Der Internationale Willy-Brandt-Preis wird von der SPD jährlich an herausragende Persönlichkeiten verliehen, die sich im Sinne des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers, Friedensnobelpreisträgers und SPD-Vorsitzenden Willy Brandt in besonderer Weise für Verständigung und Frieden verdient gemacht haben. Dieser Preis wurde anläasslich des 40. Jahrestags von Willy Brandts Kniefall in Warschau ins Leben gerufen. Die Jury, die dem SPD-Parteivorstand den Preisträger oder die Preisträgerin vorschlägt, sitzt Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin vor. Er hat die Aufgabe von Egon Bahr übernommen, der den Internationalen Willy-Brandt-Preis mit ins Leben gerufen hat und bis zu seinem Tod im August 2015 Vorsitzender der Jury war.
Es war der Jury eine große Ehre, den 4. Internationalen Willy-Brandt-Preis an die ungarische Professorin und Philosophin Anges Heller zu verleihen. Mit diesem Ehrenpreis würdigte die SPD ihren beispielgebenden Einsatz für Freiheit und Verständigung in Europa. Als überzeugte Kämpferin gegen Anitsemitsmus, Rassismus und Diskriminierung stellt sie sich auch in aller Deutlichkeit gegen einen neuen Autoritarismus in ihrem eigenen Land. Die Laudation hielt der SPD Parteivorsitzender und Vizekanzler, Sigmar Gabriel, für diese Preisträgerin.
„Schreiben, Nachdenken, Sprechen, das ist mein Leben“, sagt Ágnes Heller. Mit der Ungarin erhält eine der bedeutendsten Philosophinnen des 20. und 21. Jahrhunderts den diesjährigen Preis. Sie überlebte den Faschismus und litt unter dem Stalinismus. Heute übt sie scharfe Kritik an Ungarns Regierungschef Orbán.
Ágnes Heller wurde 1929 als Tochter jüdischer Eltern in Budapest geboren. Ihr Vater und zahlreiche Verwandte wurden von den Nazis in Konzentrationslagern ermordet. Mit sehr viel Glück entkamen sie und ihre Mutter dem Tod.
Nach 1945 machte sie sich während ihres Studiums als Schülerin des marxistischen Philosophen Georg Lukács einen Namen und trat in die kommunistische Partei ein. „Ich habe mich nach der Hölle des Nationalsozialismus nach Erlösung gesehnt, ganz einfach. Ich suchte Gemeinschaft und Einfachheit, also bin ich 1947 eingetreten. Ich war mir sicher, dass die Partei nur die schlechte Umsetzung einer guten Sache ist, musste aber bald darauf feststellen, dass der Parteialltag überhaupt nichts mit meinen Ideen zu tun hatte“, so Heller. Während der Preisverleihung riss sie die Gäste und Zuhörer mit ihren klaren philsophischen, humanistischen Erklärungen sofort in den Bann der Philsophie.
Der Sonderpreis für besonderen politischen Mut wurde in diesem Jahr an die britische, investigative Journalistin Sarah Harrison verliehen. Sarah Harrison hat mit ihrem Engagement für WikiLeaks und speizell durch ihre journalistische Begleitung von Edward Snowden nach Moskau großen politischen Mut bewiesen. Ihr Wirken steht exemplarisch für das Streben nach Transparenz für die Regierungen und den Einsatz gegen die digitale Massenüberwachung. Die Laudation hielt Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin für diese Preisträgerin.
Bekannt wurde Sarah Harrison durch ihr Engagement für die Enthüllungsplattform WikiLeaks und ihre Unterstützung für verschiedene Whistleblower (Enthüller, Ermittler oder Hinweisgeber). Im Sommer 2013 blieb sie an der Seite von Edward Snowden auf seiner Flucht in den Moskauer Flughafen. Die Britin unterstützte Snowden bei seinem Asylantrag in Russland. Einige Jahre zuvor arbeitete sie mit den WikiLeaks-Gründer Julian Assange zusammen. Sie half ihm auch bei seiner Flucht in die ecuadorianische Botschaft in London, in der er sich seit über drei Jahren befindet. Das Zitat „Mut ist ansteckend“ stammt von ihm.
