Brief von Milagro Sala:
„Sie glauben, dass sie uns mit dieser willkürlichen Inhaftierung zerstören können. Wisst, dass uns das nur noch stärker macht.“
Dieser 16. Januar markiert zwei Jahre meiner willkürlichen Inhaftierung. Die Bemühungen der argentinischen Justiz und Presse, der Welt zu beweisen, dass ich die Schlimmste von allen bin, dauern an, wie seit dem ersten Tag. Die einzige Wahrheit jedoch ist, dass sie mit mir nur eine heftige Verfolgung von jedem begonnen haben, der anders denkt. Im Laufe der Zeit verlieren wir allmählich den Überblick über die Zahl der politischen Gefangenen, die heute mehr als 20 beträgt. Gefangen, weil sie eine bessere Welt wollen, weil sie die Rechte derer verteidigen, die nichts haben, weil sie mit der Politik des Hungers und der Ausgrenzung konfrontiert sind, die von der Regierung der führenden Köpfe von Cambiemos (Koalition angeführt von Mauricio Macri; Anm.d.Ü.) ausgeht. Ganz zu schweigen von den Schikanen gegenüber unseren Kameraden und Kameradinnen. Der Fall von Héctor Timerman ist einer derjenigen, die mich am meisten erschüttert haben, besonders wegen der fehlenden Menschlichkeit derer, die die Annullierung seines Visums veranlasst haben, aber viel mehr noch wegen diejenigen, die das gefeiert haben (Héctor Timerman ist ehemaliger Außenminister und wurde am Antritt seiner Reise in die USA zur Behandlung seines Krebsleiden gehindert; Anm.d.Ü.).
Persönlich waren es für mich zwei sehr schwierige Jahre. Aber vor allem zwei Jahre der Ohnmacht, nichts tun zu können. Diejenigen, die mich in Freiheit kannten, wissen, dass ich nur versucht habe, die Probleme von einzelnen Kameraden zu lösen und manchmal auch von Menschen, die ich nicht einmal kannte. Nie ging es darum, Milagro Sala zu begünstigen. Über das zu sprechen, was wir zusammen geschafft haben, macht keinen Sinn, ich habe es bereits viele Male getan. Trotz des Hasses, den sie gegen uns empfinden und ihres Versuchs, alles zu zerstören, stehen die Gebäude für die Gemeinschaft noch immer. Die Häuser, die Fabriken, das Kulturzentrum, die Schulen sind alle da. Sie sehen sich und berühren sich gegenseitig. Ich muss zugeben, dass ich wütend darüber bin, wie sie die Gesundheitszentren geplündert haben, die Tausende von Menschen umsonst versorgt hatten, oder die Schwimmbäder und Sportanlagen, die sie zerstört und verbrannt haben. Sie waren für die Kinder aus der Nachbarschaft. Sie empfinden solchen Hass gegen diejenigen, die weniger haben, dass es ihnen nicht reicht, mir meine Freiheit genommen zu haben, sondern sie wollen auch noch Tausenden von Menschen in Jujuy die elementarsten Rechte wegnehmen.
In der Zwischenzeit setzen sich meine Kolleginnen und Kollegen und ich trotz ständiger Schikanen und Verhaftungen mehr denn je für unsere Ideale ein. Sie glaubten, dass sie uns damit zerstören können, sie glaubten, dass sie uns unsere Freude und Würde nehmen würden. Aber das konnten sie nicht. Wisst, dass uns das nur noch stärker macht.
Ich möchte hiermit all den „Komitees für die Freiheit von Milagro Sala“ und den Tausenden von Genossinnen und Genossen, Freundinnen und Freunden, Familienangehörigen und unbekannten Menschen danken, die über Menschenrechtsorganisationen und aus Kultur, Politik, sozialen Organisationen, Gewerkschaften und anderen Bereichen solidarisch und ohne Gegenleistung für die politischen Gefangenen gekämpft haben.
Kameraden und Kameradinnen, lasst uns weiter kämpfen, damit aus Bedürfnissen Rechte werden.
Milagro Sala
Politische Gefangene. Jujuy. Argentinien.