Das Coop Anti-Kriegs Café in Berlin ist ein beliebter Treffpunkt, nicht nur für FriedensaktivistInnen. Es bietet vielen Treffen und Veranstaltungen unterschiedlicher Gruppen kostenlos Platz. An diesem sind vielerlei friedenspolitische Initiativen entstanden und Pläne geschmiedet worden. Auch die AktivistInnen und ehrenamtlichen MitarbeiterInnen von Pressenza Berlin schätzen das Café und das ebenfalls von Heiner Bücker betriebene CO-OP News zählt zu Pressenzas Medienpartnern.
Am 16.09. veröffentlichte die BZ und die Bild-Zeitung unter dem Titel „Zu Besuch in Berlins Verschwörungs-Höhle“ einen Artikel über das Anti-Kriegs Café. An dieser Stelle ist es uns ein Anliegen die Stellungnahme von Heiner zu veröffentlichen auch oder gerade weil wir nicht in allen Punkten seine Ansichten teilen. Es ist immer schwierig sich zu wehren, wenn ein Medium mit einer solchen Reichweite einem durch den Kakao ziehen will. Da stellen wir uns solidarisch hinter Heiner Bücker und das Coop Anti-Kriegs Café.
Der BZ Reporter, namens Til Biermann, Sohn von Wolf Biermann, war im Juli dieses Jahres im Coop Anti-Kriegs Café, hat fotografiert und mit einigen Leuten gesprochen, und einem meiner Gäste im Laufe des Gesprächs seine Visitenkarte gegeben.
Nachdem ich recherchiert hatte, um wen es sich handelte, und als er nach ein paar Tagen erneut ins Café kam, habe ich ihn direkt als Til Biermann angesprochen. Er bestätigte mir, dass er für die BILD und BZ arbeite und fragte mich ob er ein Interview mit mir machen könnte. Nach einigen Tagen erbetener Bedenkzeit habe ich dann zugesagt, weil ich annahm, dass er ohnehin etwas über das Café schreiben würde und habe dann mit ihm abgestimmt, dass Interview vor der Veröffentlichung gegenlesen zu können und ggf. die Veröffentlichung abzulehnen.
Wie verabredet übersandte er mir nach dem Interview, den fertigen Entwurf des Artikels und ich erbat mir einige kleine aber wichtige Änderungen, die er in Folge auch akzeptierte. Dabei war mir bewusst, dass er als Mitarbeiter des Springer-Konzerns eine harte gegensätzliche Position gegenüber dem Anti-Kriegs Café einnehmen musste.
Die jetzige Veröffentlichung gibt im wesentlichen meine Meinung wieder, konterkariert von einer überaus harten, aber für den Springer-Verlag durchaus typischen Rhetorik.
In meiner in dem Artikel geäußerten Meinung zu 9/11, also zu den Ereignissen des 11. September 2001 fordere ich, so wie die in dem Artikel erwähnten über 3000 Architekten und Bauingenieure, nicht mehr, als dass neue Untersuchungen unbedingt erforderlich sind.
Bereits 2010 verfassten wir im Coop Anti-Kriegs Café die Erklärung „Krieg ist illegal“ in der gefordert wurde: „Internationale Untersuchung der Terroranschläge des 11. September 2001. Diese bilden die zentrale Rechtfertigung für den „Krieg gegen den Terror“, aber eine ganze Kette von Indizien zeigt, dass die offizielle Darstellung des 11. September nicht stimmen kann. Internationale Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Politik und Kultur einschließlich hoher Militärs im Ruhestand haben neue Untersuchungen gefordert.“
Die Erklärung endet: „Grundlage dieser Forderungen ist das Bekenntnis zu Gewaltlosigkeit und Toleranz gegenüber Menschen gleich welcher Herkunft und Religion. Zwei verheerende Weltkriege und geschichtliche Katastrophen wie der Naziholocaust als letzte Konsequenz von übersteigertem Nationalismus, Rassismus und Kriegstreiberei müssen immer im Bewusstsein der Menschen gegenwärtig bleiben.“
Was die LGBT Bewegung und Putins angebliche Kampagne gegen Homosexuelle in Russland angeht, so habe ich im Anti-Kriegs Café freundschaftlichen Kontakt mit Menschen aus diesen Communities, auch mit russischen Menschen und ein Teil stimmt mit meiner im Artikel erwähnten Meinung überein, dass die Mehrheit der russischen LGBT Bewegung den Präsidenten positiv sehen.
