Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat am 13. Oktober 2016 die Eilanträge eines breiten Bündnisses von Bürgerinitiativen und der Linkspartei gegen die vorläufige Anwendung des geplanten Handelsabkommens CETA zwischen der EU und Kanada abgelehnt. Die Kläger wollten erreichen, dass die Karlsruher Richter die Bundesregierung verpflichten, bei den entscheidenden Abstimmungen im EU-Ministerrat am 18. Oktober mit Nein zu stimmen, da andernfalls das Abkommen Ende des Monats unterzeichnet werden und nach Zustimmung des EU-Parlaments bereits in weiten Teilen in Kraft treten würde. Da CETA aber auch Bestimmungen mit nationalen Bezügen enthält, ist zusätzlich ein parlamentarisches Verfahren in den Mitgliedsstaaten nötig. Erst danach kann CETA endgültig in Kraft treten.
Jörg Haas von Campact: „Das Urteil ist eine Ohrfeige für die Bundesregierung. Es ist ein großer Erfolg und eine große Ermutigung für über 125.000 Bürgerinnen und Bürger, die sich mit uns an dieser Verfassungsbeschwerde beteiligt haben. Nun müssen wir weiter Druck machen, damit CETA nicht ratifiziert wird. Wir werden die deutschen Europaabgeordneten auffordern, CETA abzulehnen. Aber auch die Grünen in Landesregierungen stehen beim Bürger in der Pflicht, CETA im Bundesrat zu stoppen.“
Thilo Bode, Geschäftsführer der Verbraucherorganisation foodwatch: „Es ist ein Riesenerfolg, dass das Bundesverfassungsgericht unsere Bedenken in einem Hauptsacheverfahren prüfen will – schließlich haben weder die Bundesregierung noch die Europäische Kommission die Argumente bisher ernstgenommen. Das ist ein Schlag ins Kontor von Sigmar Gabriel und Angela Merkel, deren Versuch, ein Hauptsacheverfahren zu verhindern, grandios gescheitert ist. Wir mussten bis zum Höchsten Gericht gehen, damit endlich über die massiven Gefahren von CETA für unsere Demokratie diskutiert wird. Das Gericht winkt die vorläufige Anwendung nicht einfach durch, sondern formuliert strenge Auflagen – das zeigt, dass die Bundesregierung die Folgen des Abkommens für die Demokratie allzu sehr auf die leichte Schulter genommen hat. Fazit: Wir haben nicht alles gewonnen, aber vieles. Unser Kampf gegen dieses verfehlte Abkommen geht weiter!“
Roman Huber, Geschäftsführender Vorstand von Mehr Demokratie: „Wir haben in diesem Eilverfahren wichtige Erfolge: Unsere Argumente wurden gehört, sie werden im Hauptverfahren ausführlich verhandelt werden, und die Bundesregierung muss sicherstellen, dass Deutschland die vorläufige Anwendung aus eigener Kraft wieder aufkündigen kann. Die Ausschüsse müssen jetzt demokratisch legitimiert werden und es dürfen weniger Teile von CETA vorläufig in Kraft gesetzt werden als geplant. Wir haben mehr Demokratie erreicht. Nach dem Verlauf der Anhörung ist es wahrscheinlicher denn je, dass CETA gegen das Grundgesetz verstößt.“
Ulrike von Wiesenau, Pressesprecherin von Gemeingut in BürgerInnenhand und dem Berliner Wassertisch: „Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes darf als Teilerfolg eines grossen gesellschaftlichen Bündnisses gegen die Freihandelsabkommen verstanden werden. Über 125.000 Bürgerinnen und Bürger haben sich an einer Verfassungsbeschwerde beteiligt. Zwar hat das Bundesverfassungsgericht die vorläufige Anwendung von CETA nicht untersagt, aber mit harten Auflagen verbunden. Die Bundesregierung muss demnach die geplante vorläufige Anwendung jederzeit auch im Alleingang beenden können. Die gemischten Ausschüsse müssen demokratisch rückgebunden sein, die vorläufige Anwendung darf sich ausschließlich auf den EU-Teil beziehen. Investitionsschutzgerichte sind damit ausgenommen. Ein Stopp von CETA ist also immer noch möglich. Man darf gespannt sein, wie die Bundesregierung die verfügten Auflagen in der kurzen Frist bis zur Entscheidung im EU-Ministerrat umsetzen wird.“