Die CDU-Abgeordnete Karin Strenz muss wegen ihrer Verstöße gegen die Verhaltensregeln knapp 20.000 Euro als Ordnungsgeld bezahlen. Strenz hatte Honorare von dem Aserbaidschan-Lobbyisten Eduard Lintner nicht fristgemäß offengelegt. Sie verschwieg außerdem die Firma Extent GmbH, die sie mit einer ehemaligen Mitarbeiterin Lintners gegründet hatte.
LobbyControl begrüßt die Geldstrafe als wichtiges Signal. Zugleich kritisiert die Transparenzorganisation die Untätigkeit der Unionsfraktion in der Affäre. CDU/CSU sollten Frau Strenz aus der Fraktion ausschließen. Ulrich Müller von LobbyControl kommentiert:
„Die Geldstrafe des Bundestagspräsidiums ist ein wichtiges Signal: Frau Strenz hat die Verhaltensregeln in einem hochproblematischen Fall mehrfach verletzt. Während sie als Fürsprecherin des unterdrückerischen Regimes in Aserbaidschan auftrat, verschwieg sie gleichzeitig dubiose Geldzahlungen aus dem Land und ihre Verbindungen zum Aserbaidschan-Lobbyisten Lintner. Sie hielt so ihre finanziellen Verwicklungen und Interessenkonflikte verborgen.“
Mit der Geldstrafe stuft das Bundestagspräsidium das als schwerwiegenden Verstoß gegen die Verhaltensregeln ein. Bei den meisten Verstößen belässt der Bundestagspräsident es bei Ermahnungen. Bislang musste nach Kenntnis von LobbyControl kein Abgeordneter oder Abgeordnete tatsächlich ein Ordnungsgeld bezahlen, seit die Verhaltensregeln 2005 verschärft wurden.
„Frau Strenz sollte ihr Mandat niederlegen. Ansonsten muss die Unionsfraktion sie aus der Fraktion ausschließen. CDU und CSU dürfen dieses Fehlverhalten nicht weiter tolerieren. Dafür ist die Liste der Verfehlungen von Frau Strenz eindeutig zu lang: Sie hat sich einem zweifelhaften Regime angedient, die Verhaltensregeln verletzt, ihre Wählerinnen und Wähler absichtlich getäuscht und sich der umfassenden Aufklärung der Vorwürfe entzogen“, sagt Müller. Der Europarat hat bereits Konsequenzen gezogen und Frau Strenz ein lebenslanges Hausverbot im Europarat erteilt.
CDU und CSU haben bislang nichts zur Aufklärung der Affäre beigetragen. Sie haben auch geduldet, dass sich Strenz und Lintner einer umfassenden Aufklärung entzogen haben. „CDU und CSU signalisieren damit, dass die Einflussnahme eines autoritären Regimes auf die deutsche Politik ein Kavaliersdelikt sei. Das ist ein falsches Signal“, so Müller.
Schärfere Regeln und weitere Aufklärung nötig
Die Aserbaidschan-Affäre weist auf gravierende Mängel bei den Regeln für Abgeordnete und Lobbyisten hin. Der Bundestag muss endlich die Empfehlungen der Staatengruppe gegen Korruption (GRECO) umzusetzen. Das Antikorruptionsgremium fordert umfassendere Regeln für Interessenkonflikte und eine verbesserte Kontrolle und Durchsetzung der Anzeigepflichten für Bundestagsabgeordnete. Zusätzlich wäre ein verbindliches Lobbyregister wichtig, um transparent zu machen, wer im Auftrag ausländischer Regierungen Einfluss in Deutschland nimmt.
„Die Strafe für Strenz darf kein Schlussstrich sein. Der Europarat hatte eine Aufklärung der Aserbaidschan-Verwicklungen von der Bundesregierung gefordert. Die steht bis heute aus“, kritisiert Müller. So ist bislang nicht aufgeklärt, wofür die großen Geldsummen aus Aserbaidschan verwendet wurden. Über die Firma Line M-Trade, durch die Frau Strenz bezahlt wurde, sind weitere Gelder gelaufen. Die Empfänger sind unbekannt. In der Aserbaidschan-Affäre sind zu viele Fragen offen.
Hintergrund
Das autoritär regierte Aserbaidschan hat in den vergangenen Jahren systematisch Geld und Geschenke an europäische Politiker vergeben, um seine Interessen durchzusetzen und sein angeschlagenes Image mit Hilfe dieses Lobbynetzwerkes aufzupolieren. Mit Karin Strenz war auch eine deutsche Bundestagsabgeordnete Teil dieses Netzwerks. Sie fiel wiederholt als Unterstützerin des aserbaidschanischen Regimes auf.
Frau Strenz hatte von dem Aserbaidschan-Lobbyisten Eduard Lintner über die Firma Line-M Trade Geld angenommen. Diese Einkünfte hatte sie nicht fristgemäß gemeldet. Dadurch war ihr Interessenkonflikt nicht sichtbar, als sie 2015 als Wahlbeobachterin des Europarats in Aserbaidschan war. Zudem hatte sie mit einer Mitarbeiterin Lintners die Firma Extent GmbH gegründet, die Anteile daran aber kurz darauf ihrem Mann überschrieben und die Firma damals nicht gemeldet.
Die Verhaltensregeln für Abgeordnete sehen drei Sanktionsstufen vor. In den meisten Fällen bleibt es bei nicht-öffentlichen Ermahnungen durch den Bundestagspräsidenten. Die zweite Stufe ist die öffentliche Rüge eines Verstoßes. Dies geschah vor Strenz nur in fünf Fällen, seit die Verhaltensregeln 2005 verschärft wurden. Die dritte Stufe ist die Verhängung einer Geldstrafe. Bislang musste nach Kenntnis von LobbyControl noch kein Bundestagsabgeordneter ein solches Ordnungsgeld wegen eines Verstoßes gegen die Verhaltensregeln zahlen. Bei Otto Schily und Volker Kröning wurde 2008 bzw. 2009 zwar ein Ordnungsgeld festgesetzt. Sie mussten es aber nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts 2009 wegen eines Verfahrensfehlers nicht bezahlen.
Frau Strenz hat im Vorfeld angekündigt, die Strafe akzeptieren zu wollen.