Man kann auch weitere Argumente zu diesem Thema anführen. So beschäftigt der staatlich finanzierte Sender RT (Russia Today beispielsweise schwule Mitarbeiter, wie den Journalisten Martyn Andrews. Er arbeitet seit 10 Jahren für RT in Moskau und vor 2 Jahren gab er einem britischen Gay-Magazin ein Interview und sagte: „Ich kann ehrlich sagen, dass ich in beinahe neun Jahren keine negative Erfahrung gemacht habe. Ich wurde nicht angegriffen. Ich spüre keine Homophobie bei der Arbeit. Ich habe keine Angriffe in Schwulen-Klubs erlebt. Ich denke eigentlich, dass Moskau sicherer ist als London.“
Schwul, lesbisch, trans oder bi in Russland – glaubt man den deutschen Medien, ist dies ein Ding der Unmöglichkeit. Doch ungeachtet der teils tatsächlichen ablehnenden Haltung der russischen Gesellschaft gegen Homosexualität und queere Lebensweisen, etabliert sich vor allem in den Großstädten eine zunehmend selbstbewusste LGBT-Szene. Jasmin Kosubek, die als Journalistin für RT Deutsch arbeitet reiste nach St. Petersburg und traf Menschen, die mit den traditionellen Geschlechterrollen wenig anfangen können. Abseits von Hysterie und Instrumentalisierung hat sich RT Deutsch diesem Thema auf sachliche Art angenommen. https://bit.ly/2Ns6ARB
Der staatlich finanzierte Sender Russia Today zeigt sogar eine ganze Serie von Dokumentarfilmen über Transgender in Russland unter dem Titel „TransReality“.
Und in einem Beitrag fragte Russia Today: Ist es gefährlich in Russland schwul zu sein? Die Situation bezüglich der Rechte der Schwulen in Russland hat weltweit für Schlagzeilen gesorgt und eine große Debatte unter Aktivisten, Politikern und sogar Athleten ausgelöst. Ein neues Gesetz, das schwule Propaganda für Minderjährige verbietet, löste Aufrufe zu einem Boykott vor den Olympischen Winterspielen in Sotschi aus. Um über Homosexuellenrechte in Russland zu diskutieren, hatte RT eine Gästekommission eingeladen. Die Gäste waren Nikolay Alekseev, ein russischer schwuler Aktivist und ehemaliger Moskauer Pride-Chef, der bereits oben erwähnte RT-Kulturexperte Martyn Andrews und Anissa Naoui von RT und aus London Menschenrechtsaktivist Peter Tatchell: https://bit.ly/2DcqOKo.
Was den Hauptvorwurf des BILD und BZ Artikels angeht, nämlich die Schlagzeile über „Linke Putin. und Assad-Fans“ so meine ich folgendes: Auch wenn man Assad und Putin durchaus kritisch sehen mag, muss man die Dämonisierung, die gegen diese Politiker betrieben wird, verurteilen
Jegliches Engagement gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit muss zugleich auch immer den entschiedenen Widerstand gegen Russophobie und Hetze gegen Russland bedeuten. Nazideutschland hat den Antisemitismus propagandistisch von der ersten Stunde an aufs engste verbunden mit dem Kampf gegen sogenannten „jüdischen Bolschewismus“, einer der zentralen permanent verwendeten Kampfbegriffe der antikommunistischen und antisemitischen Hetze des deutschen Faschismus.
In Folge wurden während des faschistischen Vernichtungskrieges, der von Deutschland begonnen wurde, fast 30 Millionen Sowjetbürger getötet. Sechs Millionen Juden, unzählige Kommunisten, Zigeuner, Homosexuelle und andere Opfer wurden systematisch in deutschen Konzentrationslagern ermordet.
Und weil man in der heutigen Politik Deutschlands, und in der Politik einer Reihe seiner NATO-Verbündeten, erneut eine zunehmende Russlandfeindlichkeit erkennen kann, müssen wir uns nicht zuletzt aus dieser historischen Verantwortung heraus, gegen diese neu eskalierende Russophobie zur Wehr setzen.
