Eugen Drewerman, Daniele Ganser und Ann Wright, drei hochkarätige Redner hielten in der zum Bersten vollen Versöhnungskirche am letzten Freitag in Kaiserslautern Reden zu den Themen Militarisierung, Drohnenkrieg und Mut zum Widerstand. Die Vorträge waren eloquent, argumentativ und gleichzeitig sehr emotional.
Die Friedensaktivistin und ehemalige Colonel der US-Army, Ann Wright machte den Anfang bei der im Rahmen der Stopp-Ramstein Protestwoche stattfindenden Abendveranstaltung. Sie musste per Video zugeschaltet werden, da sie ihrer von der Flut betroffenen Familie in Houston beistehen musste. Umso authentischer wirkte ihre kurze Rede auf das Publikum.
Sie erinnerte zu Beginn an die zahlreichen Opfer der aktuellen Naturgewalten, die zurzeit in Mittel- und Nordamerika wüten und bezeichnete sie treffend als ‚unnatürliche‘ Naturkatastrophen.
Von der Umweltzerstörung ist der Sprung zur Militarisierung nicht weit. „I have no good news at all“ fuhr Ann Wright darum fort und kritisierte die wachsenden Militärausgaben der Trump-Administration. Sie berichtete über die zunehmende Militarisierung der Außenpolitik und der Polizeikräfte in den Vereinigten Staaten und die Anstrengung andere Länder zu überzeugen, ihre Polizeikräfte ebenfalls zu militarisieren.
Sie versicherte, dass die amerikanische Friedensbewegung weiterhin für Abrüstung und Entmilitarisierung kämpfen werde, so wie sie es bereits unter Bush und Obama getan habe. Die USA sei aber ein kriegstreibendes Land, warnte sie.
Sie bedankte sich bei den Teilnehmern der Stopp Ramstein Kampagne für ihren Einsatz dafür diese Militärbasis zu schließen, wies aber gleichzeitig auf die 800 anderen US-Basen weltweit hin.
Unter tosendem Applaus wurde Eugen Drewermann, deutscher Theologe, Psychoanalytiker und Friedensaktivist empfangen, der klare Worte fand: „Sie gehören nicht auf deutschen Boden und wir sind nicht verpflichtet, diese US-Zentralen des Mordens weiter zu unterhalten!“
Das Thema Krieg und Frieden, Abrüstung und Deeskalation, Abbau der militärischen Präsenz global spiele trotz der aktuellen weltpolitischen Situation im Bundestagswahlkampf kaum eine Rolle. Er verglich die Friedensbewegung mit Kassandra, der trojanischen Königstochter, die von Apollon dazu verdammt wurde, Unheil vorauszusehen ohne jemals Gehör zu finden.
„Terror ist der Krieg der Schwachen. Aber Krieg ist der Terror der Starken. Krieg löst keine Probleme, es vermehrt die bestehenden Probleme.“, rief er den Menschen in der Versöhnungskirche mit lauter Stimme entgegen.
Er erinnerte an Michail Gorbatschows ehrlichgemeinte Angebot von 1989, Europa nach dem Zusammenbruch des Warschauer Paktes und der Auflösung der NATO, vom Ural bis zum Atlantik zu entmilitarisieren. Man stelle sich nur vor, wenn man die Rüstungsausgaben der letzten 25 Jahre zur Lösung der wirklichen Probleme dieser Welt eingesetzt hätte.
Daniele Ganser, Schweizer Historiker und Friedensforscher bildete den Abschluss des Abends und war ganz offensichtlich bewegt von den Worten seines Vorredners und scheute nicht ihn mit Goethe zu vergleichen.
Im ersten Teil seines Vortrags sprach Ganser über den US-Imperialismus und gratulierte der Friedensbewegung dafür sich dem völkerrechtswidrigen Einsatz von vom deutschen Boden startenden US-Drohnen, angenommen zu haben: „Drohnenkrieg ist Staatsterrorismus. Eine Drohne ist ein Killerroboter. Die Friedensbewegung im 21. Jahrhundert steht vor der Herausforderung Stellung zu Killerrobotern zu beziehen.“
„Die Kriegspropaganda funktioniert genauso wie von Goebbels beschrieben. Es kommt nicht darauf an, ob sie wahr ist, sondern dass sie auf allen Kanälen immer wieder wiederholt wird und dann glauben es die Leute. Die Friedensbewegung muss den Grundsatz immer wieder wiederholen, dass sie fest davon überzeugt ist und dazu gibt es empirische Belege, dass die größten Probleme im 21. Jahrhundert eben nicht mit Gewalt gelöst werden können.“ Das sei der Konsens in der Friedensbewegung: „Wir wollen keine Kriegspropaganda, wir wollen keine Folter, wir wollen keinen Überwachungsstaat, keine Milliarden für die Rüstungsindustrie, wir wollen diesen ganzen Wahnsinn nicht!
Im zweiten Teil versuchte Ganser anhand seiner persönlichen Erfahrungen zu erklären, wie man von der Angst zum Mut finden kann.
„Sie müssen ihre Ängste beobachten, wie eine Mutter oder Vater seine spielenden Kinder beobachtet. Wie wechsle ich von Angst zu Mut? Durch Achtsamkeit, indem ich auf meine Gedanken achte und vor allem nicht alles glaube was ich denke.“, erklärte der Wissenschaftler weiter.
„Ich bin viel in der Welt rumgekommen“, erzählte Ganser, „und nirgends habe ich Menschen getroffen, die man bombardieren sollte. Über die Medien erhält man aber das Gefühl und es kommt der Gedanke, dies sei notwendig. Wie kann die Kriegspropaganda ausgehebelt werden? Durch ein waches Bewusstsein.“
Er wies aber darauf hin, viele kritische Menschen würden sich alleine und isoliert fühlen. Es sei wichtig für diese Menschen da zu sein und ihnen zuzuhören. Er bat jeden in der Friedensbewegung ein offenes Ohr für diese Menschen zu haben.
Außerdem sei es wichtig einen langen Atem zu haben, sich nicht zu verausgaben, sondern gelassen und fröhlich zu bleiben. Er schloss mit den Worten: „Nur so haben sie langfristig Energie und langfristig Energie zu haben ist entscheidend für die Friedensbewegung.“
Die ganze Veranstaltung auf Video:
Hintergrund: Die amerikanische Militärbasis Ramstein ist der zentrale Drohneneinsatzpunkt dieser Erde. Kaum einer der Drohnen-Einsätze ist möglich ohne sie. 650 dort stationierte Mitarbeiter analysieren ständig die von Drohnen gelieferten Überwachungsdaten vermeintlicher Zielpersonen und leiten diese an die Einsatzzentrale weiter. Aktuell sind in Deutschland 155 Drohnen unter anderen in Ramstein stationiert, was einer Verdoppelung seit 2014 entspricht. Das Raketenabwehrsystem an der russischen Grenze in Polen, Rumänien und Bulgarien wird ebenfalls von Ramstein aus gesteuert. Ramstein ist der Einsatzpunkt aller in Europa gelagerten Atomwaffen, inklusive der in Deutschland stationierten amerikanischen Atombomben. Alle Luftwaffeneinsätze der US-Amerikaner in Europa, in Nordafrika, im Mittleren und Nahen Osten werden über Ramstein koordiniert, logistisch vorbereitet und durchgeführt. Es ist die Zentrale für den militärischen Interventionismus der Amerikaner schlechthin. Außerdem ist Ramstein auch noch ein Zentrum für die Bespitzelung und Überwachung in Deutschland.
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