Das Israelische Komitee gegen Häuserzerstörung (Israeli Committee Against House Demolitions, ICAHD) ist eine israelische Bürgerrechtsgruppe in Jerusalem, die sich für die Rechte von Palästinensern in den besetzten Der ständige Abriss palästinensischer Häuser ist Teil der Strategie des israelischen Kolonialismus und die Fortsetzung der Nabka von 1948 und muss dringend eingestellt werden. Das ICADH widersetzt sich den Hauszerstörungen durch den israelischen Staat, weil sie gegen die grundlegenden Menschenrechte der Palästinenser verstoßen. Den Palästinensern werden ihre eigenen Häuser in ihrer Heimat entzogen. Und dagegen müssen wir unsere Stimme erheben. Wir müssen unsere Stimme gegen die israelische Besatzung und gegen die Hausabrisse erheben. Denn sie sind ein grundlegender Aspekt dieser kolonialistischen Besatzung palästinensischen Landes. Chakra nahm sich die Zeit unsere Fragen zu beantworten.
Wie hat die Zivilgesellschaft bisher auf Ihre Initiativen reagiert?
Die israelische Zivilgesellschaft hat die palästinensische Frage weißgewaschen. Es gibt praktisch in Israel gar kein Problem mit den Palästinensern. Der Status Quo ist für die israelischen Juden so in Ordnung. Die politische und Sicherheitslage ist ruhig. Bald tritt Trump sein Amt an. Der Siedlungsbau stört trotz der UN-Abstimmung weiterhin niemanden. Die Wirtschaft ist gut auf (das gilt natürlich nur für die neoliberale Wirtschaften, denn wen interessieren schon die Armen?). Die Palästinenser sind in ihre kleinen Inseln der Gebiete A, B und in den Gazastreifen zurückgedrängt worden. Aus der Sicht Israels sind sie praktisch „verschwunden“. Deshalb konzentriert sich ICAHD auf die internationale Zivilgesellschaft, für die Palästina nach wie vor ein wichtiges Thema ist.
Welche sind die effektivsten Strategien, um Toleranz und demokratische Werte unter den verschiedenen Gemeinschaften zu fördern?
Toleranz und demokratische Werte zwischen den Gemeinschaften können nicht ohne eine politische und wirtschaftliche Situation funktionieren, die gleiche Rechte für alle gewährleistet. Die Versuche eines „Dialogs“ zwischen Gruppen oder Programme “Toleranz lehren” oder “interkulturelles Verständnis unterstützen” funktionieren erst, wenn die Machtverhältnisse angegangen werden. Das Problem ist nicht ein Mangel an Toleranz und das Fehlen an demokratischen Werten. Es ist die Ungleichheit, die herrscht, die eine Gruppe im Verhältnis zur anderen diskriminiert und Hass und Angst hervorruft, um Macht über die Anderen auszuüben. In erster Linie braucht es soziale, politische und ökonomische Rechte. Diese sind aber in Israel schwierig zu finden, weil der israelische Staat auf der jüdischen Herrschaft und politischen Exklusivität aufgebaut ist. Und der nächste Schritt wäre dann der Prozess der Versöhnung und des Zusammenlebens, in dem jeder seine authentischen Narrative haben und sein Leben in echter Gleichheit gestalten kann.
Wie fördern Sie das Bewusstsein für die Fragen und Rechte von Palästinensern in Israel?
Wie ich schon sagte, tun wir in der israelischen Gesellschaft nicht viel. Unsere Ansicht ist, dass Frieden nicht aus Israel kommen wird, dass israelische Juden keine Motivation haben, einen gerechten Frieden zu suchen und, dass die Linken in Israel, genauso wie die Palästinenser, keinen politischen Einfluss haben. Auch hier glauben wir, dass Probleme der Toleranz und des Zusammenlebens nur unter Bedingungen der politischen Gleichheit funktionieren werden, wenn Rassismus und Diskriminierung ihren Sinn verloren haben.
