Die Zentralbanken Schwedens und Dänemarks erkennen den gesellschaftlichen Bedarf nach elektronischem Geld, das ebenso sicher ist wie Bargeld. Deshalb diskutieren die beiden Notenbanken öffentlich, wie sie elektronisches Zentralbankengeld für die Bevölkerung in Umlauf bringen können. In Teilen Skandinaviens denkt man somit ernsthaft über einen ersten Schritt hin zu einem Vollgeld-System nach.
Cecilia Skingsley, Vizepräsidentin der schwedischen Zentralbank, hält es für problematisch, dass der Zugang der Bevölkerung zu Bargeld durch den Markt bestimmt und zunehmend erschwert wird.[1] Denn Bargeld habe wichtige Eigenschaften, die dem elektronischen Geld auf den Konten fehle: Bargeld ist die einzige, für das Öffentlichkeit zugängliche Form von gesetzlichem Zentralbankengeld. Im Unterschied zum elektronischen Bankengeld (Giralgeld) auf den Konten ist Bargeld keinem Konkurs-Risiko der Banken ausgesetzt. Zudem sind Zahlungen in Bar anonym und ohne Einbeziehung von Geschäftsbanken möglich. Wenn nun das Bargeld fast verschwindet, dann sei es − so Skingsley − die Aufgabe des Staates, der Öffentlichkeit eine neue, dem aktuellen Stand der Technik entsprechende Form von Zentralbankengeld zur Verfügung zu stellen. Diese neue Form von Geld, „e-krona“ genannt, wäre elektronisches Vollgeld, das in Ergänzung zu den bestehenden Zahlungsmitteln in Umlauf gebracht werden würde.
Lanciert Zentralbank die „e-krona“?
Die schwedische Zentralbank will unverzüglich damit beginnen, die technischen, rechtlichen und politischen Aspekte einer möglichen Emission von „e-krona“ zu untersuchen. Dabei will man unter anderem klären, ob die „e-krona“ an ein Bankkonto gebunden sein oder als digitales Zeichen ohne Kontobindung in elektronischen Netzwerken zirkulieren soll und ob sie direkt von der Zentralbank oder mit Hilfe der Geschäftsbanken in Umlauf gebracht werden soll.
Dänemark will Blockchain-Technologie
Laut einem Bloomberg-Artikel [2] ist die Dänische Nationalbank ebenfalls an Abklärungen, auf Basis der Blockchain-Technologie eine elektronische Krone herauszugeben. Singapur und Kanada sollen bereits ein entsprechendes System getestet haben.
Skandinavien ist fortschrittlich
In Schweden und Dänemark sind führende Entscheidungsträger offen für eine monetäre Modernisierung − im Gegensatz zur Schweiz, wo die Nationalbank und der Bundesrat eine Vollgeldreform kategorisch ablehnen. Diese kategorische Ablehnung ist umso unverständlicher, als fundierte wissenschaftliche Untersuchungen eindeutig zum Schluss kommen, dass sich eine Vollgeldreform sehr positiv auf die Gesamtwirtschaft auswirken würde.[3]
Gut zu wissen – Vollgeld-Initiative
Die Vollgeld-Initiative will, dass elektronisches Geld (Giral- oder Buchgeld genannt) gleichwertig wie Münzen und Noten wird – nämlich gesetzliches Zahlungsmittel. Im Dezember 2015 wurde die Vollgeld-Initiative für krisensicheres Geld und die alleinige Geldschöpfung durch die Schweizerische Nationalbank mit über 110‘000 Unterschriften eingereicht. Voraussichtlich Ende 2017 kommt sie zur Volksabstimmung. Die Vollgeld-Initiative wurde vom Verein Monetäre Modernisierung (MoMo) mit Sitz in Wettingen gestartet.
[1] Vgl. Rede von Cecilia Skingsley, Vizepräsidentin Schwedische Nationalbank: http://www.riksbank.se/Documents/Tal/Skingsley/2016/tal_skingsley_161116_eng.pdf
[2] Bloomberg: Blockchain Lures Central Banks as Danes Consider Minting E-Krone:
https://www.bloomberg.com/news/articles/2016-12-11/blockchain-lures-central-banks-as-danes-consider-minting-e-krone
[3] So z.B. eine umfassende Studie des Internationalen Währungsfonds aus dem Jahr 2012: IMF WP/12/202, abrufbar unter: http://www.imf.org/external/pubs/ft/wp/2012/wp12202.pdf