„Ihr Wirken stehe exemplarisch für das Streben nach Transparenz und den Einsatz gegen ausufernde Überwachung“, begründet die SPD die Wahl. „Sarah Harrison hat mit ihrem Engagement für WikiLeaks und speziell in der Begleitung von Edward Snowden großen politischen Mut bewiesen.“ In Deutschland war lange über ein Asyl für Edward Snowden gestritten worden. Nach den Monaten an der Seite von Edward Snowden zogen sie nach Berlin, da sie befürchtet, bei einer Rückkehr nach Großbritannien festgenommen zu werden.
In ihrer Rede sagte sie, dass es ihr eine große Ehre sei, den Willy Brant-Preis für ihren politischen Mut zu erhalten. Ihr politisches Engagement steht immer mit WikiLeaks im Zusammenhang. Vorrangig gilt ihr Schutz Edward Snowden und ihrem Redakteur Julian Assange. Daran arbeiten natürlich viele andere fleißige Forscher, Journalisten, Rechtsteams sowie technische Ingenieure hinter den Kulissen. Dieser Erfolg wäre nicht allein durch sie möglich, sondern sie teilt diese hohe Auszeichnung mit ihnen Mitarbeitern. Sie bedankte sich für die viele Unterstützung der Menschen in Berlin und für die unerschütterliche Unterstützung ihrer Familie, die bei der Verleihung anwesend war und die ihr die nötige Kraft für diese journalistische Arbeit geben.
Aufgrund rechtlicher Beratungen in Bezug auf den Missbrauch des Anti-Terror Gesetzes wurde Sarah Harrison angeraten, nicht zurück nach Großbritannien zukehren. Ihr Heimatland Großbritannien verwende den Begriff Gefährdung der „nationale Sicherheit“ fälschlicherweise als Panikmache, um den Versuch zu rechtfertigen, die Arbeit der Journalisten und deren Rechte einzuschränken. Überall in Deutschland sieht man die Plakate und Aufkleber mit dem Aufdruck „Asyl für Snowden“. Der erste parlamentarische Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages zur Massenüberwachung der NSA wurde im Zuge mit den Enthüllungen von Edward Snowden ins Leben gerufen.
Sarah Harrison forderte in ihrer Rede: „Politisches Handeln zum Schutz von Herrn Assange. Politisches Handeln zum Schutz von Herrn Snowden. Politisches Handeln zum Schutz der Menschen in Deutschland vor der US-Massenüberwachung“. „Wie Willy Brandt sagte: Wir wollen mehr Demokratie wagen“, fügte sie hinzu.
Die SPD zeige einen guten Schritt in die richtige Richtung und auf dem Weg von Willy Brandt. Sie steht für unsere Rechte, die Demokratie, die Sicherheit und das Recht auf Asyl ein. Willy Brandt verbrachte mehrere Jahre als politischer Flüchtling im Ausland und war auch gezwungen, seinen Namen für seine Sicherheit zu ändern. Diese heutige Auszeichnung ist für diejenigen, die als Flüchtling wegen ihrer politischen Arbeit gezwungen werden, ihren Namen zu ändern. Und das gilt vor allem für WikiLeaks und dessen Herausgeber Julian Assange, dem im Gegensatz zu Willy Brandt, sein Recht auf Asyl verweigert wird, und der durch eine Polizeibelagerung in den letzten drei Jahre in einer Botschaft in London eingesperrt ist.
Sie hofft, dass diese hohe Auszeichnung der erste Schritt in eine proaktive und entscheidende Richtung ist, und damit ein Zeichen für den Schutz und den Kampf der „Wahrheitssager“ in Deutschland gesetzt wird.
In Agnes Heller spiegeln sich die Inspiration zum philosophischen Nachdenken und der Mut zum politischen Handeln ein Leben lang wider. In Sarah Harrison spiegeln sich die freie Meinungsäußerung und der Mut zur Wahrheit im Journalismus wider.