Das Problem sind nicht der Rassismus und die Intoleranz, sondern die strukturelle Ungleichheit, in der Rassismus und Intoleranz eine nützliche Rolle bei der Beibehaltung der Herrschaft bestimmter Gruppen über andere spielen. Es ist ein politisches und wirtschaftliches Problem – das Ergebnis der Ungleichheit – nicht ein Problem der Werte.
Auf welche Hauptbereiche fokussieren Ihre Tätigkeiten und wie ist die aktuelle Situation in diesen Bereichen?
Aus unserer Sicht gibt es nur einen Punkt auf der Tagesordnung: die Lösung des israelisch-palästinensischen Konflikts (oder besser gesagt des israelischen Kolonialismus), eine absolute Bedingung, die zu Beginn gewährleistet sein muss, um hier in der Region ein normales Leben führen zu können. Dazu müssen wir die internationale Zivilgesellschaft und die Regierungen mobilisieren, was uns bisher gemeinsam mit unseren Partnern in Israel, Palästina und im Ausland sehr gut gelungen ist. Aber dann müssen wir ihnen die Führung überlassen. Denn diese können wir ihnen nicht abnehmen. Wir können Palästina nicht vom Ausland aus befreien. Der Kampf – und die Lösung, das Endspiel – müssen von den Palästinensern, unterstützt von den Israelis, kommen. Unsere Hauptaufgabe besteht deshalb darin, uns mit unseren palästinensischen Partnern zusammenzusetzen, ein politisches Programm und ein Endspiel zu gestalten. Dann können wir die verschiedenen Arten der Mobilisierung, die uns heute zur Verfügung stehen (und vor allem die BDS-Bewegung), in eine proaktive und wirksame Kraft für die tatsächliche Lösung des Konflikts verwandeln.
Wie arbeiten Sie mit dem Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen zusammen und welche sind die effektivsten Wege, damit Menschen aus der ganzen Welt Sie unterstützen können?
Wir nutzen unseren Status als Partner des Wirtschafts- und Sozialrates der Vereinten Nationen, um Positionspapiere in Genf vorzuschlagen und gemeinsame Präsentationen mit unseren palästinensischen Partnern durchzuführen. Aber die Vereinten Nationen sind sehr begrenzt und nicht das beste Forum für eine echte politische Arbeit. So haben wir direkte Kontakte zu Organisationen der Zivilgesellschaft – und einigen Regierungsbeamten – im Ausland hergestellt. Wir mobilisieren und informieren sie durch Sprachreisen, die Veröffentlichung von Büchern, Artikeln, Landkarten, Filmen und Informationsmaterialien, konkrete Touren in den besetzten palästinensischen Gebieten, gemeinsame Kampagnen mit den Filialen des ICAHD im Ausland und viele andere, die Teilnahme am Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen und an internationalen Konferenzen und auf anderen Wegen, um unsere kritische Analyse voranzutreiben und die Grundlage für den Frieden zu schaffen.
Menschen auf der ganzen Welt unterstützen uns (mit „uns“ meine ich das ICAHD, das sich aus kritischen Israelis und Palästinensern zusammensetzt). Das Problem ist, dass wir ein politisches Programm für diese Menschen brauchen, um sie über den unbestimmten Slogan „End the Occupation“ hinaus zu unterstützen. (In der Tat ist die Besatzung bereits beendet. Israel hat das Westjordanland und Ost-Jerusalem irreversibel integriert, einen Apartheidstaat errichtet und der Zwei-Staaten-Lösung ein Ende bereitet). Unserer Meinung nach müssen wir uns auf ein Programm einstellen, das darauf basiert, den derzeitigen Apartheidstaat in einen biregionalen, demokratischen Staat gleicher kollektiver und individueller Rechte für alle zu verwandeln. Unser Slogan lautet: BDS für einen binationalen, demokratischen Staat.
Von Denise Nanni und Milena Rampoldi für ProMosaik
Deutsche Übersetzung von Beyza Ünver.