Angesichts der Untätigkeit und fehlender Antworten der europäischen Staaten im Bezug auf die humanitäre Krise der Flüchtlinge hat die Stadt Barcelona eine Zusammenarbeit mit Lesbos (Griechenland) und Lampedusa (Italien), den beiden Inseln im Mittelmeer, auf denen in den letzten Jahren mehr Flüchtlinge angekommen sind als anderswo, vereinbart und ihre volle Unterstützung zugesagt. Zudem wurde ein Notbudget von 300.000 Euro für Hilfsorganisationen und NGOs bereitgestellt, die in Mittelmeerraum tätig sind, um den Flüchtlingen zu helfen.
Dieses Abkommen, das am 16. März in Barcelona von der amtierenden Bürgermeisterin Ada Colau, der Bürgermeisterin von Lampedusa Giuseppina Nicolini und dem Bürgermeister von Lesbos Spyros Galinos unterzeichnet wurde, sichert Hilfe seitens der Stadt Barcelona im Hinblick auf alle technischen, logistischen, sozialen und umweltbezogenen Aspekte zu, die die Inselstädte zu bewältigen haben, um die Auswirkungen der massenhaften Ankunft von Menschen, die in Europa Zuflucht suchen, auf ihre Gebiete und deren Bevölkerung abzumildern. Im nächsten Schritt werden die technischen Helfer dieses Plans auch Melilla (spanische Stadt in Marokko, in der ein Stacheldrahtzaun die Einwanderung verhindert; Anm. d. Übers.), besuchen, um mögliche Maßnahmen auch in diesem Gebiet zu analysieren.
Ada Colau erklärte, dass diese Initiative, die in den Plan „Barcelona – Stadt der Zuflucht“ eingebettet ist, aus der Notwendigkeit heraus entstand, „Menschenrechte zu schützen. Angesichts des Versagens der Europäischen Union wie auch des spanischen Staates, die Flüchtlinge weiter zu verteilen und unterzubringen sowie einen sicheren Zugang zu schaffen, haben wir uns direkt aufgerufen gefühlt, zu handeln“. Colau hat in Aussicht gestellt, dass man auch daran arbeiten werde, eine direkte Umsiedlung der Flüchtlinge zwischen Städten zu organisieren.
„Barcelona hat bereits getan, was in seiner Macht liegt: wir haben den Staat gebeten, zu handeln. Wir haben die Mittel für Vereine erhöht, die mit den Flüchtlingen arbeiten und wir haben die Solidarität der Bürger, die durch diese Situation entstand, zusammengeführt. Doch jetzt müssen wir noch mehr tun. Angesichts der offensichtlichen Untätigkeit Europas ist es an der Zeit, dass unsere Städte ihre Stimmen erheben“. Colau dankte den beiden anderen Bürgermeistern, die in ihren Städten mit der Flüchtlingskrise umgehen. „Sie stehen wahrhaftig für uns und unsere Werte“, erklärte sie.
Die Bürgermeisterin von Lampedusa, Giuseppina Nicolini, drückte ihre Zuversicht aus, dass durch das Abkommen mit Barcelona eine Basis für eine Zusammenarbeit aller Bevölkerungen des Mittelmeeres geschaffen werde, die von dieser Krise betroffen sind. „Wir brauchen eine neue Vision unserer Heimat Mittelmeer und müssen das Bild des Meeres als vermeintliche Grenze ändern, das uns die Europäische Union glauben machen will.“
Der Bürgermeister von Lesbos Spyrios Galinos unterstrich die Wichtigkeit, „die wahre Wurzel des Problems aufzuzeigen: die Bomben, die auf Syrien fallen. Die Personen, die an unseren Küsten ankommen, sind Opfer“. Galinos forderte von Europa die Notwendigkeit ein, den Handel mit Menschen zu unterbinden und die wachsende Fremdenfeindlichkeit zu bekämpfen. Er erinnerte auch daran, dass die Insel Lesbos „nichts von ihrer Schönheit verloren hat, im Gegenteil. Wir bewahren weiterhin unsere Natur und die Schönheit, die durch die Solidarität unserer Leute entsteht.“
Im vergangenen September hatte Barcelona angesichts der dramatischen Situation, die durch die massenhafte Ankunft von Menschen auf der Flucht aus Ländern wie Syrien, Afghanistan, Eritrea und Irak entstanden war, den Plan „Barcelona – Stadt der Zuflucht“ ins Leben gerufen. Viele kommen über das Meer, Tausende sterben auf der Überfahrt und es entsteht eine Situation von gravierender Ernsthaftigkeit für die, die sich entscheiden, über die europäischen Länder nach Norden zu gelangen.
Im Februar diesen Jahres besuchten der Koordinator des Planes, Ignasi Calbó, und der Leiter der Abteilung soziale Gerechtigkeit der Stadt Barcelona, David Listar, die Inseln Lesbos und Lampedusa, um ihnen die Unterstützung der katalanischen Stadt zuzusagen. Dieser erste Kontakt führte zum aktuellen Abkommen, das in den kommenden Monaten Schritt für Schritt gemäß den Bedürfnissen der griechischen und der italienischen Insel weiterentwickelt werden soll.
