Der aktualisierte Umwelt- und Sozialrahmen der Weltbank, über dessen Entwurf der Vorstand der Bank am 4. August beraten wird, enthält einen neuen Arbeitsstandard, der es den kreditnehmenden Ländern erstmals zur Auflage machen würde, bei von der Bank finanzierten Projekten gewisse grundlegende Arbeitnehmerrechte und Arbeitsbedingungen einzuhalten.
Die Einführung einer solchen Schutzklausel für die Kreditvergabe der Weltbank an den öffentlichen Sektor wäre eine positive Entwicklung, zumal die für die Kreditvergabe an den privaten Sektor zuständige Weltbankeinrichtung IFC bereits seit dem Jahr 2006 über eine Arbeitnehmer-Schutzklausel verfügt. Die Version des Umwelt- und Sozialstandards 2 bezüglich der Arbeitsbedingungen (ESS 2), die dem Vorstand vorgelegt werden soll, enthält jedoch einige unbegründete Verwässerungen, die in dem vor einem Jahr veröffentlichten Entwurf nicht enthalten waren.
So heißt es beispielsweise, dass die Vereinigungsfreiheit bei von der Bank finanzierten Projekten lediglich so weit zu gewährleisten ist, wie es „den innerstaatlichen Gesetzen entspricht“. Eine solche Einschränkung gilt in dem Entwurf ESS 2 für keine anderen Auflagen bezüglich der Kernarbeitsnormen, weder für das Verbot von Diskriminierung noch von Kinder- oder Zwangsarbeit. Zudem sollen künftig nicht mehr die Weltbank und der Kreditnehmer für die Feststellung von eventueller Kinder- und Zwangsarbeit sowie gefährlicher Arbeitsbedingungen in der primären Lieferkette verantwortlich sein, sondern die Zulieferer.
Der jüngste Entwurf enthält darüber hinaus nach wie vor eine erhebliche Schwäche, um deren Korrektur der IGB, andere zivilgesellschaftliche Gruppen und viele Regierungen die Bank bereits zuvor gebeten hatten, da es versäumt wurde, auf die Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zu verweisen, in denen die Kernarbeitsnormen verankert sind.
IGB-Generalsekretärin Sharan Burrow hat an die Bank appelliert, die Rolle der ILO als für die Normensetzung in Arbeitsfragen zuständige internationale Organisation anzuerkennen und bei der Inkraftsetzung der neuen Schutzklausel eng mit ihr zusammenzuarbeiten:
„Die anderen multilateralen Entwicklungsbanken, die über eine arbeitsbezogene Schutzklausel verfügen, u.a. die bankeigene IFC, weisen ausdrücklich auf die Kernarbeitsnormen der ILO hin, zu deren Einhaltung alle Mitgliedsstaaten verpflichtet sind, ob sie die spezifischen Übereinkommen ratifiziert haben oder nicht. Die Weltbank sollte diesem Beispiel folgen. Es bereitet uns Sorgen, dass die Vereinigungsfreiheit bei von der Bank finanzierten Projekten ignoriert werden kann, wenn die innerstaatlichen Gesetze dieses Recht nicht uneingeschränkt schützen, während in dem Entwurf bekräftigt wird, dass Kinder- und Zwangsarbeit sowie geschlechtsspezifische und andere Formen von Diskriminierung bei Bankprojekten nicht toleriert werden, ungeachtet der innerstaatlichen Gesetzeslage. Das führt zu einem beunruhigenden Doppelstandard in Bezug darauf, welche von der ILO als grundlegend definierten Arbeitnehmerrechte bei Weltbankprojekten respektiert werden müssen und welche nicht.“
Sharan Burrow unterstrich zudem die Notwendigkeit aufseiten der Bank, die für die Beschäftigten entlang der Lieferkette geltenden Bestimmungen zu verschärfen: „Drei Jahre nach der Rana-Plaza-Tragödie in Bangladesch und einen Monat, nachdem sich die Internationale Arbeitskonferenz schwerpunktmäßig mit Maßnahmen zur Beendigung inakzeptabler Arbeitsbedingungen in globalen Lieferketten befasst hat, müssen die Weltbank und die kreditnehmenden Staaten ihren Beitrag leisten und dürfen die Verantwortung nicht auf die Zulieferer abwälzen. Es ist unrealistisch und in der Praxis nicht zu erwarten, dass sich künftige Zulieferer wegen inakzeptabler Arbeitspraktiken selbst anzeigen.“
Der IGB hat zusammen mit anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen eine gemeinsame Antwort auf den von der Weltbank vorgeschlagenen Umwelt- und Sozialrahmen formuliert.
Der Entwurf, über den der Vorstand der Weltbank am 4. August beraten wird, kann auf der Internetseite der Bank eingesehen werden.