Der Friedensnobelpreis wurde gestern an die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen (ICAN) verliehen. „Diese Auszeichnung kommt genau im richtigen Moment und ermutigt uns, Widerstand zu leisten und Atomwaffen sofort zu ächten“, sagt Sascha Hach aus dem Vorstand von ICAN Deutschland.
„Das internationale Atomwaffenverbot ist das Gegengewicht zu Donald Trump und Kim Jong-un. Es muss daher von möglichst vielen Staaten unterstützt werden. Auch Deutschland muss endlich unterzeichnen. Es ist eine Schande, dass die Bundesregierung diesen wegweisenden UN-Vertrag boykottiert und sich an die fatale Nuklearallianz mit den USA klammert. Sie muss sich – auch im Sicherheitsinteresse Deutschlands – endlich von der Abschreckung und der gefährlichen Eskalationspolitik Trumps lösen und die Atomwaffen aus Deutschland abziehen. Nur so kann sie glaubwürdig und wirksam für Abrüstung und Deeskalation eintreten.“
Im Juli dieses Jahres haben 122 Staaten bei den Vereinten Nationen einen Vertrag zum Verbot aller Atomwaffen beschlossen. ICAN kämpft seit der Gründung vor etwa zehn Jahren für ein solches Abkommen und wird für diese Bemühungen nun mit dem Friedensnobelpreis geehrt. Seit dem 20. September 2017 liegt der Vertrag in New York zur Unterzeichnung aus, 56 Länder haben bereits unterschrieben. Die Atommächte sowie alle NATO-Staaten boykottieren dieses Abkommen bislang.
„Durch die Existenz von Atomwaffen droht uns jeden Tag eine humanitäre Katastrophe. Selbst ein regionaler Atomkrieg würde die gesamte Menschheit massiv betreffen“, sagt Dr. med. Alex Rosen, Vorsitzender der deutschen Sektion der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW), die ICAN mitgegründet haben und 1985 selbst den Friedensnobelpreis erhielten. „Daher ist nicht nur der Einsatz dieser Massenvernichtungswaffen absolut inakzeptabel, sondern auch die Androhung ihres Einsatzes, ihre Stationierung und ihr Besitz. Die große Mehrheit der Staatengemeinschaft hat dies nun anerkannt und mit einem völkerrechtlich bindenden Verbotsvertrag reagiert.“
Auch die deutsche Bevölkerung möchte die Ächtung dieser grausamen Waffen und den Beitritt Deutschlands zum Verbotsvertrag. Das zeigen repräsentative Umfragen. Xanthe Hall von ICAN Deutschland sagt: „Offiziell bekennt sich die Bundesregierung zu einer Welt ohne Atomwaffen. Doch wenn es konkret wird – beim Beitritt zum Verbotsvertrag und beim Abzug der Bomben aus Deutschland – knickt sie vor dem Druck der US-Regierung ein und versteckt sich hinter der NATO-Mitgliedschaft. Wir wollen diese gefährliche Doppelmoral beenden. Der Friedensnobelpreis hilft uns, für diesen dringenden Politikwechsel endlich die öffentliche Aufmerksamkeit zu bekommen, die das Thema verdient.“
In Büchel (Rheinland-Pfalz) sind etwa 20 US-Atombomben stationiert, die in den kommenden Jahren modernisiert werden sollen. Damit steckt Deutschland mitten in der weltweiten nuklearen Aufrüstungsspirale. Bundeswehrsoldaten üben regelmäßig den Einsatz dieser Waffen. All dies wäre unter dem Vertrag verboten.
Auch der SPD-Parteitag hat sich mit dem Atomwaffenverbot und dem Abzug der Bomben aus Deutschland befasst. Die Delegierten verabschiedeten einen Antrag, in dem sie die Vergabe des Friedensnobelpreises an ICAN begrüßten. Die Preisverleihung mache deutlich, wie dringend gerade jetzt Initiativen für globale Abrüstung, eine Welt ohne Atomwaffen und für eine neue Entspannungspolitik gebraucht würden. „Leider fehlt in dem beschlossenen Antrag eine klare Positionierung für den Beitritt Deutschlands zum internationalen Atomwaffenverbot. Damit verpasst es die SPD, sich von der bisherigen Politik der Großen Koalition zu verabschieden, die den Verbotsvertrag boykottiert hat. Leider hat die SPD die Dringlichkeit des Atomwaffenverbotes verkannt und bleibt auf einem Kurs, der uns bisher nicht weiter gebracht hat“, erklärt dazu Xanthe Hall.
ICAN ist zudem erfreut, dass die Bremische Bürgerschaft den Senat am Donnerstag aufgefordert hat, sich auf Bundesebene für eine deutsche Unterzeichnung und Ratifizierung des UN-Vertrages über das Verbot von Kernwaffen einzusetzen.