Der Präsident von Katalonien, Carles Puigdemont, wurde am Sonntag, den 25. März 2018 durch die deutsche Polizei festgenommen und sitzt derzeit in der JVA Neumünster in Gewahrsam, bis über seine Auslieferung entschieden wird. Die spanische Justiz hatte gegen ihn einen europäischen Haftbefehl ausgestellt.
Hintergrund ist der Konflikt zwischen Katalonien und Spanien, der sich in den letzten sechs Monaten zugespitzt hat. Am 1. Oktober 2017 fand ein Volksentscheid statt, bei dem die Mehrheit der Katalanen für die Unabhängigkeit stimmte. Die spanische Regierung hatte jedoch die Abstimmung für illegal erklärt und mit allen Mitteln versucht, ihre Durchführung zu verhindern. Die Bilder der Polizeigewalt gegen friedliche Wähler gingen um die Welt.
Ende Oktober erklärte die katalanische Regierung die Unabhängigkeit, nachdem ihre Versuche, mit der spanischen Regierung in Dialog zu treten, immer wieder rigoros abgewiesen wurden, und nachdem die spanische Regierung die katalanische Selbstverwaltung (wie wir meinen, unrechtmäßig) aufgehoben hatte. Daraufhin erzwang die spanische Regierung am 21. Dezember Neuwahlen in Katalonien und hieß ausdrücklich willkommen, dass die Befürworter der Unabhängigkeit daran teilnehmen. Nachdem diese jedoch die Wahlen gewonnen haben, boykottiert Spanien jede Regierungsbildung.
Der Unabhängigkeitsbewegung in Katalonien, die immer ausschließlich mit friedlichen und demokratischen Mitteln verfolgt wurde, setzt die spanische Regierung seit Jahren keinen politischen Dialog entgegen, wie man es in einer Demokratie erwarten würde. Stattdessen greift Spanien zu dem Mittel der Inhaftierung von mehreren Mitgliedern der katalanischen Regierung und der Zivilgesellschaft. Dass es in Spanien keine Gewaltenteilung gibt, erkennt man schon daran, dass spanische Politiker mehrfach in den Medien Verhaftungen von katalanischen Politikern im Voraus bekannt gemacht haben, Tage bevor die Richter diese anordneten. Der Fall Carles Puigdemont ist kein juristischer, sondern ein politischer Fall und kann auch nur politisch gelöst werden.
Beim Konflikt zwischen Katalonien und Spanien handelt es sich um zwei grundverschiedene Auffassungen dessen, wie ein Staat funktionieren soll. In Spanien wurde nach der Franco Diktatur kein Schlussstrich gezogen. Es gab keine juristische Aufarbeitung der begangenen Straftaten, ja die Nachfolger der damaligen Faschisten sitzen zum Teil heute noch in der Regierung. In Katalonien hingegen hat sich in den letzten vierzig Jahren allmählich ein republikanisches Bewusstsein entfaltet, das auf Grundwerte der Demokratie und Weltoffenheit basiert.
Deutschland ist spätestens mit dieser Festnahme in den Konflikt involviert worden und kann ihn nicht länger als “innerspanische Angelegenheit” abtun. Die Schweiz, Belgien, Großbritannien und Finnland haben schon erkannt, dass es sich allein um politische Verfolgung handelt, und agieren dementsprechend. Wir erwarten von der Bundesrepublik Deutschland, einem Land mit einer ausgeprägten demokratischen Tradition, eine Entscheidung, die auf Grundwerte und nicht auf parteiischen Interessen fußt. Carles Puigdemont darf nicht ausgeliefert werden!
Angesichts der aktuellen Situation fordern wir:
- die Freilassung von Carles Puigdemont und die Abweisung des Auslieferungsantrags
- die Freilassung aller katalanischen Politiker und Aktivisten, die aus politischen Gründen in spanischen Gefängnissen sitzen
- die Anerkennung der Wahlergebnisse vom 21. Dezember seitens der spanischen Regierung und die Unterlassung ihres Boykotts der Wahl des katalanischen Präsidenten
- eine internationale Mediation zwischen Katalonien und Spanien durch die Bundesrepublik Deutschland
ANC (Katalanische Nationalversammlung) ist eine Bürgerinitiative, die sich für die Unabhängigkeit Kataloniens einsetzt.