Die Notwendigkeit, möglichst bald diplomatische Initiativen zu ergreifen, um die entsprechenden Konflikte zu entschärfen ist groß. Am ehesten geeignet für diese dringende Aufgabe wären Initiativen der Europäischen Union.
Zur aktuellen Situation in Syrien
Anfang Juni 2017 kam es zu einer Vereinbarung zwischen Russland, den USA und Jordanien über eine Sicherheitszone im Grenzgebiete zwischen Syrien, Jordanien und Israel.
Beim G 20-Gipfel in Hamburg einigten sich die USA und Russland auf einen Waffenstillstand für den Südwesten Syriens, an dem neben Jordanien und Israel auch ein Teil der syrischen bewaffneten Opposition der Südfront beteiligt gewesen sein soll.
Dieser Waffenstillstand für die Provinzen um Daraa, Qunaitra und Suweida trat offiziell am 9. Juli 2017 in Kraft, in den letzten Tagen erweitert um die Region Homs.
Die Vereinbarung der USA, Russlands und Jordaniens zielt ab auf einen Waffenstillstand entlang der bestehenden Frontlinien zwischen der Regierung Assad und ihren Verbündeten einerseits und der bewaffneten Opposition andererseits.
Wichtig ist nun, humanitäre Hilfe in diese Gebiete zu bringen, Flüchtlinge und Verletzte sowohl in Syrien und auch in den Nachbarländern Libanon, Türkei, Jordanien und Irak besser als bisher zu versorgen.
Die siebte Runde der Genfer Gespräche endete am 14. Juli ohne Annäherung der Standpunkte der verfeindeten Parteien.
Der französische Präsident Emmanuel Macron sagte, er werde eine Absetzung von Präsident Baschar al-Assad nicht mehr zur Vorbedingung einer Lösung des Konflikts machen, was von Oppositionskräften kritisiert wurde.
Erstmals seit Verhandlungsbeginn vor 18 Monaten nahm der UNO-Vermittler Staffan de Mistura eine öffentliche Schuldzuweisung für das Scheitern seiner Bemühungen vor. Die Delegation von Präsident Baschar al-Assad habe keinerlei Bereitschaft erkennen lassen, über die Bildung einer Übergangsregierung zu verhandeln. Staffan de Mistura kündigte eine neue Verhandlungsrunde für September 2017 an.
Nach der endgültigen Niederlage der Rebellen in Aleppo ließ US-Präsident Donald Trump verlauten, dass die USA ihre militärische Unterstützung für Rebellengruppen beenden werden.
Die Einstellung aller Rüstungsexporte in die Region wäre ein wichtiger Beitrag zur Deeskalation. Dazu zählt der Verzicht einer Waffenfabrik aus Deutschland an die Türkei ebenso wie die Beendigung des deutschen Syrien-Einsatzes. Hier kann gegen die Lieferung einer Waffenfabrik an die Türkei unterzeichnet werden.
Zu weiteren Konflikten in der Region
Der Machtkampf insbesondere zwischen Saudi-Arabien und Iran um die Vorherrschaft in der Region wird vermutlich weiter gehen – sowohl in Syrien wie auch in Jemen und Irak. Das ganze Ausmaß der Leides der Zivilbevölkerung nach der Rückeroberung von Mossul aus den Händen des sogenannten Islamischen Staates wird erst nach und nach deutlich.
In Jemen zeichnet sich gerade eine der schlimmsten humanitären Katastrophen der Neuzeit ab – kaum wahrgenommen im Schatten des Syrienkrieges.
Aus der Türkei wurden inzwischen die zur Luftaufklärung über Syrien eingesetzten Tornados abgezogen, die letzte Maschine landete vor wenigen Tagen in Büchel. Erst, wenn vermutlich im Herbst in Jordanien die entsprechende Infrastruktur aufgebaut sein wird, sollen die Tornados im Oktober auf ihre neue Basis geflogen werden.
Von Anfang an war klar, dass diese Tornados keinerlei substantiellen Beitrag zur eh schon vorhandenen Luftaufklärung leisten und eine teure Solidaritätsadresse an Frankreich nach den Terroranschlägen von Paris darstellen. Es wäre ein Akt der Vernunft, dass die deutschen Tornados nicht nach Jordanien geflogen werden, sondern in Deutschland verbleiben – und die Infrastrukturaufbauarbeiten vor Ort gestoppt werden.
In Jordanien hat nach einem Streit ein israelischer Wachmann in der israelischen Botschaft zwei jordanische Staatsbürger getötet, was zu erheblichen Spannungen zwischen Israel und Jordanien geführt hat.
In Jerusalem töteten am 14. Juli Palästinenser zwei israelische Soldaten, woraufhin die israelische Regierung verstärkte Kontrollen des Zugangs zum Felsendom und zur Al Aksa-Moschee anordnete. In den letzten Wochen kam es zur Eskalation mit vielen getöteten und verletzten Palästinenserinnen und Palästinensern, die vorübergehend nicht mehr zu ihren Heiligtümern zugelassen wurden.
Eine dritte Intifada, ein Aufstand der palästinensischen Bevölkerung, drohte daraufhin im 50. Jahrestag der Besatzung in eine nicht mehr zu kontrollierende Eskalation auszuufern, bevor sich die Situation durch den Abbau neuer Überwachungsanlagen wieder etwas entspannte.
In Israel wird es nach mehreren Korruptionsvorwürfen – u.a. wegen eines U-Boot-Geschäftes mit Deutschland – für Präsident Benjamin Netanyahu, immer enger. Bei steigendem persönlichen Druck auf ihn besteht die Gefahr, dass er durch „Stärke“ Ablenkung suchen wird. Es ist ein gutes Zeichen, dass die Bundesregierung dieses unter skandalösen Umständen zustande gekommene Geschäft inzwischen auf Eis gelegt hat.
Clemens Ronnefeldt
Referent für Friedensfragen beim deutschen Zweig des internationalen Versöhnungsbundes