Unmittelbar vor weiteren Verhandlungen zur Ausarbeitung einer internationalen, völkerrechtlich verbindlichen Vereinbarung zum Schutz der Menschenrechte in Wirtschafts- und Handelsabkommen, betont der Europaabgeordnete Helmut Scholz die Bedeutung eines solchen Übereinkommens: „Ein entsprechender Vertrag könnte die Respektierung von Menschenrechten, insbesondere durch internationale Konzerne entlang der gesamten Wertschöpfungskette deutlich verbessern“, betonte der LINKE-Politiker, der zu den Mit-Initiatoren eines Appells internationaler Parlamentarier*innen zur Unterstützung eines solchen Vorhabens gehört. In Genf hat am Montag die dritte Gesprächsrunde der zeitlich unbefristeten Arbeitsgruppe des UN-Menschenrechtsrates zur Erarbeitung des Vertrags begonnen.
Helmut Scholz weiter: „Die Bedeutung eines Vertragswerks, das menschenwürdige Arbeits- und Lebensbedingungen von der Rohstoffgewinnung bis zum fertigen Produkt gewährleistet, ist kaum zu überschätzen. Das der unter dem Vorsitz Ecuadors seit 2014 wirkenden Arbeitsgruppe erteilte Mandat (Resolution 26/9 des UN-Menschenrechtsrats), ein solches Abkommen auszuarbeiten und abzuschließen, ist uneingeschränkt unterstützenswert.“
Das Mitglied der UN-Arbeitsgruppe des Europäischen Parlaments und handelspolitischer Sprecher der EP-Linksfraktion GUE/NGL hatte selbst im Sommer die Region Lago Agrio in Ecuador besucht, wo Chevron-Texaco mit der ‚Entsorgung‘ giftiger Abwässer im Amazonas-Gebiet das größte Umweltverbrechen in der Geschichte des Landes begangen hat. Von den neun Milliarden Dollar Entschädigung, zu denen ein ecuadorianisches Gericht Chevron verurteilte, ist bis heute kein Cent geflossen.
„Wenn schwerste Menschenrechtsverletzungen und Umweltkriminalität straflos bleiben, ist dies gerade auch ein Ergebnis der mangelnden rechtlichen Regelung der internationalen Investitionen und des internationalen Handels“, betonte der Europaabgeordnete. „Und das Beispiel Ecuador zeigt auf dramatische Weise, wie dringlich eine solche internationale und bindende Übereinkunft ist.“
Bereits am Sonntag hatte ein konkret auf die parlamentarische Begleitung dieser Verhandlungen gerichtetes Treffen von Mitgliedern eines Welt-Parlamentarier*innen-Arbeitsforums, angeregt von der Linksfraktion im Europäischen Parlament (GUE/NGL), sowohl auf die Notwendigkeit eines Abkommens zur Berücksichtigung der Menschenrechte in Wirtschaftsverträgen aufmerksam gemacht als auch Schritte in diese Richtung aufgezeigt. Vorgestellt wurde der bis heute 248 Unterschriften verschiedener politischer Richtungen tragende Aufruf an Parlamentarier*innen weltweit, ein solches Instrument im Rahmen der Vereinten Nationen völkerrechtlich verbindlich zu regeln.
„Dies ist auch deshalb wichtig, weil sich gerade die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten, wie auch andere OECD-Staaten, derzeit nur sehr verhalten an diesem Prozess beteiligen und versuchen, insbesondere die besondere Verantwortung der großen, transnationalen Unternehmen durch eine Gleichsetzung mit lokalen Unternehmen kleinzureden.“
Hintergrund: Im Jahr 2014 hatte der UNO-Menschenrechtsrat eine unbefristete Regierungs-Arbeitsgruppe eingerichtet, die Vorschläge zur Verpflichtung von transnationalen Unternehmen, und anderen, auf die Einhaltung der Menschenrechte unterbreitet hat. In der Gruppe sind Vertreter verschiedener Staaten vertreten, die einen Sitz im Menschenrechtsrat haben. Die vom 23. bis 27.10. geplante 3. Arbeitstagung der Arbeitsgruppe wurde am Montag mit der Bestätigung Ecuadors Vorsitz / Berichterstattung eröffnet, konnte sich aber bislang durch die Intervention der EU noch nicht auf das Arbeitsprogramm der Tagung verständigen. Die Debatte dazu dauert an.