Heute geleakte Verhandlungsdokumente geben erstmals Einblick in das seit 2013 völlig geheim verhandelte Handels-und Investitionsabkommen zwischen der EU und Japan (hier JEFTA). Die Dokumente zeigen, dass es sich dabei in weiten Teilen um einen TTIP-Zwilling handelt.
„Das Abkommen zwischen der EU und Japan enthält Sonderklagerechte für Konzerne und räumt Konzernlobbyisten direkten Einfluss auf geplante Gesetze ein. Wie TTIP und CETA gefährdet es Regulierungen im öffentlichen Interesse, beschneidet die Rechte von Parlamenten sowie Bürgerinnen und Bürgern und höhlt die Demokratie aus. Damit wird klar: EU-Kommission und Regierungen behaupten zwar, aus dem Protest gegen TTIP und CETA gelernt zu haben. Doch egal, mit wem sie neue Handelsverträge aushandeln – es dominiert stets die gleiche Konzernagenda“, sagt Roland Süß vom Attac-Koordinierungskreis.
Attac fordert die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass der EU-Kommission das (weiterhin geheime) Mandat für die Verhandlungen mit Japan entzogen wird.
Protektionismus für Konzernprofite
Wie bei TTIP geplant und in CETA festgeschrieben, sollen auch mit JEFTA Konzerne abseits des demokratischen Rechtsstaates auf Entschädigung klagen können, wenn sie ihre Profitmöglichkeiten durch neue Gesetze im öffentlichen Interesse geschmälert sehen.(1) Die Grundlage dafür bieten auch in JEFTA schwammige Formulierungen wie „gerechte und billige Behandlung“ oder „legitime Erwartungen“. Prozesse auf dieser Basis haben bereits weltweit zu Milliardenzahlungen von Staaten an Konzerne geführt. Das staatliche „right to regulate“ wird dabei nicht garantiert. Denn Schiedsrichter_innen können sich stets darauf berufen, dass ihre Urteile technisch gesehen nur „Entschädigungen“, aber keine Änderung der Gesetze verlangen. Wenn es zu keiner Verurteilung kommt, sondern sich Staat und Konzern einigen, enthält diese Einigung oft die Rücknahme oder Abschwächung des angegriffenen Gesetzes. Zudem können schon Androhungen von Klagen Regierungen davon abhalten, Gesetze im Allgemeininteresse zu beschließen.
Eine derartige Sonderjustiz für Konzerne ist grundsätzlich unnötig und gefährlich. „Zweck der Sonderklagerechte ist es, Konzernen die Möglichkeit zu geben, sich gegen demokratische Regulierungen abzuschotten. Die Klagerechte sind daher nichts anderes als Protektionismus für Konzernprofite“, erklärt Roland Süß.
Regulatorische Kooperation: Erst die Lobbyisten, dann die Parlamente
Wie TTIP und CETA beinhaltet auch das EU-Japan-Abkommen die sogenannte Regulatorische Kooperation. Sie hat zum Ziel, jede geplante Regulierung dahin zu überprüfen, inwieweit sie den Handel beschränkt. Dazu wird ein Gremium (Regulatory Cooperation Committee, RCC) gegründet, über das Konzernvertreter vorab über geplante Regulierungen informiert werden und ihre Meinung dazu abgeben können. Japanische und europäische Konzernlobbys bekommen somit direkten Einfluss auf geplante EU-Gesetze – und das noch bevor, diese überhaupt den Regierungen oder dem EU-Parlament vorgelegt werden. Erfahrungen mit NAFTA zeigen, dass diese neuen Einflussmöglichkeiten für Konzerne eine Barriere für besseren Verbraucherschutz und gemeinwohlorientierte Gesetze darstellen. (2)
Handels- und Investitionspolitik demokratisieren
Wir fordern, dass künftig alle Parlamente – jene der Mitgliedsländer und das EU-Parlament – bereits bei der Ausarbeitung von Verhandlungsmandaten einbezogen werden. Verhandlungen selbst müssen nicht nur transparent sondern mit parlamentarischer und zivilgesellschaftlicher Beteiligung geführt werden. Fehlentwicklungen müssen bereits während des Verhandlungsprozesses korrigiert werden können. Dies würde auch dem immer größer werdenden Einfluss von Konzernen auf die Politik entgegenwirken.
Viele der Mandate der derzeit 46 in Verhandlung befindlichen EU-Abkommen sind geheim, die Verhandlungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Abkommen enthalten oft Sonderklagerechte für Konzerne.
(1) Offen ist laut Verhandlungsdokumenten noch in welchem institutionellen Rahmen künftige Konzernklagen gegen Staaten verhandelt werden. In jedem Fall werden damit aber legitime Allgemeininteressen den Profitinteressen von InvestorInnen untergeordnet: Eine richterliche Unabhängigkeit ist nicht gewährleistet.