Zu dem syrischen Präsidenten Assad das Folgende: Nachdem Berlin zu Beginn der Proteste in Syrien im Jahr 2011 zunächst die Beziehungen zu Damaskus aufrechterhielt, brach man 2012 die diplomatischen Beziehungen zu Syrien ab und gehörte ab diesem Zeitpunkt zu der Staatengruppe der sogenannten „Freunde Syriens“, die sich das Ziel eines Sturzes der Regierung in Damaskus gestellt hatte. Gemeinsam beschloss man 2013 auf einer Konferenz in Katar, unter Bruch des Völkerrechts, die syrische „Opposition“ mit Waffen zu beliefern. Die meisten der führenden Mitglieder dieser Opposition lebten fast alle bereits seit Jahrzehnten im Exil und forderten nun eine ausländische militärische Intervention.
Die regierungsnahe Stiftung „Wissenschaft und Politik“ in Berlin erstellte gemeinsam mit syrischen Anti-Assad Gruppen, denen in Berlin sogar ein Büro zur Verfügung gestellt wurde, ein Programm für den Umbau der syrischen Wirtschaft. Zur Durchsetzung des gewünschten „Regime-change“ dienten umfassende Wirtschafts- und Finanzsanktionen, die seit 2011 auf EU-Ebene eingeführt wurden. Syrische Auslandsguthaben wurden „eingefroren“, In- und Exporte verboten und in Folge brach die Wirtschaft zunehmend ein. Die Sanktionen werden seitdem jährlich verlängert und noch verschärft und gelten ausdrücklich nur für die Gebiete, die unter Kontrolle der Regierung stehen. Syrische Kirchenvertreter, Gewerkschaften und Hilfsorganisationen fordern seit Jahren eindringlich die Aufhebung der Sanktionen.
Bereits seit Jahren ist die deutsche Bundeswehr außerdem auch militärisch in den Konflikt involviert, mit Flugabwehrraketen, Tornado-Kampfjets, mit AWACS-Überwachungsflugzeugen und Tankflugzeugen für die US-geführte Militärkampagne gegen den IS. In der vergangenen Woche dann sogar die direkte Forderung seitens der USA an Deutschland, sich möglicherweise an sogenannten „Vergeltungsschlägen“ gegen das „Assad-Regime“ zu beteiligen.
Die deutschen Leitmedien berichten völlig einseitig über den Konflikt in Syrien. Die syrische Regierung, Präsident Assad und die syrische Armee werden fast ausschließlich als Vertreter eines verbrecherischen Regimes dargestellt. Seit dem Eingreifen Russlands aufgrund eines Hilfsersuchens der syrischen Regierung hat sich die Sicherheitslage im Land zwar wesentlich verbessert, aber die deutsche Berichterstattung kann nun auch noch den russischen Präsidenten als den Stützpfeiler des „Schreckensregimes“ in Damaskus bezeichnen.
Man sollte den Krieg gegen Syrien deshalb im Zusammenhang mit dem andauernden Konflikt mit Russland und der Dämonisierung Putins sehen. In der Ukraine wurde ein Putsch durch rechtsradikale Kräfte unterstützt, die einen brutalen Krieg gegen die russischsprachige Minderheit im eigenen Land führten und NATO-Soldaten stehen jetzt direkt an der russischen Grenze. In Syrien werden in einem Stellvertreterkrieg Extremisten unterstützt, welche die Regierung in Damaskus stürzen sollen. In einem unerbittlichen Informationskrieg werden die Täter zu Opfern und die Opfer zu Tätern. Westliche Medien und Regierungen machen jedoch die Täter ausschließlich in Damaskus und in Moskau aus.
Abschließend unterstreiche ich nochmal meine Äußerungen sowohl zu Trump: „Trump sagt viele Sachen, die ich abscheulich finde. Aber zu Russland hat er seine Meinung nicht geändert, trotz unglaublichen Drucks“, als auch zur AFD: „Ich lehne die Politik der AfD rigoros ab. Aber man sollte ihr nicht abstreiten, dass sie zum Thema Russland und Syrien manchmal was Vernünftiges sagt.“
Zusammenfassend kann ich nur feststellen, dass ich in dem Interview meine Meinung zum Ausdruck bringen konnte und gleichzeitig natürlich die propagandistischen Angriffe der Springer-Presse tolerieren musste. Vielleicht bewahrheitet sich das Sprichwort „schlechte Werbung ist gute Werbung“ und der ein oder andere Leser wird sein Meinungsbild doch vielleicht kritisch hinterfragen wollen.