Rund 25.000 Menschen marschierten am vergangenen Samstag bei einer bunten Demonstration friedlich durch die Straßen von Bonn, um die Bundesregierung dazu aufzufordern, sich an das Pariser Abkommen zu halten und aus der Kohle auszusteigen.

Es war die bisher größte Anti-Kohle-Demonstration in Deutschland und wurde von einer breiten Koalition aus mehr als 100 Umwelt-, sozialen und kirchlichen Nichtregierungsorganisationen unterstützt, die große Teile der Bevölkerung in Deutschland vertreten. Darüber hinaus haben sich Menschen aus ganz Europa und der Welt angeschlossen, um Maßnahmen gegen den Klimawandel zu fordern.

Nationale und internationale Referenten machten deutlich, dass es nicht ausreichen wird, weiterzumachen wie bisher, und forderten die Regierungen der an der COP23 teilnehmenden Länder auf, konkrete Maßnahmen zur Erreichung der 2015 in Paris festgelegten Ziele zu ergreifen und fossile Brennstoffe zu beenden.

Prof. Dr. Kai Niebert, Präsident des Deutschen Naturschutzrings, Dachverband der deutschen Natur-, Tier- und Umweltschutzorganisationen , die zusammen rund 10 Millionen Menschen erreichen, sagte: „Die Grenzen unseres Planeten sind endlich. Doch wir setzen noch immer auf fossile Energien, obwohl wir inzwischen wissen, dass sie für die Klimakrise und Kriege verantwortlich sind. Wer an die Zukunft denkt, muss die fossilen Energieträger im Boden lassen. Hören wir auf zu reden und fangen wir endlich an: Raus aus Kohle, Öl und Gas!“

Zu den ersten Rednern zählte auch Pacific Climate Warrior Kathy Jetnil-Kijiner von den Marshallinseln, die eine emotionale Rede hielt, die hier gehört werden kann. Weitere internationale Referenten waren Mamadou Mbodji, Naturefriends International (NFI) aus Senegal, Manuel Pulgar Vidal, WWF International aus Peru, Jennifer Morgan von Greenpeace International aus den USA und W. da Costa, Demand Climate Justice Network von den Philippinen (weitere Informationen unter www.klima-kohle-demo.de).

Die Demonstration fand vor dem Hintergrund der Koalitionsverhandlungen in Berlin statt. Der „Kohleausstieg“, also das von der Zivilgesellschaft postulierten Ende des Kohleabbaus und der Stromerzeugung durch Kohle, ist eines der größten Themen, aber bisher hat sich noch keine der großen Parteien zu irgendetwas verpflichtet.

CDU und FDP rudern bereits zurück, die Abschaltung der Braunkohleförderung sei „industrieller Selbstmord“ und die Ziele für 2020, Emissionen um 40 Prozent zu reduzieren, seien „unerreichbar“ (Quelle: Frankfurter Rundschau).

Auch die Grünen haben nach Angaben von Politico signalisiert, dass sie bereit seien, von ihren Forderungen abzuweichen.

VW hat nach Informationen der Süddeutschen Zeitung ein „Strategiepapier“ herausgegeben, um „zu ehrgeizige Klimaziele zu stoppen“.

Der enttäuschende Vorschlag der EU, die Emissionen um 30% zu senken, ohne jedoch eine gesetzliche Verpflichtung für den Umstieg auf Elektroautos festzulegen, ist daher keine große Überraschung. Dies geschah wohl auch auf Intervention von Sigmar Gabriel zum Schutz der deutschen Automobilindustrie.

Wer auch immer die neue Bundesregierung sein wird – die alte „GroKo“ oder die so genannte „Jamaika“-Koalition – es besteht wenig Hoffnung, dass Deutschland als Gastgeber der diesjährigen COP23 einen effektiven Beitrag zum Wandel leisten wird.

Mittlerweile hat die Bundesregierung auf ihrer offiziellen Website zur COP23 einen 100 Millionen Euro Fonds angekündigt, um „Entwicklungsländern bei der Anpassung an den Klimawandel zu helfen“. Mit anderen Worten: Wir werden weiterhin fossile Brennstoffe verbrennen, das Klima zerstören und Orte wie die Fidschi-Inseln ihrem Schicksal überlassen, aber wir werden dafür mit dem Geld unserer Steuerzahler bezahlen. Wahnsinn.

Die Politiker, die Deutschland in den nächsten vier Jahren regieren, werden nicht nur deutschen Bürgern, sondern auch den Menschen in aller Welt in die Augen sehen müssen. Einmal mehr wird klar, dass die Veränderung, die wir so dringend brauchen, nicht von oben kommen wird, sondern von uns, den Menschen auf diesem Planeten.

Text: Evelyn Rottengatter

Fotostrecke: Igor Pliner