In den vergangenen Tagen war er bereits nicht mehr ansprechbar gewesen und hatte hohes Fieber. Der Altkanzler musste in den vergangenen Wochen wiederholt im Krankenhaus behandelt werden. Vor einigen Tagen wurde er zu seinen Angehörigen zur Pflege in sein Haus gebracht. Unser herzliches Beileid gilt seinen Angehörigen, aber auch den zahlreichen politischen Weggefährten, die ihn in tiefer Trauer vermissen.
In der Großen Koalition führte Helmut Schmidt von 1967 bis 1969 die SPD-Bundestagsfraktion und war danach Verteidigungs- und Finanzminister. Helmut Schmidt war von 1974 und bis 1982 als Nachfolger von Bundeskanzler Willy Brandt. Als Bundeskanzler war der Diplomvolkswirt mit Ursachen und Folgen der weltweiten Ölkrise in den Siebzigerjahren und den Attentaten der „Roten Armee Fraktion“ konfrontiert. Auch die Auseinandersetzung um den Nato-Doppelbeschluss prägte Schmidts Kanzlerschaft und bescherten ihn nicht nur Freunde in den eigenen sozialdemokratischen Reihen.
Außenpolitisch setzte Schmidt Brandts Kurs der Annäherung zwischen Ost und West fort, deswegen war er vor allem auch sehr beliebt bei den Bürgern in der DDR. Im westlichen Ausland wurde Schmidt vor allem wegen seiner Wirtschaftskompetenz geschätzt. Oft wurde ihm wegen seiner guten Kontakte zum damaligen französischen Präsidenten Valerie Giscard d’Estaing die Lösung schwieriger Probleme zugetraut. Mit Giscard begründete er die sogenannten Weltwirtschaftsgipfel. Auf Schmidts Initiative geht auch das Europäische Währungssystem (EWS) zurück, das als Vorläufer der Währungsunion gilt.
Im Herbst 1982 scheiterte die von Schmidt geführte Koalition an Differenzen in der Wirtschafts- und Sozialpolitik. Geistig und politisch aber blieb der fünfte Kanzler der Bundesrepublik auch mehr als 30 Jahre als wahrer Sozialdemokrat und Staatsmann. Es gibt nur wenige Politiker, die so sehr für die Geschichte der Bundesrepublik Deutschland stehen, wie Helmut Schmidt.
Seit 1983 war Helmut Schmidt Mitherausgeber der Wochenzeitung „Die Zeit“, er schrieb zahlreiche Bücher und war für Vorträge viel auf Reisen. Auch im hohen Alter war seine Meinung gefragt und geschätzt.
Wegen seiner Kenntnis globaler wirtschaftspolitischer Zusammenhänge wurde Schmidt oft als „Weltökonom“ bezeichnet. Sein Spitzname „Schmidt-Schnauze“, den er bei politischen Gegnern hatte, geht auf den Anfang seiner Karriere im Bundestag als Militärexperte der SPD zurück. Damals lieferte er sich heftige Wortgefechte mit dem damaligen Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß.
Helmut Schmidt, der junge Offizier im zweiten Weltkrieg, hat Kriege gehasst. „Die große Scheiße des Krieges“ sagte er immer wieder, wenn ihm Fragen zu seiner Zeit als Offizier gestellt wurden. Der Irakkrieg und Guantanamo waren für ihn „diese ekelhaften Dinge“. Als Herausgeber der „Zeit“ schrieb er einmal barsch: „Das nordatlantische Bündnis war und ist ein Verteidigungsbündnis, nicht etwa ein Bündnis zur Umgestaltung der Welt.“ Und zur neuen Rolle der Bundeswehr, zu den Einsätzen rund um den Globus, merkte er kritisch an: „Sie ist nicht darauf vorbereitet, irgendwo in Asien den Dorfrichter Adam zu spielen. Wie für so viele Menschen seiner Generation war für ihn der Krieg das lebensbestimmende Thema, Krieg zu verhindern, war wohl sein wichtigster Antrieb in der Politik.
Es gab Zeiten, in denen sich der Hamburger und seine Genossen nur wenig zu sagen hatten. Und doch hat er nie an seiner Entscheidung für die SPD, in die er gleich nach dem Krieg eintrat, gezweifelt. „Ich war schon in der richtigen Partei. Nur meine Partei, die hat sich manchmal geirrt.“
Schmidt lebte in Hamburg lange mit seiner Ehefrau Hannelore (Loki) zusammen, mit der er bis zu deren Tod 68 Jahre verheiratet war. Die Pädagogin und Botanikerin starb 2010. Zwei Jahre später wurde bekannt, dass Schmidt eine neue Beziehung hatte.
Die SPD-Bundestagsabgeordneten erfuhren während der laufenden Fraktionssitzung von Schmidts Tod und gedachten seiner spontan mit einer Schweigeminute. Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte die Verdienste des verstorbenen Altbundeskanzlers in einer Sitzung.
Unsere tiefer Trauer und Beileid gilt seinen Angehörigen.