Die Gewalt gegen Indigene unter Bolsonaro ist schon jetzt erschreckend eskaliert, was ein Bericht von indigenen Verbände belegt.
Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) ist entsetzt über das Ausmaß der Gewalt gegen indigene Völker in Brasilien, das unter Präsident Jair Bolsonaro schon jetzt zu verzeichnen ist. „Seit Bolsonaros Wahlsieg im Oktober ereigneten sich mindestens 16 schwere Übergriffe, darunter vier Morde, Steinigungen, Kahlschläge von Waldgebieten, Bedrohungen und Brandstiftungen. Das ist die verheerende Bilanz eines Berichtes indigener Organisationen, der jetzt der Interamerikanischen Kommission für Menschenrechte vorgelegt wurde“, beklagte die GfbV-Referentin Yvonne Bangert am Freitag in Göttingen. „Darin ist außerdem die Rede von der Zerstörung indigener Gesundheitszentren durch Brandanschläge von Farmern und Angriffen gegen indigene Gemeinschaften mit Gummigeschossen. Angesichts einer so erschütternden Eskalation in so kurzer Zeit kann einem nur angst und bange werden davor, welches Ausmaß an Willkür und Gewalt den gut 300 indigenen Völkern Brasiliens noch bevorstehen mag.“
Der Bericht wurde der Interamerikanischen Menschenrechtskommission bei ihrer Tagung im bolivianischen Sucre am Mittwoch vorgelegt. Verantwortlich zeichnen der Dachverband der indigenen Völker Brasiliens APIB, der Verband der indigenen Organsiationen Amazoniens COIAB, die Artikulation der indigenen Völker des Nordostens, Minas Gerais und Espirito Santoi APOINME und die panamerikanische indigene Rechtshilfevereinigung Indian Law Resource Center (ILRC).
Bolsonaro hatte schon im Wahlkampf angekündigt, Ansprüche indigener Gemeinschaften nicht mehr erfüllen zu wollen. Unmittelbar nach seinem Amtsantritt am 1. Januar 2019 verschob der rechtsextreme und von den fundamentalistischen Freikirchen Brasiliens unterstützte Präsident die Koordinaten der Indigenenpolitik seines Landes wie angekündigt deutlich zu Lasten der Indigenen. Die Kompetenzen der Indigenenbehörde FUNAI wurden unter dem Agrarministerium, das nun für Landechtsfragen zuständig ist, und dem Ministerium für Frauen, Familie und Menschenrechte aufgeteilt. „Dies wird von vielen indigenen Repräsentanten als Kriegserklärung aufgefasst, denn die mächtige Agrarlobby ist ihr größter Konkurrent um Land und natürliche Ressourcen“, berichtete Bangert. „Agrarministerin Tereza Cristina hat sich bereits für eine Umverteilung indigener Gebiete ausgesprochen. Sie gilt als Sachwalterin der Interessen der industriellen Landwirtschaft und ist weit davon entfernt, Hüterin indigener Landrechte zu sein, wie das ihr Amt eigentlich verlangt. Sie wird wohl eher der Linie ihres Präsidenten folgen, der keine weiteren indigenen Landrechtsverfahren mehr zulassen will.“