Die weltweiten Militärausgaben betrugen, nach neuen Daten des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI), im Jahr 2015 insgesamt beinahe 1,7 Billiarden US$, was einen realen Anstieg von 1% im Vergleich zu 2014 bedeutet. Diese Daten wurden gleichzeitig mit dem Beginn des Stockholmer Forums über Sicherheit und Entwicklung bekannt gegeben. Das umfassende jährliche Update der SIPRI Datenbank zu Militärausgaben ist seit gestern zugänglich. www.sipri.org
Die weltweiten Militärausgaben stiegen 2015 um 1%. Das ist der erste Anstieg seit 2011.* Dieser Anstieg ist auf kontinuierliches Wachstum in Asien und Ozeanien, Zentral- und Osteuropa und einigen Staaten des Mittleren Ostens zurückzuführen. Auch der Rückgang der Ausgaben im Westen schwächt sich ab. Gleichzeitig gingen die Ausgaben in Afrika, Lateinamerika und der Karibik zurück. So gesehen ist das Bild der weltweiten Militärausgaben durchmischt.
Die USA führten die Liste weiterhin mit großem Vorsprung an, trotzdessen dass ihre Ausgaben um 2,4% abgenommen haben auf 596 Milliarden US$. Innerhalb der weiteren Topländer liegen China, dessen Ausgaben um 7,4% zugenommen haben auf 215 Milliarden US$, Saudi-Arabien mit 7,6% Wachstum und einem Volumen von 87,2 Milliarden US$, welches damit auf Platz drei landet, und Russland steigerte sich um 7,5% auf 66,4 Milliarden US$.
Fallende Ölpreise führen zu Einsparungen im Militärhaushalt
Eine Kombination aus hohen Ölpreisen und neu entdeckten Ölvorkommen und -ausbeutungen hat zu einem plötzlichen Anstieg der Militärausgaben in vielen Ländern der Welt im letzten Jahrzehnt beigetragen. Allerdings hat der Einbruch der Ölpreise, der im Jahr 2014 begann, begonnen, diesen Trend in vielen vom Ölertrag abhängigen Ländern umzukehren. Weitere Einsparungen werden für 2016 erwartet.
Die dramatischsten Ölertrag-abhängigen Einsparungen im Militärhaushalt waren im Jahr 2015 in Venezuela (-64%) und Angola (-42%) zu verzeichnen. Abnahmen wurden auch in anderen Ländern wie Bahrain, Brunei, Tschad, Ecuador, Kazachstan, Oman und Südsudan registriert.
Trotz abnehmender Ölerträge setzten einige andere Öl-exportierende Länder ihre Zunahme an Militärausgaben 2015 fort. Viele dieser Länder – vor allem Algerien, Azerbaidschan, Russland, Saudi Arabien und Vietnam – waren an Konflikten beteiligt oder mit erhöhter regionaler Spannung konfrontiert. Allerdings waren Russlands Ausgaben niedriger als in ihrem Budget anvisiert und die Ausgaben von Saudi Arabien wären gesunken, wenn nicht die zusätzlichen Kosten der militärischen Intervention in Jemen von 5,3 Milliarden US$ zu Buche geschlagen hätten. Russland und Saudi Arabien planen Einsparungen im Jahr 2016.
Endet der Rückgang der westlichen Militärausgaben?
Die Militärausgaben in Nordamerika sowie West- und Zentraleuropa haben seit 2009 abgenommen, vor allem als Resultat der globalen ökonomischen Krise, aber auch wegen des Abzuges der meisten der Truppen der USA und Alliierten aus Afghanistan und Irak. Es gab 2015 allerdings Anzeichen, dass diese Abnahme zu einem Ende käme.
Die US Militärausgaben waren 2015 um 2,4% gefallen, eine sehr viel geringere Rate als in den letzten Jahren. Dies war ein Resultat der Massnahmen des US Kongresses, die darauf abzielten, Militärausgaben teilweise vor vorher vereinbarten Massnahmen zur Reduktion des Budgetdefizits zu schützen. Voraussichtlich werden die Ausgaben ungefähr bei diesem Stand im Jahr 2016 verbleiben.
Insgesamt waren die Ausgaben in West- und Zentraleuropa nur etwa um 0,2% im Jahr 2015 gesunken. Allerdings waren die Ausgaben in Zentraleuropa allein um 13% gestiegen. Es gab insbesondere große Zuwächse in Ländern, die an Russland und die Ukraine grenzen – Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien und die Slowakei – welche nach der Krise in der Ukraine besonders besorgt über die Russischen Absichten sind. Im Gegensatz dazu haben die Westeuropäischen Ausgaben um 1,3% abgenommen, aber dies war die niedrigste jährliche Rate seit dem Anfang der momentanen Kürzungswelle, welche 2010 begann. Großbritannien, Frankreich und Deutschland haben alle moderate Ausgabenanhebungen im kommenden Jahr angekündigt, angefacht durch die Besorgnis über Russland und die Bedrohung durch den so genannten Islamischen Staat.
“Die Militärausgaben zeigen 2015 gegensätzliche Tendenzen“, sagte Dr. Sam Perlo-Freeman, Direktor des Militärausgaben-Projektes von SIPRI. „Einerseits reflektieren die Ausgabentrends die eskalierenden Konflikte und Spannungen in vielen Teilen der Welt, andererseits zeigen sie auch einen klaren Bruch des Öl-getriebenen Anstiegs der Militärausgaben des letzten Jahrzehntes. Diese unberechenbare wirtschaftliche und politische Situation schafft ein unklares Bild für das nächste Jahr.“
Andere bemerkenswerte Entwicklungen
- Die Militärausgaben in Asien und Ozeanien stiegen im Jahr 2015 um 5,4% an und waren stark beeinflusst durch China. Erhöhte Spannungen zwischen China und mehreren anderen Ländern in der Region steuerten zu einem substantiellen Wachstum der Ausgaben in Indonesien, den Philippinen und Vietnam bei, und lösten den Beginn der Umkehrung des langen Abwärtstrends der Japanischen Militärausgaben aus.
- SIPRI publiziert keine Einschätzung für den Mittleren Osten für 2015, da Daten mehrerer Ländern nicht zur Verfügung standen. Für die restlichen Länder, für die Daten zur Verfügung standen, nahmen die Ausgaben um 4,1% zu. Iraks Militärausgaben stiegen um 536% zwischen 2006 und 2015 – der größte Zuwachs in der Welt in dieser Periode.
- Die Militärausgaben in Lateinamerika und der Karibik nahmen um 2,9% ab, vor allem erklärt durch die immense Abnahme der Ausgaben in Venezuela. Brasiliens Ausgaben fielen auch leicht ab wegen seiner Wirtschaftskrise. Die Ausgaben in Zentralamerika stiegen weiterhin an, als Resultat der wachsenden Militarisierung des Anti-Drogen Krieges.
- Die Militärausgaben in Afrika fielen um 5,3% nach 11 Jahren ununterbrochenen Anstieges. Dies lässt sich vor allem auf die großen Einsparungen von Angola zurückführen, welches die höchsten Militärausgaben auf dem Kontinent hat, wegen des rapiden Verfalles der Ölpreise.
* Alle prozentualen Zunahmen und Abnahmen werden in realen Werten ausgedrückt (konstante Preise von 2014)
Übersetzung aus dem Englischen Johanna Heuveling