Obwohl der Bundestag und die meisten anderen nationalen Parlamente in der EU noch nicht über CETA abgestimmt haben, tritt das umstrittene Freihandelsabkommen morgen größtenteils in Kraft. Der Vertrag zwischen der EU und Kanada wird vorläufig angewandt. Ausgenommen sind vor allem der Investitionsschutz und die Schiedsgerichte, mit denen Konzerne Staaten verklagen könnten.
„Mit diesem undemokratischen Durchpeitschen eines höchst umstrittenen Abkommens leisten EU-Kommission und Bundesregierung einer gefährlichen Politikverdrossenheit weiteren Vorschub“, warnt Attac-Handelsexperte Roland Süß. „CETA betrifft uns alle. Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger hierzulande lehnt es ab. Dennoch hat die EU-Kommission eine Beteiligung der Zivilgesellschaft durchgehend boykottiert und unter anderem die Europäische Bürgerinitiative gegen TTIP und CETA verhindert – unrechtmäßig, wie das Gericht der Europäischen Union festgestellt hat.“ *
Durch die weitere Marktöffnung wird CETA Auswirkungen auf viele Lebensbereiche der Bürgerinnen und Bürger haben. Demokratische Gestaltungsräume werden eingeschränkt. In der Landwirtschaft werden vor allem die Kleinbauern und Kleinbäuerinnen unter CETA leiden, weil sich der Preisdruck verschärfen wird. Die Agrarindustrie wird weiter wachsen, die bäuerliche Landwirtschaft aus der Region noch stärker zurückgehen.
Bundesregierung will Bundesrat von Ratifizierungsprozess ausschließen
Attac wird den Widerstand gegen CETA auch nach der Bundestagswahl fortsetzen. Um endgültig in Kraft zu treten, muss das gesamte Abkommen von den nationalen Parlamenten bestätigt werden. In Deutschland sind das der Bundestag und der Bundesrat. Allerdings spielt die jetzige Bundesregierung mit der Möglichkeit, dem Bundesrat die Zuständigkeit abzusprechen. „Wir werden weiter Druck machen und auf der Beteiligung des Bundesrates bestehen. Alles andere wäre ein weiterer gefährlicher Abbau demokratischer Rechte“, sagt Roland Süß. „Noch können wir CETA stoppen, noch ist es nicht ratifiziert. Und der harte Durchsetzungsmechanismus der Schiedsgerichte konnte bisher nicht in Kraft gesetzt werden – dank des breiten Widerstands der Zivilgesellschaft.“
*) Die EU-Kommission hatte 2014 die Zulassung der Europäischen Bürgerinitiative (EBI) gegen TTIP und CETA verweigert – unter anderem mit der Begründung, bei den Verhandlungen handle es sich um einen internen Vorbereitungsakt, der keine Wirkung auf die Bürgerinnen und Bürger habe. Im Mai dieses Jahres gab das Gericht der Europäischen Union (EuG) der Klage hunderter europäischer Organisationen statt und urteilte, dass die Nicht-Zulassung der EBI rechtswidrig war. Die von einem breiten Bündnis, dem auch Attac angehört, initiierte selbstorganisierte Europäische Bürgerinitiative (sEBI) haben mehr als 3,5 Millionen Menschen unterzeichnet.