Die Initiantinnen und Initianten der Wiedergutmachungsinitiative nehmen mit grosser Genugtuung zur Kenntnis, dass über 8000 Betroffene ein Gesuch für einen Solidaritätsbeitrag eingereicht haben. Die Betroffenen erfahren damit eine offizielle Anerkennung für das erlittene Unrecht. Für die Initianten ist das Ende der Gesuchfrist der Anfang der Aufarbeitung. Die Guido Fluri Stiftung unterstützt auch weiterhin die Opfergruppen und engagiert sich in einem Nachfolgeprojekt, das den Austausch unter den Betroffenen fördern soll.
Mit dem Ende der Ostertage ist die Frist ausgelaufen, innert der die ehemaligen Verdingkinder und Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen ein Gesuch für eine Solidaritätszahlung einreichen konnten. Über 8000 Betroffene haben von diesem Recht Gebrauch gemacht. Guido Fluri, Urheber der Wiedergutmachungsinitiative: „Die Tatsache, dass die Gesuche in den letzten Tagen noch zu Hunderten eingereicht wurden, zeigt, dass die Informationskampagne der letzten Monate gegriffen hat. Wir konnten damit auch Menschen erreichen, die isoliert, noch nicht informiert oder unschlüssig waren.“
Solidaritätszahlungen als wichtiges Element einer umfassenden Aufarbeitung
Für viele ehemalige Verdingkinder und Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen, stellt die Zahlung über 25‘000 Franken eine bedeutende finanzielle Stütze dar. Viel wichtiger ist jedoch die Tatsache, dass damit ein Stück Gerechtigkeit wiederhergestellt wird – der Solidaritätsbeitrag ist die offizielle Anerkennung für das grosse Unrecht, das den Opfern widerfahren ist. Dass nicht alle Betroffenen ein Gesuch gestellt haben, erstaunt nicht: Gewisse Betroffene haben bewusst auf den Solidaritätsbeitrag verzichtet, weil sie diese staatliche Leistung nicht annehmen wollen. Dies gilt es zu respektieren.
Wiedergutmachungsinitiative hat zu einem Umdenken geführt
Für die Opfer stellen nicht nur die Solidaritätszahlungen einen Meilenstein dar, sondern vor allem auch der neue Umgang der Schweiz mit ihrer Vergangenheit. Für Guido Fluri, ist klar: „Die fürsorgerischen Zwangsmassnahmen sind heute Teil des kollektiven Gedächtnisses. Die Geschichte der Verdingkinder und der anderen Opfer ist heute Teil der offiziellen Schweizer Geschichte. Dies ist das Wichtigste für die Opfer und für die Schweiz als Ganzes.“ Die Aufarbeitung ist voll im Gang: Wissenschaftler forschen, Theater führen Stücke auf, in den Schulen spricht man über das Unrecht, das man den Opfern von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen zugefügt hat.
Das Engagement für Verdingkinder und andere Opfergruppen geht weiter
Das Engagement für die Betroffenen geht weiter. Die Guido Fluri Stiftung ist Teil eines Projektes, das den Austausch unter den Betroffenen weiterhin fördert und ihre Geschichten konserviert. Im Sommer 2018 wird in der nationalen Gedenkstätte für Heim- und Verdingkinder in Mümliswil ein erstes grosses Zusammenkommen der Betroffenen stattfinden.
Geschichtsklärung dank der Bevölkerung, Politik und Verwaltung
Die Initiantinnen und Initianten danken allen, welche die Wiedergutmachungsinitiative unterstützt und den Gegenvorschlag möglich gemacht haben. Dank der breiten Unterstützung wurde der Inhalt der Initiative zu einem gesamtgesellschaftlichen Anliegen. Dem Unterstützungskomitee traten nach und nach Politikerinnen und Politiker aus allen Parteien bei. Die Volksinitiative wurde von namhaften Exponenten der Wissenschaft, von ranghohen Amtsträgern beider Landeskirchen, aber auch von Bauernvertretern sowie bedeutenden Schweizer Kulturschaffenden unterstützt.
Hintergrund: In der Schweiz leben Zehntausende Opfer von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen. Aufgrund dieses dunklen Kapitels der Schweizer Geschichte haben Verdingkinder und Heimkinder schwerstes Unrecht, Misshandlungen und Missbrauch erlitten. Bis 1981 wurden Tausende von Personen ohne Gerichtsbeschluss administrativ versorgt. Frauen wurden unter Zwang sterilisiert oder zur Abtreibung gezwungen. Kinder wurden gegen den Willen ihrer Mütter zur Adoption freigegeben oder in Waisenhäusern und Kinderheimen platziert.