Am vergangenen Mittwoch, dem 22. August, wurde weltweit der Tag der Fische begangen, aber das Problem ist zu gravierend, um die Aufmerksamkeit nur einmal im Jahr darauf zu richten. Denn der Fisch steht von mehreren Seiten unter Attacke und ist zugleich Symbol für das, was sich in unserer Welt ändern muss.
Pro Jahr werden ca. 93 Millionen Tonnen Meereslebewesen aus dem Wasser gefischt. Dies entspricht jährlich 2,7 Billionen fühlende Wesen, die dabei ihr Leben lassen müssen. All das passiert entweder beim industriellen Fischfang oder bei der Fischzucht in Aquakultur-Farmen. Beides Praktiken, die nicht nur Tierleid verursachen, sondern auch ökologisch schwerwiegende Folgen haben (Quelle: Deutsches Tierschutzbüro).
Weltweite Überfischung
Viele Umweltschutzorganisationen, darunter auch die Deutsche Umwelthilfe, machen jährlich am Tag der Fische auf die katastrophale Situation unserer Meeresbewohner aufmerksam: Aufgrund von anhaltender Verschmutzung und Zerstörung der Lebensräume in unseren Meeren, dem Klimawandel und der Überfischung durch industrielle Fischerei sind 90 Prozent der weltweiten Fischbestände zurückgegangen oder stark gefährdet. Dabei trägt die fehlende Durchsetzung der Gemeinsamen Fischereipolitik der EU (GFP) maßgeblich zum Problem bei, die nur auf dem Papier existiert.
Illegale Rückwürfe in der EU
In Europa sind bereits 41 Prozent der Fischbestände überfischt. Der sogenannte „Beifang“, also alles was zusätzlich im Netz hängenbleibt, wird einfach halbtot oder tot wieder über Bord geworfen. Diese Rückwürfe sind eigentlich seit 2014 verboten, aber es fehlt – wie auch bei den unsäglichen Zuständen in den dunklen Massentierhaltungsställen – die notwendige Kontrolle. So fordert die DUH in ihrer Petition #Stoppt Rückwürfe auch eine vollständige Dokumentation der Fangflotten mittels Kamera an Bord sowie ein gerechtes und transparentes Fangquoten-System, das regionale Küstenfischer und umweltschonende Fischereibetriebe fördert.
Aquakultur: Massenfischhaltung mit schweren Folgen
Tatsächlich neue sind Aquakulturen die neue Form der Massentierhaltung und neben Tier- und Umweltschutz leiden auch Menschenrechten in Ländern wie Chile oder auch in Asien, wo ein Großteil der in industrieller Aquakultur produzierten Speisefische herkommt. Extremer Sauerstoffmangel, Verletzungen und Parasitenbefall wegen zu hoher Tierdichte erfordern massiven Einsatz von Antibiotika und Pestiziden. Das schadet nicht nur den Tieren, sondern auch der Umwelt und der lokalen Bevölkerung, die gezwungen ist, ihre traditionelle Lebensweise aufzugeben und zu unterbezahlten Sklaven von Konzernen zu werden.
Laut der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) stammt bereits heute fast jeder zweite Fisch, der weltweit konsumiert wird, aus Aquakultur, wobei der Anteil von gentechnisch veränderten Tieren stetig steigt, mit unabsehbaren Folgen für die Umwelt und auch die Gesundheit der Konsumenten (Quelle: Artikel „Tierzucht in Aquakultur – eine neue Form der Massentierhaltung“).
Deutscher Fischbestand bald doppelt bedroht
Auch der deutsche Fisch ist bedroht, und das gleich doppelt. Deutschlands Küstenlinie ist im Vergleich zu Frankreich oder Spanien nicht groß. Trotzdem steht ein ökologisches Desaster bevor, sollte Europas wohl riskantestes Bauprojekt tatsächlich realisiert werden. Der zwischen der Ostseeinsel Fehmarn und Dänemark geplante riesige Fehmarnbelt-Tunnel würde bei seiner Konstruktion den Meeresboden der Ostsee aufwühlen und somit das dort bereits ohnehin äußerst fragile Ökosystem auf Jahrzehnte zerstören. Die Anwohner auf beiden Seiten wehren sich, aber Konzerne und Politik wollen das Infrastruktur-technisch erwiesenermaßen unnütze Megaprojekt mit aller Gewalt durchdrücken.
