Am 11. April sticht der Flugzeugträgerverband USS Harry S. Truman von der US-Ostküste gen Nahost in See, mit dabei die auf Flugabwehr spezialisierte deutsche Fregatte Hessen. Die Begründung der Bundesmarine lässt angesichts jüngster Trump-Drohungen aufhorchen.
Die sogenannte Strike-Group um den Flugzeugträger USS Harry S. Truman soll mit sieben Angriffsschiffen und 6.500 Marinesoldaten den Atlantik überqueren und sich anschließend auf den Weg ins Mittelmeer Richtung Syrien begeben.
Das Kampfgeschwader umfasst:
- den Flugzeugträger USS Harry S. Truman (CVN 75)
- neun Geschwader von Marine-Kampfflugzeugen (Carrier Air Wing)
- den Lenkwaffenkreuzer USS Normandie (CG 60)
- den Lenkwaffenzerstörer Arleigh Burke (DDG 51)
- den Lenkwaffenzerstörer USS Bulkeley (DDG 84)
- den Lenkwaffenzerstörer USS Forrest Sherman (DDG 98) und
- den Lenkwaffenzerstörer USS Farragut (DDG 99)
Zudem sollen sich die Lenkwaffenzerstörer USS Jason Dunham (DDG 109) und USS The Sullivans (DDG 68) zusätzlich im Mittelmeer dem Kampfgeschwader anschließen. Die „Harry S. Truman“ war zuletzt 2015 im Rahmen der US-Operation Inherent Resolve in Irak und Syrien in dem Gebiet im Einsatz.
„Fähigkeiten einer deutschen Verbandsflugabwehrfregatte unter Beweis stellen“
Begleitet wird die Strike-Group von der deutschen Verbandsflugabwehrfregatte „Hessen“ (F 221) der Sachsen-Klasse unter dem Kommando von Fregattenkapitän Oliver Pfennig. Die Hauptaufgabe der Fregatte besteht in der Luftverteidigung, also Bekämpfung von Flugzeugen und anderen Luftzielen – zum Schutz von Marineverbänden und verbündeten Kräften an Land. Dafür ist sie laut Darstellung der Bundesmarine mit „sehr leistungsfähigen Radargeräten“ und weitreichenden Flugkörpern ausgerüstet. Sie ist auch dafür bestimmt, Führungsaufgaben innerhalb eines Kriegsschiffverbandes zu leisten. Im konkreten Fall soll sie laut Aussage des Kapitäns „die Fähigkeiten einer deutschen Verbandsflugabwehrfregatte unter Beweis stellen“.
Die Entsendung der Strike-Group kommt zu einem Zeitpunkt, da das Weiße Haus eine Militäraktion gegen Syrien wegen eines angeblichen chemischen Angriffs in der syrischen Stadt Duma angedroht hat. US-Präsident Donald Trump sagte, er treffe sich mit Beratern und entscheide über eine mögliche Reaktion auf den Vorfall.
Wir haben eine Menge an militärischen Optionen auf dem Tisch, und wir werden Sie bald das Resultat wissen lassen“, so Trump gegenüber Reportern.
Auf Anfrage von RT Deutsch, wie lange die Fregatte sich dem US-Kampfverband anschließen wird, antwortete die Pressestelle der Bundesmarine in Wilhelmshaven, dem Heimathafen der „Hessen“:
Die Fregatte wird die Strike-Group über den gesamten Zeitraum der Atlantiküberquerung und Einfahrt ins Mittelmeer begleiten. Erst im Mittelmeer wird dann konkret entschieden, wie mit der „Hessen“ weiterverfahren wird.
Die „Hessen“ als potenzielle „Lusitania 2.0“?
Auf die Frage von RT Deutsch, wie die Bundesmarine und insbesondere die Fregatte Hessen im US-Verband der USS Harry S. Truman im Falle einer Eskalation der Syrienkrise agieren werden, antwortete der verantwortliche Presseoffizier nach kurzem Schweigen:
Darüber haben wir uns ehrlich gesagt noch keine Gedanken gemacht.
Er bat nach dieser Aussage allerdings, nicht namentlich zitiert zu werden.
Zur Frage, ob die Begleitung einer US-amerikanischen Strike Group durch deutsche Kriegsschiffe nach Nahost ein Routineprozedere darstellt:
Nein, das ist schon was besonders. Das kann man schon als Highlight bezeichnen.
Die bislang aufrechte Entscheidung der Bundesmarine, die Fregatte „Hessen“ die US-amerikanische Strike-Group bis ins nahöstliche Mittelmeer begleiten zu lassen, hat zudem noch eine weitere strategische Komponente. Sollten US-Kriegsschiffe tatsächlich aus dem nahöstlichen Mittelmeer einen Angriff auf Syrien durchführen und russische Streitkräfte wie angedroht reagieren, würde der NATO-Bündnisfall rein formell nicht greifen. Der entsprechende Artikel 5 der NATO begrenzt den Bündnisfall explizit auf die USA und Europa:
Die Parteien vereinbaren, dass ein bewaffneter Angriff gegen eine oder mehrere von ihnen in Europa oder Nordamerika als ein Angriff gegen sie alle angesehen wird; sie vereinbaren daher, dass im Falle eines solchen bewaffneten Angriffs jede von ihnen in Ausübung des in Artikel 51 der Satzung der Vereinten Nationen anerkannten Rechts der individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung der Partei oder den Parteien, die angegriffen werden, Beistand leistet […]
Befände sich jedoch die deutsche Fregatte im Falle einer russischen oder syrischen Vergeltung gegen die US-amerikanische Strike-Group noch immer im Verband, könnte man dies als direkten Angriff auf die deutsche Marine interpretieren und entsprechend militärisch handeln.
Das aktuelle Agieren der Bundesmarine und der Bundesregierung zu Syrien erinnert ungut an die Persiflage auf die Rolle von SPD und Grünen während des völkerrechtswidrigen Angriffskrieges gegen Serbien:
Nie wieder Krieg (ohne uns)!