Der Schweizer Presseclub in Genf genießt einen ausgezeichneten Ruf: Seit seiner Gründung hat er über zweitausend Anlässe mit illustren Rednern von Fidel Castro bis Henry Kissinger und von Jean Ziegler bis Klaus Schwab organisiert. Doch für Ende November 2017 war ein Vortrag angekündigt, der sich kritisch mit den in westlichen Medien populären Syrischen Weißhelmen befassen wollte.
Hiervon erfuhr die britische Organisation The Syria Campaign – und forderte umgehend die Absage der Veranstaltung. Es folgten ähnliche Interventionen von der Direktorin des Washingtoner Syria Institute, einem bekannten Senior Fellow des Atlantic Council, der Syrien-Beauftragten der deutschen Heinrich-Böll-Stiftung, einem britischen Nahost-Diplomaten und weiteren Akteuren beidseits des Atlantiks.
Schließlich wurde die Schweizer Sektion von Reporter ohne Grenzen auf den Plan gerufen. Als Mitglied des Presseclubs distanzierte sie sich in einem Offenen Brief vom geplanten Anlass und forderte mit scharfen Worten dessen Absage, insbesondere da einige der Redner in russischen Staatsmedien aufgetreten seien und mithin »Werkzeuge der russischen Propaganda« wären.
Presseclub-Direktor Guy Mettan, ehemaliger Chefredakteur der Tribune de Genève und Autor eines kritischen Buches zur Ukraine-Krise, hielt indes am Anlass fest – zumal der Presseclub auch schon prominente Kreml-Kritiker eingeladen habe. Im Westschweizer Fernsehen RTS wurde Mettan daraufhin als »Sprachrohr der russischen Propaganda« und »Apologet der Putin-Regierung« bezeichnet.
Die Finanzkommission des Kantons Genf als wichtigstem Träger des Presseclubs beantragte in der Folge die Streichung sämtlicher Subventionen für die Organisation, und der Genfer Regierungspräsident rief den Vorstand des Presseclubs auf, die »notwendigen Maßnahmen« zu ergreifen – also Mettan zu entlassen. Einige fühlten sich durch dieses Vorgehen geradezu an autoritäre Staaten erinnert.
Andere waren erstaunt, dass ausgerechnet Reporter ohne Grenzen die Absage einer journalistischen Veranstaltung forderte. Doch Reporter ohne Grenzen wird via NED von der US-Regierung mitfinanziert und nutzte den vermeintlich guten Ruf bereits in der Vergangenheit, um geopolitische Gegner und Abweichler in entscheidenden Momenten zu attackieren (siehe auch die Vertiefungsstudie hierzu).
Vor allem aber zeigt dieser Vorfall einmal mehr, welch enge Grenzen Journalisten in NATO-Ländern und selbst in der neutralen Schweiz bei geopolitischen Themen gesteckt sind. In den Jahresberichten von Reporter ohne Grenzen erfährt man davon allerdings kaum etwas.
Der Beitrag wurde mit freundlicher Genehmigung von Swiss Propaganda Research übernommen.