Am 4. Oktober 2016 feierte die Internetplattform WikiLeaks ihren 10. Geburtstag. In diesem Zeitraum veröffentlichte sie über 10 Millionen Dokumente über Korruption, Kriegs- und Umweltverbrechen und Menschenrechtsverletzung verschiedener Regierungen, Unternehmen und Institutionen. Die Pressekonferenz fand in der Berliner Volksbühne statt. Die Moderation übernahm die Journalistin Sarah Harrison. Es wurde das Jubiläumsvideo „10 Jahre WikiLeaks“ gezeigt, welches die Zusammenfassung der Top 10 der größten Veröffentlichung von WikiLeaks darstellen.
Es sind umgerechnet 3000 Dokumente, die WikiLeaks pro Tag veröffentlicht hat. Zu den Top 10 der Veröffentlichungen gehören „Die Guantanamo-Akte“, die die systematische und regelmäßige Anwendung von Gewalt gegen die Genfer Konventionen dokumentiert sowie die Inhaftierung von 800 Häftlingen im Alter zwischen 14 und 89 in Guantanamo Bay. US-Präsident Barack Obama versprach bei seinem Amtsantritt im Jahr 2009, dass er Guantanamo schließen wolle.
„Die Irak- und Afghanistan-Kriegsprotokolle“ zeigen die wahren Zahlen an zivilen Opfern im Irak- und Afghanistankrieg. Es sind die größten und detailliertesten Aufzeichnungen von Kriegsverbrechen in unserer Gegenwart. Es beinhaltet die Misshandlungen und Anwendung von Folter an Häftlingen durch die Polizei und das Militär.
„Der Minton-Bericht“ zeigt, wie die niederländische Firma Trafigura extrem giftige Umweltstoffe an der Elfenbeinküste verbreitete und damit 108.000 Menschen vergiftete. Durch eine einstweilige gerichtliche Verfügung wurde die Veröffentlichung des Berichtes durch den britischen Guardian und die BBC verhindert. Aber WikiLeaks veröffentlichte diesen Bericht.
„Die kollaterale Ermordung“ ist ein als geheim klassifiziertes Video des US-Militärs, welches die Tötung von 18 Menschen im Irak aus einem bewaffneten US-Helikopter zeigt, darunter waren auch zwei Reuters-Journalisten und Rettungskräfte. Die US-Soldatin und Whistleblowerin Chelsea Manning ist für die Weitergabe dieser geheimen Militärdokumente zu einer 35jährigen Haftstrafe durch ein US-Militärgericht verurteilt worden. (Artikel)
Die Geheimakte über Bhopal’s Dow Chemical zeigen das Innenleben des privaten Geheimdienstunternehmens Stratfor auf. Am 3. Dezember 1984 ereignete sich im indischen Bhopal, der Hauptstadt des Bundesstaates Madhya Pradesh, eine der bisher schlimmsten Chemiekatastrophen, bei der viele Tausende Menschen an den unmittelbaren Folgen starben. In einem Werk des US-Chemiekonzerns Union Carbide Corporation, früher Dow Chemical, traten aufgrund technischer Pannen mehrere Tonnen giftiger Stoffe aus. Bis heute leiden die Betroffenen und Überlebenden, doch weder der indische Staat noch der US-Konzern übernehmen die Verantwortung. Whistleblower Jeremy Hammond enthüllte damals die kriminellen Machenschaften von Stratfor und Dow Chemical, aber erhielt dafür eine Freiheitsstrafe von 10 Jahren. (Artikel)
TPP, TTIP und TISA also die „drei großen Ts“ sind die Hauptverträge, welche ohne angemessene demokratische Kontrolle im Geheimen ausgearbeitet und verhandelt wurden. WikiLeaks hat die Dokumente veröffentlicht, was überall auf der ganzen Welt zu großen Protesten führte. Allein in Deutschland gingen im September über 300 000 Menschen auf die Straße und demonstrierten gegen TTIP und CETA.
Zu den weiteren Leaks gehören auch der Abhörskandal von Bundeskanzlerin Angela Merkel durch die NSA. Das Ausspionieren von Außenminister Frank-Walter Steinmeier und die Anwendung von 20 Zielpunkten in der Selektorenliste des Außenministeriums, inklusive von Joschka Fischer in seiner Amtszeit von 1998 bis 2005. (Artikel)
Gerechtigkeit durch Wahrheit: Das romantische Ideal von Wikileaks
WikiLeaks brauche eine „Task Force“, um die Wahrheit zu verteidigen, sagte der Begründer von WikiLeaks Julian Assange, der beim Geburtstag von Wikileaks per Live-Stream aus der ecuadorianischen Botschaft in London zugeschaltet war. Seit über vier Jahren gibt ihm die ecuadorianische Regierung politisches Asyl. Seitdem hat er das Botschaftshaus nicht mehr verlassen. (Artikel)
Seine Rechtsanwältin Melinda Taylor, die in der Volksbühne anwesend war, sprach über den Fall von Julian Assange und hielt den USA vor, eine Menschenjagd auf den Wikileaks-Gründer zu veranstalten. Die damalige Außenministerin Hillary Clinton hatte 2010 bei einem Treffen in ihrem Ministerium gefragt: „Warum können wir ihn nicht mit einer Drohne ausschalten?“
Am 5. Februar 2016 hatte eine Expertengruppe des UNO-Menschenrechtsrats mitgeteilt, dass der Aufenthalt von Julian Assange in der ecuadorianischen Botschaft in London illegal sei. Die Festsetzung verstoße gegen internationale Konventionen. (Artikel)
Am 18. Oktober soll seine Befragung durch die schwedische Justiz durchgeführt werden. Es ist allerdings noch nicht klar, wo er sich dann aufhalten wird. Er selbst nimmt es mit Humor und bezeichnet sich als ein Testsubjekt für Vitamin D. „Ich bin natürlich etwas blass. Es ist sehr selten, dass man eine Testperson hat, die fast vier Jahre lang keine Sonne gesehen hat, ansonsten aber gesund ist. Es gibt einige Menschen, die im Krankenhaus liegen und fast nie die Sonne zu Gesicht bekommen. Dann gibt es Menschen, die auf Weltraumstationen arbeiten. Ich weiß nicht, ob die jemals die Sonne zu Gesicht bekommen. Es ist wirklich eine Seltenheit, dass man eine Person hat, die soweit gesund ist. Ich habe hier andere Probleme, weil ich mich in der Botschaft aufhalte, aber dabei handelt es sich nicht um Diabetes oder so etwas.“
Im Anschluss an seine Ausführungen beantwortet Julian Assange einige Fragen der Journalisten. Er beschreibt seine Motivation und die seiner Mitarbeiter als ein „romantisches Ideal“. „Wir müssen versuchen, die Welt rational zu betrachten und durch wahre Informationen Gerechtigkeit zu erreichen.“ Dies sei auch schon in vielen Fällen gelungen. Wikileaks wird in den nächsten Wochen neue Dokumente veröffentlichen, die anstehende Präsidentschaftswahl in den USA betreffend. „Das Material, das WikiLeaks noch vor Ende dieses Jahres veröffentlichen wird, betrifft einige bedeutende Momente dreier mächtiger Organisationen in drei verschiedenen Staaten.“