Dios tan lejo y los Estados Unidos tan cerca (Gott ist so fern und die USA so nah), so lautet eines der vielen Sprichwörter, die die mexikanische Volksseele oft seufzend von sich gibt. Und das wohl seit den Zeiten der Monroe-Doktrin im 19. Jahrhundert.
Die humanistische Welt wünscht dem neu gewählten Präsidenten Lòpez Obrador viel Glück und Stärke im Willen, sein Programm des sozialen Wandels durchzusetzen. Der Wunsch schließt auch Vernunft und Moral seiner Koalitionspartner, der politischen Kontrahenten sowie der Drogenbosse ein. Beim nördlichen Nachbarn sind sie nach den bisherigen Twitter Ankündigungen von Präsidenten Trump wohl nicht zu erwarten.
Wohin der Weg in Mexiko führen soll, hat der Präsident im Vorfeld der Wahlen mehrfach zum Ausdruck gebracht. Seine Politik soll sich in den großen Fragen an früheren Präsidenten ausrichten. Etwa an Benito Juàrez (1857-1879), dem ersten indigenen Präsidenten Mexikos, der die französischen Invasoren des Landes verwies, an Francisco Madero (1873-1913), der mit Emilio Zapata die Bauernrevolution durchführte und der die Grundsteine für die fortschrittlichste bürgerliche Verfassung der Welt in Mexiko legte sowie an Làzaro Cardenas (1934-1940), der die Erdölvorkommen und die Eisenbahn nationalisierte und Bereiche der Daseinsvorsorge für die Nation sicherte (Quelle: aporrea.org, 15.3.2018).
Seine Ziele streben die nationale Selbstbestimmung und eine Gleichberechtigung mit den äußeren Kräften und innerhalb der mexikanischen Gesellschaft zwischen den Schichten an. Seine Vorstellungen haben ein auskömmliches Leben für die Bevölkerung, verbunden mit persönlicher Sicherheit im Blick. Die Kinder sollen mit einer besseren Bildung aufwachsen und in einem menschenwürdigen Gesundheitswesen leben.
Die Analysten der westlichen Medien versehen Lòpez Obrador mit den Etiketten „Links“ und „Populist“. Sie rücken ihn damit bewusst in die Nähe von Venezuela, Kuba und anderen lateinamerikanischen Ländern, die im politischen Fokus einer weltweiten Systemauseinandersetzung stehen, ohne zu definieren, was Links und Populismus gegenwärtig bedeutet. Ihre Absicht in den Köpfen alte Bilder stehen zu lassen, ist nicht zu übersehen. Sie betreiben keine wahrheitsgetreue Aufklärung der Zusammenhänge zwischen Politik und Wirtschaft.
Nicht erst seit der Wende der 90-ziger Jahre sind Linke zu Verteidigern der Menschenrechte und der Demokratie in der globalen Welt geworden. Linke treten für die Entkopplung wichtiger Menschheitswerte von den Profitinteressen des Kapitals ein. Zwischen dem Wort Linke und Enteignung oder Zerstörung steht immer noch ein Gleichheitszeichen. Demgegenüber enteignen der Aktienfall (z.B. nach dem VW Skandal) oder die Nullzinspolitik tausendfach mehr Menschen aller Schichten, die für ihr Rentenalter oder für ihre Kinder Vorsorge mit ihren Ersparnissen betreiben. Das Kapital hat in der Geschichte mit ihren Kriegen Werte zerstört, die kaum zu beziffern sind.
Der Begriff des Populismus ist zu einem Werkzeug der politischen Auseinandersetzung verkommen. Ziele zu beschreiben, gehört nicht zum Populismus, aber Zustände vorzugaukeln, die man nicht erreichen kann oder will, gehören dazu sowie die kurzlebigen Wahlversprechen zum Stimmenfang. Beispielsweise in Deutschland von Frieden zu sprechen und Waffenlieferungen etc. zuzulassen oder Nächstenliebe in seinen Statuten zu verkünden und Flüchtlinge an den Grenzen abzuweisen oder von sozialer Sicherheit zu sprechen und Hartz-Gesetze und ähnliche zu beschließen oder bestehen zu lassen.
Präsident Obrador hat der Korruption den Kampf angesagt. Eine große und zugleich schwere Aufgabe, die an verschiedenen Punkten ansetzen muss. Die Fragen lauten: Wer korrumpiert zu welchem Zweck? Wer lässt sich korrumpieren? Warum kommen die Fälle nur zögerlich vor den Richter? Warum enden zu viele Verfahren ohne Verurteilung und nur mit Vergleichen? Welche Rolle spielt die Lobby im Parlament und Amt? Sind die rechtlichen Regeln deutlich genug? Gibt es Personennetzwerke, die sich den Peso zuspielen oder zur Pistole greifen? Ein Teil der Fragen wären auch für Deutschland angebracht.
Die härtesten Nüsse hat der neue Präsident mit seinen nördlichen Nachbarn zu knacken. Trumps Grenzmauer und seine Androhung, die Baukosten von Mexiko tragen zu lassen, ist schon ein internationaler Skandal für sich. Sein Egoismus im nachbarlichen Umgang, der auch vor Kindern nicht haltmacht, ist kaum zu überbieten. Einen ähnlichen Hintergrund hat seine Ankündigung, das NAFTA Abkommen neu verhandeln zu wollen. Als hätten die amerikanischen Unternehmen aus der Wirtschaftszone nicht schon Zusatzgewinne durch unterbezahlte Arbeitskräfte, durch ungenügende Zahlung von Sozialbeiträgen, durch Vermeidung von Umweltmaßnahmen genieren können. Die statistischen Zahlen des bilateralen Handelsabkommens, der Zahlungs- und Dienstleistungsbilanz zwischen beiden Ländern belegen, dass die USA der beherrschende Partner und Nutznießer der wirtschaftlichen Zusammenarbeit sind. Sie sind es auch, die Mexiko bedrängen, die schützende Verfassung im Bereich des Erdöls, der Energieproduktion, der Telekommunikation u. ä. aufzuweichen.
Abschließend ein weiteres mexikanisches Sprichwort mit großer Tiefenwirkung:
„Todo es possible en la paz / alles ist im Frieden möglich“