Von Cannabis-Ärzte

Ab dem 17. Oktober können Erwachsene in Kanada bis zu 30 Gramm legales Cannabis besitzen und teilen. Kanada ist somit das erste Land aus der G-7- und der G-20-Gruppe, das den Konsum von Cannabis für Erwachsene legalisiert. Die Bundesregierung legte die Grundzüge des Legalisierungsgesetzes fest, überließ es aber den Provinzen und Territorien selbst, weitere Details zu definieren. Dazu zählt das legale Erwerbsalter von 18 oder 19 und ob der Verkauf nur durch städtische oder staatlich lizenzierte Händler vertrieben werden soll.

Kanadisches Institut befürchtet Engpass

Laut renommierten Fachzeitschriften dürfte die aktuelle Angebotslage von Cannabis in Kanada nur 30 bis 60 Prozent des Bedarfs decken. Dem Bericht des C.D. Howe Instituts* zufolge werde die Nachfrage im Land bei mehr als 610 Tonnen liegen. Jedoch seien im vierten Quartal nur etwas mehr als 146 Tonnen verfügbar. Die Produzenten im Land sollen dem Bericht zufolge im ersten Jahr der Legalisierung eine Produktion von 210 Tonnen erreichen. Das sind gerade einmal gut ein Drittel des Bedarfs. In der Folge, so die Autoren, sei vor allem in der ersten Jahreshälfte mit Engpässen zu rechnen, was auf eine langsame Lizenzierung der Produzenten zurückgeführt wird. Die Zahl der lizenzierten Produzenten wird zum Ende des vierten Quartals auf 97 geschätzt.

Was ist erlaubt?

Das neue kanadische Cannabis-Gesetz ermöglicht es Einwohnern ab 18 Jahren, Marihuana online oder im Einzelhandel von städtischen oder staatlich lizenzierten Händlern zu erwerben. Die meisten Provinzen haben das Mindestalter jedoch auf 19 angehoben, um sich dem Alter für den Alkoholkonsum anzupassen. Das Gesetz legt eine 30-Gramm-Grenze fest, wie viel eine Privatperson maximal kaufen kann und in der Öffentlichkeit besitzen darf.  Allerdings wird durch diese Gesetzesänderung nicht definiert, welche Menge an Cannabis Zu Hause gelagert werden darf. Es wird lediglich darauf verwiesen, dass pro Wohnhaus für den persönlichen Gebrauch bis zu vier Pflanzen angebaut werden dürfen. Zwei Provinzen – Quebec und Manitoba – haben entschieden, den Anbau zu Hause dennoch zu verbieten.

Regierungsbeteiligung

Ein wesentlicher Unterschied zwischen den kanadischen und amerikanischen Modellen ist die Beteiligung der Regierung. Die wichtigsten föderalen Bemühungen der Vereinigten Staaten ist die Durchsetzung von Drogengesetzen, die Marihuana immer noch als kontrollierte Substanz behandeln. In Kanada reguliert die Bundesregierung die Produzenten. Kanada hat bisher etwa 120 Züchter lizenziert. Die Provinzen haben die Aufgabe, die Verteilung zu überwachen. Einige werden Marihuana im Großhandel kaufen und es an Einzelhandelsgeschäfte und über die Bundespost an Online-Kunden liefern. Die Beteiligung der Regierung an der Verteilung könnte dazu beitragen, die Preise zu kontrollieren und sie auf einem Niveau zu halten, das mit dem Schwarzmarkt konkurrieren kann, ohne dass eine Überproduktion die Lebensfähigkeit der lizenzierten Produzenten gefährden könnte, sagen Experten. In einigen US-Bundesstaaten, insbesondere in Oregon, hat ein Überangebot an legalen Käufern Bedenken ausgelöst, dass Produkte in andere Staaten umgeleitet werden.

Das Regulierungsspektrum

Das einzige andere Land, das Marihuana legalisierte, ist das südamerikanische Uruguay, das einen äußerst bewussten und strengen Ansatz verfolgt. Dort verkaufen Apotheken an Erwachsene über 18, die bis zu 40 Gramm pro Monat kaufen können. Diese Menge wird mit Fingerabdruckerkennung jedes Mal überprüft. Auch sind dort nur zwei Sorten von Cannabis erhältlich. Eine Indica, genannt Alpha I (2% THC und 7% CBD) und eine Sativa, namens Beta I (2% THC und 6% CBD). Am anderen Ende des Regulierungsspektrums sind die US-Bundesstaaten, wo die Legalisierung eine Art “grünen Rausch” ausgelöst hat, wobei Unternehmen versuchen, reich zu werden, indem sie diverse Gebrauchsgüter für den Cannabismarkt verkaufen. Kanada befindet sich irgendwo in der Mitte. Einige lizenzierte Hersteller sind riesige Unternehmen, aber es gibt auch strenge Vorschriften für Verpackungen, um zu vermeiden, dass Jugendliche angesprochen werden und viele Arten von Marihuana-Werbung verboten sind, einschließlich solcher, die von Jugendlichen gesehen werden können oder Darstellungen von Prominenten verwenden.

