Beobachtet und berichtet von Peter Vlatten
Vor der Demo war Kundgebung und nach der Demo war Kundgebung. Auftakt und auch Endtakt mit ausdrucksstarken Schweigeminuten fanden hinter der Brücke am Kottbusser Damm zwischen dem berüchtigten Kottbusser Tor und der U-Bahn Haltestelle Schönleinstraße statt. Dazwischen glitten die TeilnehmerInnen beinahe lautlos durch den Landwehrkanal am Maybachufer entlang und wieder zurück. Der Demonstrationszug bewegte sich in besonderer Weise friedlich und diszipliniert, aber in einer für die gesellschaftlichen Eliten beeindruckenden geschlossenen, nachhaltigen Formation, wie man es traditioneller Weise von der organisierten Arbeiterschaft kennt.
Um was es ging, war nicht genau zu ermitteln. Experten vermuten, dass es sich wegen der vielen weißen Federn und Flaggen, des leichten Dahingleitens, des beredten Schweigens ohne mobbendes Gegröle mit höchster Wahrscheinlichkeit um das Eintreten für Offenheit, Toleranz und Frieden in der Gesellschaft handeln muss. Hoffnungsvoll auch die hohe Teilnahme von Jungtieren, an der kleineren Statur und dem grauen Gefieder erkennbar. Ob sich dieses Gefieder in das Weiß der Eltern verwandeln wird oder ein Schwarzer Block daraus in Kreuzberg entsteht, wird sich anhand der weiteren gesellschaftlichen Entwicklung und Polarisierung in naher Zukunft entscheiden. Polizei war weit und breit nicht zu sehen. Auch Undercover V-Männer dürften sich aus Mangel an gefiedertem Personal noch nicht unter die Demonstranten gemischt haben.
Auf alle Fälle können wir als Fazit ziehen: Wenn schon die Schwäne in Berlin-Kreuzberg zu demonstrieren beginnen, kann das uns alle für 2017 nur hoffen lassen.
Es ist ein ermutigendes Signal, dass sich mehr und mehr Lebewesen und gesellschaftliche Gruppen dem Protest gegen die Entsolidarisierung, gegen Diskriminierung und für Toleranz und Frieden anzuschließen beginnen. Rassisten, Nationalisten, Populisten und Marktradikale dürfen nicht die Oberhand gewinnen. Werden sie auch nicht. Wenn wir nur alle daran aktiv arbeiten, die tatsächlichen Ursachen anzugehen.