Was die konkreten Hilfen angeht, so ist die dringendste Anfrage von Lesbos jene zur Beratung und Unterstützung im Bezug auf die Müllentsorgung: durch den massenhaften Zufluss von Menschen, die dort in Booten ankommen, kam es zu einer enormen Ansammlung von Materialien wie Gummireifen und Rettungswesten, die gravierende Auswirkungen auf die Umwelt in diesem Gebiet haben, das nicht in der Lage ist, das Problem allein zu lösen. Es gab bereits erste Zusammenkünfte und demnächst werden Umweltexperten der Stadt Barcelona ihre Beratungstätigkeit dort aufnehmen.
Das Abkommen umfasst auch die Möglichkeit, Hilfsprogramme zur Wirtschaftsankurbelung für die Kommunen auf den Weg zu bringen, um deren interne Haushalte wieder ins Gleichgewicht zu bringen, die unter der Situation und nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Unterstützung seitens der EU stark gelitten haben.
Die Stadt Barcelona hat weiterhin Gespräche initiiert, um diese zwei kleinen europäischen Gemeinden in Kontakt mit anderen Akteuren der Stadt in Kontakt zu bringen, die ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit in der Flüchtlingskrise angekündigt haben, wie dem Fußballclub von Barcelona, der Area Metropolitana und der Provinzialverwaltung Barcelonas, mit dem Ziel, die Bandbreite der möglichen Hilfsmaßnahmen zu erweitern.
Neben ihrer Verpflichtung, diese technischen Hilfen zu leisten, hat die Stadt Barcelona zudem ihre Bereitschaft erklärt, bei europäischen und internationalen Institutionen, denen sie angehört oder von denen sie eingeladen wird, vorzusprechen, um den Hilfsgesuchen von Lesbos und Lampedusa Gehör zu verschaffen. Konkret ist Barcelona im April dazu eingeladen, zusammen mit Athen, Helsinki, Amsterdam und Berlin an einer Arbeitsgruppe der Europäischen Kommission zum Thema Migration und Flüchtlinge teilzunehmen.
Direkte Hilfe für die humanitäre Krise in Europa
Zusätzlich zu den Hilfen und der mit Lesbos und Lampedusa vereinbarten Zusammenarbeit sowie angesichts der humanitären Krise, die sich in diesen Tagen in Griechenland aufgrund der Schließung des Zugangs vom Balkan her abspielt, bei der Tausende von Menschen in Idomeni an der Grenze zu Mazedonien festsitzen, hat die Stadt Barcelona beschlossen, den bereits mit 100.000 Euro dotierten Hilfsfond für NGOs, die den Flüchtlingen innerhalb der Europäischen Union helfen, um weitere 200.000 Euro aufzustocken. Diese Summen kommen zu den 390.000 Euro dazu, die bereits für verschiedene Hilfsprojekte für Flüchtlingen in Ihren Heimatländern oder auf der Flucht bereitstehen.
Mit dieser Entscheidung will man die Effektivität der humanitären Aktionen und der verschiedenen Hilfsgruppen verstärken, die im Kontext der Flüchtlingskrise im Mittelmeerraum aktiv sind, um die Lebensbedingungen derer zu verbessern, die Asyl auf dem Weg nach Europa suchen. Die Interventionen auf EU-Gebiet werden vor allem darauf abzielen müssen, grundlegende Bedürfnisse wie Nahrung und Unterkünfte für die Flüchtlinge bereit zu stellen.
Die Stadt wird auch damit beginnen, eine mögliche Zusammenarbeit unter direkter Mithilfe der eigenen Bürger und ehrenamtlichen Helfer zu koordinieren, um die humanitären Hilfen für Menschen auf der Flucht unter Berücksichtigung der Lage vor Ort und der dadurch entstehenden Bedürfnisse besser zu kanalisieren.
Zudem wurden die Mittel für die Erstaufnahme der Flüchtlinge in der Stadt erhöht, die von einer Stelle verteilt werden, die sich um Unterkunft, juristischen Beistand, Sozialarbeit und psychologische Betreuung kümmert, sowie Übersetzungs- und Dolmetscherdienste leistet.
Über diese Stellen, die sich mit der Aufnahme der Flüchtlinge befassen, hat die Stadt Barcelona schließlich auch noch die Anzahl der Plätze verdoppelt, um die Flüchtlinge in der Stadt besser aufnehmen zu können und ein mit 300.000 Euro ausgestattetes Hilfsprogramm für diejenigen auf den Weg gebracht, die von den staatlichen Hilfen ausgeschlossen bleiben.
Pressebüro der Stadt Barcelona
Übersetzung aus dem Italienischen von Evelyn Rottengatter