„Oury Jalloh ist nicht das einzige Opfer von Polizeigewalt aber er ist einer der wenigen Fälle, der es bis vor den Richter gebracht hat“ sagte der Sprecher der Initiative in Gedenken an Oury Jalloh gegen Ende einer zweistündigen Pressekonferenz in Berlin. „Es ist kein Einzelfall, sondern es handelt sich um Gewalt mit System“. Mit dieser Aussage schließen die detaillierten Erläuterungen von mehreren internationalen Gutachtern. Sie belegten wie unwahrscheinlich eine Selbstentzündung in der Zelle 5 der Dessauer Polizeiwache ist.
Im Januar 2005 wurde Oury Jalloh bei einer Personenkontrolle von der Polizei in Gewahrsam genommen. Gemäß Informationen der Polizei war er stark alkoholisiert (mehr als 2 Promille) und stand unter Drogeneinfluss. Er wurde in einer gefliesten Zelle mit Armen und Beine an der Wand und an einem Podest fixiert, auf dem eine feuerfeste Matratze lag. So soll Jalloh in der Lage gewesen sein ein, in seinen Kleidern verstecktes Feuerzeug, herausgezogen haben und den feuerfesten Bezug der Matratze aufgerissen haben und den Schaumstoff in Brand gesetzt haben. Die involvierten Polizeibeamten wurden aber von fahrlässiger Tötung freigesprochen.
Mit diesem Urteil wollte sich die Initiative nicht abfinden und gab unabhängige Gutachten bei einem Toxikologen, Rechtsmediziner und zwei Brandsachverständigen in Auftrag, dessen Ergebnisse gestern an einer Pressekonferenz vorgestellt wurden.
Das toxikologische Gutachten kam zum Schluss, dass Jalloh so stark unter Drogen- und Alkoholeinfluss gestanden habe, dass er rein motorisch kaum in der Lage gewesen sein kann, den Matratzenbezug zu zerstören, ein Feuerzug zu zücken und den Schaumstoff zu entzünden.
Die Brandsachverständigen konnten in Tests nachweisen, dass die Hitze und Intensität des Feuers unmöglich durch eine in Brand geratene Matratze erklärt werden können. Auch der in der gefliesten Zelle durch den 35minütigen Brand entstandene Schaden, kann ohne Brandbeschleuniger nicht erklärt werden. Die Aussage das Feuerzeug sei während des Brandes unter dem Opfer gelegen, ist durch den Zustand des Feuerzeuges und das Fehlen von Kleiderfasern, bzw. Körperspuren unwahrscheinlich.
Das nach dem Brand keine Spuren von Brandbeschleuniger nachgewiesen werden konnten, lässt sich durch ein vollständiges Verbrennen erklären. Das Fehlen von Spuren eines Brandbeschleunigers bedeute nicht, dass keiner eingesetzt wurde, betonte der Brandsachverständige explizit.
Die Initiative warf der Staatsanwaltschaft Behinderung der neutralen Gutachten vor, da die Unterlagen und Fotos nur teilweise oder zum Teil ungenügend oder inkorrekt dokumentiert an das internationale Expertenteam übermittelt wurden.
Was sich genau am 7. Januar 2005 in der Polizeizelle abgespielt hat, bleibt weiterhin ungeklärt. Von Fremdverschulden muss jedoch ausgegangen werden und nicht von der staatsanwaltlichen Hypothese der Selbstentzündung, die als einzige Möglichkeit untersucht wurde.
Der Dessauer Staatsanwalt Olaf Braun informierte darüber, dass erneut ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wurde aber zum laufenden Verfahren keine Stellung genommen werden könne.