Migration ist real, ob mit oder ohne Migrationspakt, und allein schon durch den Klimawandel wird der Migrationsdruck noch weiter zunehmen, ob wir das wollen oder nicht.
Die ganzen Jahre beklagen sich die Rechtspopulisten, dass die weltweite Migration ungeregelt sei, dass man was dagegen tun müsse, dass Staaten ihre Staatsbürger zurücknehmen sollen und dass den Schlepperorganisationen Einhalt geboten werden müsse. Jetzt hat die Welt-Staatengemeinschaft ein paar Rahmenbedingungen auf den Weg gebracht, die die Migration in geregelte Bahnen lenken soll, um den Schleppern ihr Geschäft zu vermiesen, um die Menschen dazu zu bewegen doch in der Heimat zu bleiben, um die Herkunftsstaaten dazu anzuhalten, ihre Staatsbürger zurück zunehmen, wenn diese außerhalb der Regeln migrieren.
Migration hört nicht einfach auf, wenn wir die Grenzen schließen. Die Gründe für Migration sind Armut, soziale Unruhe, Kriege, Klimawandel. Diese werden dadurch nicht abgeschafft. Der Migrationspakt soll durch geregelte Verfahren Chaos und Unruhen vermeiden, die sonst entstehen würden. Es sind ein paar grundlegende Regeln vorgeschlagen, um den Menschen ein Mindestmaß an Schutz zu gewähren und Migration in geregelte Bahnen zu lenken; z.B. für Klimaflüchtlinge; denn, wenn die Inseln im Meer versinken, kann man diesen Menschen schlecht verweigern, sich eine neue Bleibe zu suchen.
Der Pakt soll Migranten besser vor Ausbeutung, Diskriminierung und Gewalt schützen, der kriminellen Migration den Nährboden entziehen und der Pakt regelt einige Rechte für die Migranten, um ihnen eine Basis an Lebensqualität, wie der Schulbesuch von Kindern, zuzugestehen. Die Straflosigkeit von Schleusernetzwerken soll ein Ende haben, auch Herkunfts- und Transitländern sind dann verpflichtet, gegen diese vorzugehen.
Die Staaten behalten trotzdem ihre volle Souveränität, denn das Abkommen ist kein völkerrechtlich bindender Vertrag, sondern er beschreibt Ziele und Maßnahmen, die die Staaten ergreifen können. Kein Land kann zu etwas gezwungen werden, aber zu treffende Maßnahmen können aufeinander abgestimmt werden.
Illegale Migration wird zurückgedrängt. Genau das waren doch die Forderungen der rechten Bewegung in den letzten Jahren. Einen kompletten Migrationsstopp hat noch keine vernünftige Stimme gefordert.
Migranten sollen das Anrecht auf Dokumente kriegen. In Deutschland gibts schon lange den blauen Fremdenpass, für die, die in ihrem Herkunftsland keinen bekommen. Es gibt Papiere mit Duldung oder sonstigen Aufenthaltstitel; wäre ja blöd, wenn wer gar keine Papiere hat und das wird ja auch von den Rechtspopulisten ständig bemängelt. Aber der wichtigste Grund sind die in Lagern geborenen Kinder, damit diese überhaupt etwas haben. Denn oft fühlen sich weder Aufnahmestaat noch Herkunftsstaat bemüßigt, solchen Kindern Geburtsdokumente auszustellen. Sie sind dann staatenlos; keine guten Aussichten für die Zukunft.
Migranten sollen Zugang zur Gesundheitsfürsorge bekommen! Wollt ihr sie vor den Krankenhäusern sterben lassen? Migranten sollen eine Grundversorgung bekommen! Wollt ihr, dass sie in den Innenstädten um Essen betteln? Migranten sollen Zugang zu Schulbildung bekommen! Wollt ihr Kinder von der Schule ausschließen? Migranten sollen arbeiten dürfen! Wollt ihr, dass sie auf Dauer auf Sozialleistungen angewiesen sind? Und Migranten sollen ihre erworbenen Ansprüche auf die Rente auch mit nach Hause nehmen dürfen! Wenn er dafür einbezahlt hat, dann steht es ihm ja tatsächlich auch zu, auch wenn er irgendwann nach Hause geht; alles andere wäre Diebstahl an ihnen.
Die allermeisten dieser unverbindlichen Forderungen im Migrationspakt sind in europäischen Ländern schon lange Selbstverständlichkeiten; auch für Migranten. Mühsam wird es für die armen Länder wie Kenia, Indien, Jordanien, Ecuador oder auch die Türkei diese Forderungen in den Flüchtlingslager umzusetzen; Arbeitgeber die illegal Migranten beschäftigen, können so nachträglich zur Zahlung von Sozialabgaben gezwungen werden und gerade arabische Staaten verwehren oft ihren Gastarbeitern die Arbeitnehmerrechte und behalten erworbene Sozialabgaben ein.
Die allermeisten Staaten unterstützen bislang den Pakt, auch wenn eine Handvoll ausgeschert ist.
Warum sich Österreich daran stört, dass Kindern Zugang zur Schulbildung und den Menschen Zugang zum Gesundheitssystem versagt werden soll, warum es Klimaflüchtlinge die Migration verweigert, keine Grundversorgung und den Schutz vor Hassverbrechen nicht gewähren will, ist wohl einem neoliberalen Deal in der Regierungskoalition geschuldet. Im Gegenzug zum Verzicht auf den Migrationspakt stimmt der kleine Koalitionspartner einer Abschaffung der Grundsicherung zu. Und warum Österreich nicht von den best practice, also den bewährten Maßnahmen, lernen will, ist eigentlich völlig unverständlich. (Quelle: Österreichische Votums-Erklärung, hier auf FuF publiziert)
Warum also machen die nationalistischen Kräfte so gegen den Pakt mit Lügen und Verschwörungstheorien mobil und warum reihen sich Länder wie Österreich in diese Kampagne mit ein, wo doch Kanzler Kurz den Pakt letztes Jahr noch über allen Maßen gelobt hat?
Die internationale gemeinsame Lösung, die die Migration in humanitärer, sinnvoller und ökonomischer Weise regelt, ist genau das was die Welt braucht um die kommenden Herausforderungen vom zunehmenden Migrationsdruck, auch und gerade durch den Klimawandel, bestehen zu können.
Die Nationalisten wollen keine Lösung
Wenn sich aber die Probleme der Migration lösen, ohne in abschottende Strukturen zurückzufallen, dann verlieren die nationalistischen Strömungen ihre Daseinsberechtigung und ihre argumentativen Grundlagen, dann ist der Beweis erbracht, dass diese Ideologien überflüssig, nein gar schädlich, für die Weltgemeinschaft sind.
Die Nationalisten wollen keine Lösung des Migrationsproblems und genau deshalb werden auch diese Staaten versuchen, die den Migrationspakt mit allen Mitteln zu verhindern. Sie profitieren vom Chaos und vom Unfrieden.