„Ich trage nicht zur Globalisierung bei“, „Es sind die Anderen“, „Ich führe keinen Krieg“, oder „Was kann ich dafür?“
Legen wir nun mal den Maßstab an das Handeln unserer Gesellschaft und erkunden den Einfluss auf die globale Welt; den Einfluss auf Not und Elend in der Welt und, um einen konkreten Gegenwartsbezug zu schaffen, auf das Flüchtlingsthema.
Die allermeisten von uns gehen tatsächlich nicht in den Krieg. Nein, wir sitzen uns hier in unseren Sesseln den Hintern platt, schauen in der Glotze die schrecklichen Bilder aus Brüssel, Paris, Berlin und schreien im Chor: „Kampf dem Terror!“
Wen wundert es, wenn die entscheidenden Politiker daraufhin Kampfflugzeuge und Soldaten in fremde Länder schicken, wollen sie doch wieder gewählt werden. Diese Politiker führen den Krieg in unserem Namen und mit unserer demokratischen Legitimation, denn wir haben sie ja gewählt, um uns zu vertreten. Ich führe deshalb sehr wohl einen Krieg. Aber, wir können unsere gegenteilige Meinung ja kundtun. Es freut mich, dass du auf der Friedensdemo lautstark gegen Krieg demonstrierst…
„Ich bin nicht verantwortlich für den Hunger in der Welt!“
Die Erde ist eigentlich groß genug, um noch viele Milliarden Menschen mehr mit Nahrungsmittel zu versorgen. Warum also hungern trotzdem so viele? Ein gewichtiger Grund sind die Lebensmittelspekulationen der Finanzkonzerne, allen voran die Deutsche Bank und die Allianz. Aber auch die Volksbankenverbünde und die allermeisten anderen Banken, Versicherungen und Alterskassen spekulieren mit Lebensmittel, legen dort Fondsparpläne an und sichern den Kunden und sich gute Erträge, welche sie den Anlegern auszuzahlen versprechen. Sie wetten auf Dürren oder Überschwemmungen, auf Frost oder Sturm. Bei jedem dieser Ereignisse ziehen die Preise an, bringen satte Gewinne für den Anleger und schaffen leere Bäuche für die Menschen dort. Diese Konzerne, bei denen unser sauer Erspartes angelegt ist, sichern sich die Rechte an gutem Trinkwasser, füllen es in Plastikflaschen ab und verkaufen es teuer an die Menschen, welchen nun der Zugang zu den Quellen verwehrt wird. Ich bin sehr wohl mitverantwortlich für den Hunger in der Welt, denn meine Geldanlage, meine Altersvorsorge, selbst die staatliche Rentenversicherung halten Anteile dieser Konzerne und nicken bei den Aktionärsversammlungen brav mit ab. Es freut mich, wenn du deine Spargroschen einer der wenigen ethischen Geldanlageinstituten anvertraut hast? Es freut mich auch, dass du deine Bank und Versicherung nach den ethischen Grundsätzen seiner Geldanlage überprüft hast….
„Ich bin nicht Schuld an den Umweltkatastrophen!“
Umweltkatastrophen ereignen sich heute sehr oft aufgrund der Klimaveränderung. Veränderte Temperaturen verändern das Wetter. Wo sich über lange Zeit eine Klimazone etabliert hatte, ändert sich diese nun. Es ist nicht das Wetter selbst, es ist die Veränderung des Wetters, die diese Katastrophen auslöst; weder Natur noch Mensch sind in der Lage, sich so schnell anzupassen. Wo eine Anpassung erfolgt, ist sie teuer, wie beim Deichbau an der Nordsee. Bangladesch kann sich diesen Deichbau nicht leisten.
Klimaveränderung erfolgt bekanntlich durch CO2-Emmision, durch die Energieerzeugung mit Kohle, Gas und Öl, durch den Individualverkehr. Europa gehört mit zu den größten Produzenten von CO2 und ist mitverantwortlich für diese Klimaerwärmung. Das Biodiesel ist mit Palmöl versetzt, die Möbel sind aus Tropenhölzer und beim Argentinier ums Eck gibt’s klasse Steaks zu essen. Das führt zur Abholzung der Regenwälder, was die Klimaveränderung fördert.
Tuvalu, ein Staat in der Südsee, plant aufgrund des Anstiegs des Meeresspiegels die Evakuierung der gesamten Bevölkerung in den nächsten 20 Jahren. Kiribati hat die Evakuierung für 2021 schon fest eingeplant. Bangladesch, das am dichtesten bevölkerte Flächenland der Welt, mit 170 Millionen Menschen, liegt zu 1/3 unterhalb eines Meters über dem Meeresspiegel. Ratet mal, wie viele Menschen dort in den nächsten Jahrzehnten das Land verlassen müssen? Aber es freut mich, dass du Fahrrad fährst, ein E-Auto besitzt, eine Photovoltaik-Anlage dein Eigen nennst und mit einem Wärmetauscher deine Wohnung heizt….
