Es ist ein Moment, bei dem man Gänsehaut bekommt: Wesley Clark Jr., der mit Tausenden von Veteranen die Proteste gegen den Bau der Dakota Access Pipeline unterstützt, bittet die Natives um Vergebung für all das Leid und Elend, das die Lakota Nation unter weißer Herrschaft erdulden musste. Seine Entschuldigung richtete Clark an Leonard Crow Dog, den spirituellen Anführer der indianischen Widerstandsbewegung American Indian Movement.

„We fought you. We took your land. We signed treaties that we broke. We stole minerals from your sacred hills. We blasted the faces of our presidents onto your sacred mountain … We didn’t respect you, we polluted your Earth, we’ve hurt you in so many ways but we’ve come to say that we are sorry. We are at your service and we beg for your forgiveness.“ Wesley Clark Jr.


Leider kommt die Entschuldigung nicht von offizieller Stelle. Dabei war es die US-Regierung, die in der Epoche der Besiedelung Nordamerikas Verträge mit den Indianern gebrochen und die Lakota aus ihren angestammten Siedlungsgebieten vertrieben hat.

Die USA des Genozids zu bezichtigen, würde zu weit führen, weil es nicht bewiesen ist, ob von offizieller Stelle die klare Absicht bestanden hat, das gesamte Volk der Lakota auszulöschen. Die Verbrechen, die man an ihnen verübt hat, haben ihnen allerdings immensen Schaden zugefügt und sie beinahe vernichtet.

Regierungen anderer Länder haben vorgemacht, wie Aussöhnung und Vergebung funktionieren können. Kanada tat es am 11. Juni 2008, als sich Ministerpräsident Stephen Harper im Namen der Regierung und aller Kanadier für Verbrechen an den Ureinwohnern entschuldigte.

Die Nachkommen der Inuit und der Metis leiden bis heute an den Folgen des um 1870 beschlossenen rassistischen Programms zur aggressiven Assimilierung der Indianer.

2008 entschuldigte sich der damalige australische Premierminister Kevin Rudd bei den Aborigines, insbesondere für die Verschleppung von indigenen Kindern. Für die USA wäre es ebenfalls an der Zeit sich umfassend zu entschuldigen.

Auch die Europäer täten gut daran, für die Verbrechen der ehemaligen Kolonialmächte an den Völkern in Afrika, Asien und Südamerika, sich zu entschuldigen und um Vergebung zu bitten.

Leider wird es eine Utopie bleiben. Denn dafür müsste sich bei vielen die Gesinnung, einer höher stehenden Ethnie anzugehören, radikal ändern.

Die Manie, westliche Maßstäbe in all diese Länder mit allen Mitteln hineinzupressen und die dort lebenden Menschen danach zu bewerten oder gar verurteilen zu wollen, müsste ebenfalls aus den Köpfen verschwinden.

In diesem Zusammenhang fällt mir ein Satz von José Mujíca, dem ehemaligen Präsidenten Uruguays ein:

„Toleranz ist wertlos unter Gleichdenkenden, sie wird erst wertvoll und hat einen Sinn, wenn sie an Andersdenkenden geübt wird.

Von Jairo Gomez für Neue Debatte

Seit 1967 lebt der im spanischen Granada geborene Bernardo Jairo Gomez Garcia in Deutschland. Schon vor seinen Ausbildungen zum Trockenbaumonteur und Kfz-Lackierer entdeckte Gomez seine Leidenschaft für die Kunst. Er studierte an einer privaten Kunsthochschule Airbrushdesign und wechselte aus der Fabrikhalle ans Lehrerpult. 14 Jahre war Gomez als Spanischlehrer in der Erwachsenenbildung tätig. Seine Interessen gelten der Politik, Geschichte, Literatur und Malerei. Für Neue Debatte schreibt Jairo Gomez über die politischen Entwicklungen in Spanien und Lateinamerika und wirft einen kritischen Blick auf die gesellschaftlichen Veränderungen in Deutschland und Europa.

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