Außenministerium es in wenigen Wochen hinbekommen hat, die Bundesrepublik Deutschland in das Feindensemble USA nahtlos mit eingereiht zu haben.

Selbst der neue Präsident Brasiliens hat sich bereits scharf gegen die Pläne einer militärischen Intervention in Venezuela gewandt. Und in Kolumbien haben die Gewerkschaften einen Generalstreik ausgerufen, um gegen die Teilnahme der eigenen Regierung an der sogenannten Lima-Gruppe [2], die den US-Interventionismus stützt, zu protestieren.

Einfach schaurig

Neben der Ablehnung eines militärischen wie eines „elektrischen Krieges“ gegen Venezuela ist es erforderlich, sich hier und jetzt gegen eine Regierung zu stellen, deren Handlungsfähigkeit bereits bei Dieselfahrverboten und der Modernisierung von Schulausrüstungen aufhört und die sich stattdessen bereitwillig in jede nur mögliche Kriegskoalition einreiht.

In diesem Kontext noch von Werten zu sprechen, ist nichts als hilflose Schwafelei eines in jeder Hinsicht überforderten Ensembles. Kein Wunder, dass die von dieser Regierung bereits gezahlten Beraterhonorare die Milliardengrenze überschritten haben. Und das ohne qualitativen Nutzen. Schaurig.

Quellen und Anmerkungen

[1] BBC News/Mundo: Venezuela suspende clases y trabajo por un apagón que dejó a medio país sin energía y que el gobierno denuncia como una “guerra eléctrica” auf https://www.bbc.com/mundo/noticias-america-latina-47492204 (abgerufen am 08.03.2019).
[2] Die Lima-Gruppe (Spanisch und Portugiesisch: Grupo de Lima) ist ein multilaterales Gremium, das nach der Lima-Erklärung vom 8. August 2017 in der peruanischen Hauptstadt Lima gegründet wurde, wo sich Vertreter von 12 Ländern trafen, um einen friedlichen Ausweg aus der Krise in Venezuela zu finden. Die inzwischen 14 Länder umfassende Gruppe fordert unter anderem die Freilassung politischer Gefangener, freie Wahlen, bietet humanitäre Hilfe an und kritisiert den Zusammenbruch der demokratischen Ordnung in Venezuela unter der bolivarischen Regierung.


Gerhard Mersmann studierte Politologie und Literaturwissenschaften, war als Personalentwickler tätig und als Leiter von Changeprozessen in der Kommunalverwaltung. Außerdem als Regierungsberater in Indonesien nach dem Sturz von Haji Mohamed Suharto. Gerhard Mersmann ist Geschäftsführer eines Studieninstituts und Blogger. Auf Form7 schreibt er pointiert über das politische und gesellschaftliche Geschehen und wirft einen kritischen Blick auf das Handeln der Akteure.

Der Originalartikel kann hier besucht werden