„Ich bin kein Sklavenhalter, ich beschäftige keine Sklaven!“
Wir werden demnächst wieder eines der vielen Schokoladenfeste im Jahreskreis gefeiert; haben vor kurzem die Schokoladen-Weihnachtsmänner an unsere Kinder verschenkt und ihnen heimlich zwei Riegel der Kinder-Schokolade stibitzt. Wir haben uns tierisch gefreut oder auch geschimpft, wenn sie ihr Schokoladenmäulchen am neuen T-Shirt abgeputzt haben. Wo die Schokolade herkommt: Aus den Kakaoplantagen Westafrikas, dort wo schon 6jährige Kinder aus Not oder weil sie an die Plantagenbesitzer verkauft wurden, von morgens bis abends schuften müssen. Welch eine Ironie, welche eine Überraschung… „Kindersklaven schuften für Kinder-Überraschungseier“ Ja, auch ich habe in den letzten Tagen etwas Schokolade gefuttert. Aber es freut mich, dass du nur fair gehandelte Schokolade an deine Kinder verschenkt hast…
Was verhüllt die Scham des Europäers, was wärmt ihn bei dem saukalten Wetter da draußen? T-Shirt oder wintergerecht ein Pulli? Womöglich bei Lidl oder KiK gekauft? 3,99 Euro für ein tolles T-Shirt? Lidl lässt in Bangladesch in maroden Fabrikgebäuden Frauen für umgerechnet 1,50 Euro am Tag diese T-Shirts nähen. Mit etwas Pech stürzt den Damen gar die Halle über dem Kopf zusammen. Bei Markenherstellern ist es teurer! Diese lassen meist auch in Sklavenarbeit schuften, doch ist deren Gewinnmarge höher, wenn für den guten Namen ein besserer Preis bezahlt wird. Er freut mich, dass du in fair gehandelter ökologischer Kleidung herumläufst….
„Es sind die Amerikaner!“
Die Amerikaner führen Krieg in aller Welt, ja. Und Europa mischt fleißig mit; ebenso wie die Russen. Die Attentate von Paris, Brüssel und Berlin waren eine Falle des IS. Ziel war nicht ein Theater, ein Fußballstadion, ein Flughafen oder ein paar Weihnachtsbuden; es geht ihnen nicht darum, Menschen zu töten. Ihr Ziel waren die europäischen Staaten, die öffentliche Meinung in die Kriege der Welt einzubeziehen; … und das sind wir… Es war eine Falle und wir sind drauf reingefallen. Diese Terroristen lachen sich ins Fäustchen und lassen die Sektkorken knallen… während wir immer noch schreien: „Krieg dem Terror…“
Wir wundern uns, wenn die Menschen fliehen? … Jeder auf diesem Globus ist Teil des Krieges, ein Krieg, der in den Medien ausgetragen wird, ein Krieg der jeden Leser von Nachrichten zum Soldaten macht; ein Krieg, den wir so nicht sehen.
„Was kann ich dafür, dass die Menschen ausgebeutet werden?“
Jeder hat ein Handy. Jeder hat einen Rechner, grad wenn ihr hier diese Zeilen lest. Ein Mensch sitzt vor dem Fernseher, schaut Dschungelcamp und Tatort. Für all diese Hi-Tech-Geräte werden viele Rohstoffe und seltene Erden benötigt. Manche sind nur an wenigen Ort des Globus zu finden. Wie das Koltan im Kongo. Der Kongo, das hab ihr sicher schon gehört, ist eine ziemlich unruhige Gegend. Da erschießen und vergewaltigen sie sich gegenseitig, da vertreiben sie sich vom Land und rekrutieren Kinder als Soldaten. Die Pfründe dort haben sich Warlords aufgeteilt, unterstützt von unseren Konzernen, finanziert von unseren Banken und Versicherungen, beauftragt von uns, die dicksten Gewinne für unsere Geldanlagen Rente zu sichern und uns das Geld für die High-Tech-Produkte aus den Taschen zu ziehen.
Es ist einfach das Geld der Bank zu geben und die Augen zu verschließen, was diese damit macht. Es ist geradezu zynisch auf diese Art und Weise die Hände in Unschuld zu waschen.
Ich würde ja gerne fragen, ob du auf Koltan verzichtest, aber das machst du ja nicht, denn du sitzt gerade vor dem Rechner. Es fällt schwer, ich weiß das, ich sitz auch grad vor dem Rechner. Aber es gibt Hersteller, die versuchen weitestgehend auf diese ausbeuterischen Rohstoffe zu verzichten; deshalb gibt’s das Fairphone… Es freut mich, dass du ein Fairphone hast…
Wollt ihr noch mehr lesen von Raubfischerei durch europäische Fangflotten, vom Landgrabbing in Afrika, von taktischen Kriegen für billiges Öl, von der Suizidrate in den Fabriken der Apple-Produzenten, von vergifteten indischen Baumwollbauern, von Waffenexporten, den Elektronikschrottplätzen im Senegal oder vom Export unserer überschüssiger Lebensmittel auf afrikanische Bauernmärkte?
Wir sind im Netz der Globalisierung gefangen; aber wir können an vielen kleinen Stellschrauben drehen.