Eine Revolution fand am 24. September 2017 in Deutschland nicht statt. Es war ein Sieg der Vorurteile über das mangelnde Wissen, die Zusammenhänge zwischen Geld und Politik zu durchschauen. Aber sie war auch ein Erfolg der bürgerlichen rechten Wahlstrategen. Sei es, wie es sei: Anderes Personal, zumindest in den unteren Rängen, lenkt nun für 4 Jahre die Geschicke im Parlament und in der Regierung. Unser Land braucht mutige Abgeordnete, die ihrem Gewissen und den Wünschen ihrer Wähler folgen. Das Gewissen der Partei- und Fraktionsvorstände unterliegt bekanntlich anderen Kriterien.
Mit der Wahl 2017 wurde die Grundstruktur der Kräfte nur scheinbar verschoben. Der konservative rechte bürgerliche Block der deutschen Gesellschaft, CDU/CSU und AfD änderte seine Zusammensetzung. Dennoch behielte er seine Macht mit 45,9 % der Stimmen gegenüber der Wahl 2013 mit 46,2 %. Die links von der Mitte stehende Gruppierung SPD, Linke und Grüne sortierte sich in kleineren Prozentbereichen um. Ihre Gesamtstärke verringerte sich mit der Wahl leicht auf 38,6 %. Die Wahl 2013 brachte 42,7 %.
Wie immer bei den Wahlen wurde viel versprochen. Nützliches und Unsinniges. Grundsätzliche Veränderungen des Systems können nach der Wahl nicht erwartet werden. Die Profitlogik des Kapitals wird weiterhin die soziale Landschaft bestimmen. Sein Chaospotential ist unverändert ein Unsicherheitsfaktor für den Frieden in der Welt. Das Tempo des Fortschritts wird zum Ärger aller von der Gesetzes- und Regierungsbürokratie gebremst. Besonders, wenn im Parlament Verbesserungen in Sozialbereichen zur Debatte stehen. Das Wahlvolk hofft jetzt auf viele Gesetzesinitiativen, damit die Wahlversprechungen real werden. Vor der Wahl tönte es via Medien und von den Wahlplakaten:
- Arbeit für alle
- Kinderrechte und bessere Schulbedingungen
- Mieten müssen gedeckelt werden
- Verteilungsgerechtigkeit
- Renten für ein würdiges Leben
- Hartz IV weg
und vieles, vieles mehr.
Was nach den kommenden 4 Jahren in Gesetzen und Anordnungen zufriedenstellend für die Wähler geregelt wird, bleibt ungewiss. Hoffnungen sollten nicht zu hoch angesetzt werden, obwohl die herrschenden Parteien Politikänderungen versprochen haben.
Die nächsten Regierungsjahre werden sicher nicht davon geprägt sein, dass das Primat für Entscheidungen vom Finanzkapital der Wirtschaft in die Hände der Politik gelangt. Die führende Politikergeneration in den Vorständen der Fraktionen wird in den kommenden Jahren sicher vergessen, das totale Verbot des Lobbysystems auf ihre Gesetzgebungsagenda zu setzen. Darauf kann gewettet werden.
Das chaosschwangere Kapital wird weiter kräftig am Volksvermögen saugen. Stichworte werden weiterhin sein: Die große Pharmaindustrie, ÖPP, Rüstungsbetriebe, Investoren im Umkreis der Staatsschuldenverwaltung Deutschlands mit seinen etwa 4 Billionen Euro Schulden und viele nicht genannte Großunternehmen, die den Staat in Abhängigkeit halten oder in Geißelhaft genommen haben. Der Bankrott der Großen könnte einen sozialen Tsunami auslösen, lauten ihre Argumente.
Trotz vieler kritischer Bedenken, braucht unser Land Unternehmer in den Chefetagen und als Aufsichtsräte, die ihre Unternehmen ohne Manipulationen und Betrug steuern. Vernunftbegabte Führungskräfte der Wirtschaft, die den Wirtschaftskreislauf ihrer Betriebe im normalen Kosten- und Gewinnrahmen, sowie mit erforderlichen Investitionen und staatlichen Förderungen für Innovationen voranbringen. Sie sind für ein stabiles Land unverzichtbar. Die Führungskräfte, die mit Spekulationen und Betrug arbeiten und ihre Privatkonten in Panama etc. eingerichtet haben, müssen die Gesetzesgrenzen deutlich spüren. Dabei sollte der Wähler nicht vergessen, dass die Abgeordneten die Grenzen ziehen sollten.
Die Vernunft und ihre Tochter, die Wahrheit, irren ungeliebt von den Mächtigen noch im Nebel des gesellschaftlichen Umfeldes, würde Francois Marie Voltaire sein Urteil fällen. Ein anderer Denker, der 2015 verstorbene Arno Klönne (Politikwissenschaftler und ehemaliger Mitherausgeber der Zeitschrift Ossietsky), würde sinnieren: Die SPD hat an Wählergunst verloren. Sie ist sich ihrer selbstgewählten Rolle seit 1914 treu geblieben und sie hat ihre Affinität zum Kapitalsystem wiederholt bewiesen. Die Rede von Martin Schulz, 2 Tage vor der Wahl auf dem Berliner Gendarmenmarkt, kam viel zu spät. Die Führungscrew der SPD ist nicht erst seit Schröders Agenda IV Politik auf die gezinkten Karten des Finanzkapitals hereingefallen. Die pseudoalternative AfD stärkt das bestehende System und kanalisiert nationalpopulistisch die Unzufriedenheit der Wähler.
Die Linke beschreitet am Vorabend des großen Marx-Jubiläums beharrlich den vorgezeichneten Weg der sozialen Gerechtigkeit, oftmals im Streit um den besseren Detailvorschlag. Es schadet womöglich der Demokratie mehr als es bringt, dass sich 24 Parteien um Sitze im 19. Bundestag beworben haben. Zumal unter den Bedingungen einer 5 % Klausel und der realen meinungsbildenden Macht der Medien mit ihren Allergien gegen alles Linke.
So hofft nun der Wähler, dass die Digitalisierung mehr Segen in Form der höheren Arbeitsproduktivität als Sorgen um schlechtbezahlte Arbeitsplätze bringt.
Nach der Wahl 2013 verhandelte die Große Koalition 3 Monate bis das Regierungsprogramm stand und die Ministerposten verteilt waren. Die Ankündigung der SPD an Wahlabend in die Opposition zu gehen und nach den Aussagen der CDU, nicht mit der AfD koalieren zu wollen, wird eine neue Regierungsbildung sicher längere Zeit erfordern. Doch keine Angst, die GROKO und ihre Beamten machen zwischenzeitlich mit reduziertem Eifer weiter.