Fische als billige „Verbrauchsware“ für die Tierversuchsindustrie
Weniger bekannt ist die Tatsache, dass der Fisch für die Forschung ein dankbares „Versuchstier“ ist. Er ist klein, einfach zu halten, lässt sich schnell vermehren und eignet sich gut für gentechnische Manipulationen. Seit 2012 nehmen die Zahlen der in Tierversuchen eingesetzten Fische rapide zu. Von den insgesamt 2,8 Millionen Tieren, die 2016 im Tierversuchen eingesetzt wurden, ist der Fisch nach Maus und Ratte Versuchstier Nummer drei (Quelle: Menschen für Tierrechte e.V.).
Von den eingesetzten Fischen war dabei bereits knapp die Hälfte gentechnisch verändert. Durch die neuen Methoden der synthetischen Gentechnik können immer mehr „Versuchstiere“ in immer kürzerer Zeit gentechnisch manipuliert werden, was zu noch mehr Tierversuchen führt, anstatt zu weniger, und die uns aber trotzdem nicht vor Arzneimittelskandalen schützen, sondern lediglich einer völlig aus dem Ruder gelaufenen Tierversuchsindustrie nutzen, die größtenteils durch Steuergelder finanziert wird und an der einige Wenige kräftig verdienen.
Dabei gibt es bereits effektive alternative Forschungsmethoden, wie z.B. durch die Organchip-Technologie auf menschlichem Gewebe, die weitaus verlässlichere Resultate liefern. Dass hier die Zukunft liegt, beweisen die Niederlande, die es sich zum Ziel gesetzt haben, bis 2025 führend auf dem Gebiet der tierversuchsfreien Forschung werden.
„Der Fisch wird besonders bedenkenlos ausgebeutet. Ob als Nahrungslieferant oder als sogenanntes Versuchstier. Er leidet stumm. Doch der Fisch ist keine Reflexmaschine. Als empfindsames Wirbeltier leidet er unter Schmerzen, Stress und Angst. Er hat – wie alle anderen Tiere – unseren Schutz und Respekt verdient“ – Christina Ledermann, stellvertretende Vorsitzende des Verbandes Menschen für Tierrechte e.V.
Der Fisch als Symbol für die Notwendigkeit des Wertewandels
Je kleiner, schwächer und hilfloser ein Lebewesen ist, desto leichter ist es auszubeuten. Das gilt leider, wie wir wissen, nicht nur für Tiere, sondern auch für Menschen. Es kann hier nicht mehr um die Welternährung gehen, wenn für jeden gegessenen Fisch ungleich mehr Artgenossen sinnlos und ohne jeden Zweck vernichtet werden. Ebenso wenig kann es um die Bekämpfung von Krankheiten wie Alzheimer, Parkinson oder Krebs gehen, wenn doch schon jedem Kind einleuchtet, dass der Organismus eines Fisches wohl kaum mit dem eines Menschen verglichen werden kann.
Solange eine Gesellschaft auf der Ausbeutung von Schwächeren aufgebaut ist, wird sich am Prinzip der Gewalt, mit der alles durchgesetzt wird, nichts ändern. Mit gravierenden Folgen in Form von einer Respekt- und Empathielosigkeit gegenüber lebenden Wesen und der Natur – unserer Lebensgrundlage – die sich durch die gesamte Gesellschaft zieht.
Wir brauchen ein Umdenken im Bezug auf Ernährung, Alternativen zu Tierversuchen und auf Rechte von Tieren als empfindungsfähige Wesen. Wir brauchen eine gewaltfreie Gesellschaft, gewaltfrei im Bezug auf Mensch, Tier und die Umwelt. Sie wird uns nicht von der Politik vorgegeben werden, aber wir können sie selber erschaffen. Ein Bewusstsein dafür, öffentlicher Druck und verändertes Konsumverhalten sind zweifelsohne die Schlüssel dazu. Jeder kann in seinem eigenen Umfeld etwas dazu beitragen, jeden Tag.