Beeinträchtigung, Grenzübergänge und Strafen

Neue Gesetze sehen strenge Strafen für den Verkauf von Marihuana an Minderjährige, illegale Verteilung oder Verkauf und Fahren bei eingeschränkter Mobilität vor. Die Abgabe oder der Verkauf von Marihuana an Jugendliche unter 18 Jahren und die Produktion von Cannabis, die über die persönlichen Anbauvorschriften hinausgehen, sind mit einer Höchststrafe von 14 Jahren geahndet.

Die Polizeibeamten werden sich vorerst auf traditionelle Beobachtungen bei der Durchsetzung der Verkehrsgesetze verlassen. Allerdings meinen die Provinzen, dass sie Speicheltests durchführen könnten, wenn dies von der Bundesregierung genehmigt wird.

Cannabis nach Kanada einzuführen bleibt illegal, selbst wenn man von Orten reist, an denen die Gesetze über Marihuana gelockert wurden, warnt die Regierung. Beamte der Canada Border Services Agency sagen, dass sie Besucher und zurückkehrende Kanadier fragen werden, ob sie Cannabis bei sich haben. Sie hoffen, dass die Frage das Risiko unbeabsichtigter Gesetzesverstöße reduzieren wird. Wenn Sie bei der Einreise nach Kanada Cannabis mit sich führen, muss dieser bei der Grenzbehörde angemeldet werden.

Probleme für den deutschen Markt?

Nachdem im vergangenen Jahr das Ausschreibungsverfahren zum Anbau von Medizinalhanf gestartet und die Vergabekriterien bekannt wurden, standen die deutschen Unternehmen bereits vor unüberwindbaren Hindernissen. Die Vorgaben der Cannabis-Ausschreibung waren für sie schlichtweg nicht erfüllbar. Auf eine kurzfristige Verfahrensänderung hin klagte einer der 118 Bieter und fand damit beim Oberlandesgericht Düsseldorf Gehör. Diese Klage wurde im Endeffekt abgewiesen und ließ den eigentlich für 2019 vorgesehenen Beginn des deutschen Cannabisanbaus in weite Ferne rücken. Das treibt den deutschen Markt (laut Bundesinstitut für Arzneimittel und Opiate) bis 2020 weiter in die Abhängigkeit von Importen. Berücksichtigt man hierbei, dass sechs der GMP-zertifizierten Unternehmen aus Kanada und nur eins aus den Niederlanden nach Deutschland importieren, wird es wirklich knapp.

Während die Patientenzahlen in Deutschland (ca. 14.000) immer weiter ansteigen und die Nachfrage von Cannabis für den Konsumgenuss in Kanada explodieren wird, lässt sich für schwerkranke Menschen wirklich nichts Gutes erhoffen. Ob die Importmenge aus Kanada erhöht werden kann oder sogar rückläufig wird bleibt abzuwarten. Die 1,5 Tonnen Cannabis (zuvor 700 KG), die künftig aus den Niederlanden jedes Jahr nach Deutschland geliefert werden sollen, sind nur ein Tropfen auf dem heißen Stein.

 

* Ein unabhängiges, gemeinnütziges Forschungsinstitut in Kanada, dessen Ziel es ist, den Lebensstandard durch die Förderung einer wirtschaftlich gesunden öffentlichen Politik zu erhöhen. Das Institut ist eine vertrauenswürdige Quelle grundlegender politischer Erkenntnisse, die sich durch eine überparteiliche, evidenzbasierte Forschung auszeichnen, die einer endgültigen Expertenprüfung unterzogen wird.

 

Cannabis-Ärzte ist eine Onlineplattform für Patienten, die Ärzte, Apotheken, Lieferanten und Anwälte aufführt, die mit Cannabis als Medikament zu tun haben. Sie hat auch eine Petition ins Leben gerufen, die die Schaffung eines Onlinearchivs als Anlaufstelle für Kassen- und Privatärzten fordert, um die Patientenversorgung mit medizinischen Cannabis zu gewährleisten. Die Petition richtet sich an Dr. Ralf Brauksiepe, Jens Spahn und das Bundesgesundheitsministerium und kann hier unterzeichnet werden: https://www.change.org/cannabis-aerzte

Weitere Informationen finden Sie hier: https://www.cannabis-aerzte.de

 

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