Heute, am 2. Oktober, dem internationalen Tag der Gewaltfreiheit, können wir mit Fug und Recht sagen, soeben Zeugen eines außergewöhnlichen Beispiels für Gewaltfreiheit in großem Umfang geworden zu sein: das Verhalten der katalanischen Bevölkerung gestern.
Angesichts der beschämenden Gewalt seitens der spanischen Polizeikräfte, die damit den Geist der Guardia Civil der Franco-Ära heraufbeschwörten, eine grundlose und in keinster Weise gerechtfertigte Gewalt unter dem Vorwand, die von der katalanischen Regierung einberufenen Wahlen seien illegal; angesichts der Arroganz einer Macht, die schon immer unfähig war, mit der Multikulturalität umzugehen, die die iberische Halbinsel seit Menschengedenken kennzeichnet; angesichts all dessen hat die katalanische Bevölkerung auf Gewalt nicht mit Gegengewalt reagiert, sondern mit Ruhe und Besonnenheit, mit Vernunft und Unerschütterlichkeit der eigenen Absichten: den Knüppeln setzten sie ihre Wahlzettel entgegen, den physischen Angriffen der Polizei ihren passiven Widerstand, der Irrationalität ihre Gelassenheit und dem Wahlverbot ihre Wahlbeteiligung.
Barcelona und ganz Katalonien sind somit eine klares Zeichen einer Neuen Welt, die im Kommen ist: eine Welt der indigenen Völker, die ihrer eigene Identität wiederfinden, eine Welt der Spanier aller Generationen, der Indignados („Empörten“; politische Bewegung in Spanien;), die in Versammlungen mit Sitzprotesten agieren, eine Welt der 99% der Occupy-Bewegung, eine Welt der Marschierenden des weltweiten Marsches für den Frieden und die Gewaltfreiheit, eine Welt der jungen Briten, die einen alten Mann wie Corbyn unterstützen, eine Welt der spirituellen Beschützer von Standing Rock und der dickköpfigen italienischen Gegner von MUOS (Satellitenkommunikationssystem der US Navy in Sizilien) und von TAV (umstrittene Hochgeschwindigkeitszug-Trasse zwischen Italien und Frankreich) und anderen irrsinnigen Megaprojekten, um nur die ersten zu nennen, die mir in den Sinn kommen. All diejenigen also, die wissen, dass die Gewaltfreiheit des beste und einzige Mittel ist, um die Zukunft zu schaffen, die man sich wünscht: es gilt, den Menschen ins Zentrum zu setzen, sich auf unbekanntes Terrain zu begeben und jede auf diesem Planeten existierende Vielfalt zu lieben und zu verstehen, anstatt sie zu diskriminieren, immer mit dem Blick fest auf die Zukunft gerichtet und aktiv jede Art von Gewalt zurückweisend.
Einmal mehr haben solidarisch denkende Menschen den Mächtigen gezeigt, dass diese nicht die Macht besitzen und sie nicht über unsere Zukunft bestimmen können, sondern dass die Zukunft von dem abhängt, was wir Menschen tun, von der Selbstbestimmung, von der Fähigkeit, anderen zu vertrauen, vom Dialog, der zu gegenseitigem Verständnis führt, und von der Kraft der Reflexion, die Versöhnung schafft und den Teufelskreis der Gewalt zu durchbrechen vermag.
Übersetzung aus dem Italienischen von Evelyn Rottengatter