„Wir werden nicht ruhen, bis…“ ist der neue Hashtag, der die Kampagne von Efpia begleitet, mit dem Ziel, ein engagiertes und moralisches Profil der pharmazeutischen Industrie zu fördern. Aber wer oder was ist Efpia? Die European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations, kurz EFPIA, ist der europäischer Dachverband, der nationalen Verbände forschender Pharmaunternehmen sowie einzelner Pharmaunternehmen repräsentiert. Seine Aufgabe ist klar definiert: er soll die Stimme der 1.900 Unternehmen auf dem europäischen Markt sein, die – nach eigenen Worten auf ihrer Webseite – „sich es zur Aufgabe gemacht haben, zu forschen, zu entwickeln und Patienten neue Medikamente zu liefern, die die Gesundheit und die Lebensqualität auf der ganzen Welt verbessern“. Demgegenüber stehen Aussagen der Vertreter der Pharmaindustrie, Pharmaunternehmen seien gewinnorientiert und keine Wohltätigkeitsorganisationen. Sie haben Aktionäre, die Profite erzielen wollen und daher hohe Erwartungen an die Unternehmen stellen. Natürlich arbeite sie im sensiblen Gesundheitsbereich, aber sie haben viele Angestellte, die bezahlt werden müssen und Forschung, die viel Zeit und Geld kostet, obwohl Daten belegen, das letztere nicht einfach verfügbar ist. Global gesehen, mit Sicherheit jedoch auf europäischer Ebene, auf der sie durch Regierungspolitik unterstützt werden, ist es die Pharmaindustrie, die die Regeln in diesem Sektor aufstellt. Man könnte auch sagen, Efpia ist eine erfolgreiche Gewerkschaft.
Die Dinge werden jedoch interessant, wenn dieser „Leuchtturm“ der Pharmaindustrie (Efpia) ein anderes Profil annimmt, als das, was wir alle mehr oder weniger kennen. Abgesehen vom weitgehend implementierten Konzept der Corporate Social Responsibility (CSR; „Unternehmerische soziale Verantwortung; Anm.d.Übers.), fördert er nun Kampagnen unter Verwendung verheißungsvoller Hashtags wie #WeWontRest („Wir werden nicht ruhen“). Der Pharmasektor scheint ein moralisches Gewissen zu entwickeln.
„Wir werden nicht ruhen, bis alle portugiesischen Bürger Zugang zu Gesundheitsinnovationen haben“, sagt der portugiesische Vorsitzende von APIFARMA (portugiesische Vereinigung der Pharmaindustrie; Anm.d.Übers.), eine Aussage, die man eher vom portugiesischen Gesundheitsminister erwarten würde. „Wir werden nicht ruhen, bis wir ein Heilmittel für alle Arten von Krebs gefunden haben“, sagt der Schweizer Pharmakonzern JANSSEN.
Aktionärsgier verträgt sich nicht gut mit globalem Zugang zu Innovationen in Gesundheitssystemen, die unter wirtschaftlichen Krisen leiden. Sich auf die Entwicklung von äußerst teuren Medikamenten für Krebs im Endstadium zu konzentrieren, hilft auch nicht wirklich weiter. Ebenso wenig tut dies der Missbrauch eines 20 Jahre alten Patents, indem man ein Molekül leicht verändert und dann das Medikament als „Innovation“ präsentiert, um die Konkurrenz mit Generika zu umgehen. Sicherlich wird der Zugang zu Medikamenten nicht gerade erleichtert, wenn die EU und ihre Kommission die Rhetorik der Pharmaindustrie übernehmen, Preisverhandlungen hinter verschlossenen Türen stattfinden und Gesetze erlassen werden, die den Interessen der Pharmaindustrie nutzen. Genau hier liegt die Verantwortung der Mitgliedsstaaten, trotz ihres kürzlich erwachten Gewissens, das sie nun zu gemeinsamen Verhandlungen für niedrigere Preise bewegt – gezwungen durch Notwendigkeit.
Verstört durch die Efpia-Kampgane, einen moralischen Deckmantel für ihre 1.900 Mitgliedsunternehmen zu schaffen, entstand eine interessante Fake-Gegenkampagne mit dem Namen Profit-based pharmaceutical industry in Europe, kurz PBPIEurope („profit-orientierte pharmazeutische Industrie in Europa“). Ihr Twitter Profil lautet: „Nachhaltige Märkte für ein Profit-orientiertes Gesundheitswesen in Europa schaffen“, mit dem sie die Efpia-Kampagne geschickt umdrehen und entlarven.
Hier einige Beispiele ihres kreativen Aktivismus, mehr gibt es unter: twitter.com/PBPIEurope