Im Mai 2018 wurde in Italien die Internationale Arbeiter_innen Konföderation (IAK) gegründet. Sie soll unabhängige Gewerkschaften und Arbeiter_innenorganisationen über Grenzen hinweg vereinigen. Wir haben einige Delegierte des Kongresses nach ihren eigenen Gewerkschaftsaktivitäten und ihren Hoffnungen gefragt, die sie mit der neuen Konföderation verbinden.
Die Londoner Gewerkschaft United Voices of the World (UVW) hat einen Bericht über ihr Erleben der Konferenz geschrieben (auf Englisch und auf Spanisch), den wir hier in Auszügen übersetzt haben:
Delegierte und Beobachter aus Griechenland, Brasilien, Marokko, Bulgarien, den Niederlanden, Belgien, Deutschlang, Italien, Katalonien, Spanien, Polen, den Vereinigten Staaten, Kanada, Frankreich, Österreich und Argentinien schickten Solidaritätsadressen oder nahmen an dem Kongress teil, der am Hauptsitz der unabhängigen italienischen Gewerkschaft USI stattfand.
Der Gedanke hinter der Gewerkschaftskonföderation ist es, die praktische internationale Solidarität unter kämpfenden Arbeiter_innen wieder neu zu entfachen, die – so formulierte es Miguel Pérez von der spanischen CNT – „in Taten ihren Ausdruck finden muss, die über Solidaritätsschreiben und kleine Proteste hinausgehen“.
Delegierte der italienischen USI unterstrichen die historischen anarcho-syndikalistischen und revolutionär-syndikalistischen Ursprünge vieler der beteiligten Gewerkschaften und Kollektive: „Heute und mehr noch morgen braucht es eine kämpferische, freiheitliche und internationale Gewerkschaftsorganisation, die die Arbeiter_innen wirksam verteidigen und eine neue und freie Gesellschaft von Gleichen aufbauen kann, und zwar unabhängig von den traditionellen Partei- und Gewerkschaftsstrukturen.“
Die Berliner FAU-Gewerkschafterin Anna Baum erklärte, die unabhängigen Gewerkschaften beabsichtigen mit der neuen Konföderation, über die Grenzen hinweg Kräfte und Informationen zu bündeln und zu teilen – sie wollen sich dabei auf Arbeiter_innen konzentrieren, die zwar in verschiedenen Ländern, aber für dasselbe Unternehmen arbeiten. „Ein Schwerpunkt wird es sein, gemeinsame Kampagnenziele aufzustellen und zum Beispiel für einen branchenübergreifenden Kollektivvertrag zu kämpfen, der migrantische Arbeiter_innen vor Kontrollen der Einwanderungsbehörden schützt“, so Anna.
„Die Energien für Kampagnen und Organisierung werden auf einer gemeinsamen Website oder Plattform gebündelt werden. Organisiert werden außerdem Workshops und Konferenzen, die kämpfende Arbeiter_innen aus anderen Ländern wie China und Indonesien zusammenbringen mit beispielsweise italienischen, deutschen und polnischen Arbeiter_innen. Dabei werden die Gewerkschaften der wohlhabenderen Länder die Teilnahme der Arbeiter_innen aus Niedriglohnländern finanziell unterstützen.“
Besprochen wurden auch koordinierte Überlegungen zur Durchsetzung internationaler Arbeitsstandards und die Idee, die Konföderation bei der International Labour Organisation (ILO) zu registrieren, so dass man Fälle von Arbeitsrechtsverletzungen seitens multinationaler Konzerne vor internationale Gerichte bringen kann.
Mehrere aktive Gewerkschafter_innen aus Katalonien, Brasilien und Griechenland hoben hervor, dass die Arbeiter_innen vermehrt auf wilde Streiks, Straßenblockaden und andere kreative Widerstandsformen setzen, um die mangelnde Initiative der offiziellen Gewerkschaften und traditionellen Parteien auszugleichen, die die Interessen der Arbeiter_innen nicht mehr verteidigen können oder wollen.
Zwei Faktoren – nämlich die grenzübergreifende Massenmigration von Arbeiter_innen sowie der Zugang zu Kommunikationstechnologien, mit denen diese Arbeiter_innen Kontakt halten können mit den Kämpfen in ihrem Heimatland und neue Kontakt herstellen können zu den Kämpfen in ihrem Ankunftsland – machen es nötiger denn je, dass unabhängige Gewerkschaften und Organisationen ihre Zusammenarbeit intensivieren und „versuchen, eine internationale Widerstandsbewegung aufzubauen“, so die Mitglieder der bulgarischen Autonomen Arbeitergewerkschaft ARS (Автономен работнически синдикат).
Die UVW-Gewerkschafterin Claudia Turbet-Delof erlebte den Kongress als „eine bereichernde Erfahrung, insbesondere für mich als feministische Gewerkschafterin mit Migrationshintergrund, so dass ich viel darüber nachgedacht habe, was gewerkschaftliche Organisierung für mich bedeutet und was wir, als Arbeiter*innen, zu erreichen hoffen.“
Video: Englisch / Französisch / Deutsch / Spanisch mit deutschen Untertiteln, ca. 5 Minuten, Jahr: 2018