Die neue finnische Regierung hat als erste in Europa beschlossen, ein Experiment mit dem Konzept des Bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) umzusetzen. Genaue Details zu den Plänen, die im Koalitionsvertrag verankert wurden, sind noch nicht bekannt. Rund 80 Prozent der Finnen halten den Versuch dennoch für eine gute Idee. Verschiedene andere Tests eines BGE, beispielsweise in Kanada und Afrika, zeigen, dass die Idee funktionieren kann.
Die Debatte um ein Bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) wird auch in Deutschland, wo ein verkorkstes Hartz- IV-System derzeit noch den sozial-staatlichen Standard darstellt, lebhaft diskutiert. Befürworter der Grundeinkommens-Idee sind gut vernetzt und werben aktiv für ihre Idee. Gleichsam gilt Deutschland nicht unbedingt als experimentierfreudig in finanz-politischen Angelegenheiten. Wenig erstaunlich ist es da, dass nun zunächst in der europäischen Peripherie, nämlich in Finnland, die Idee in der Realität getestet werden soll.
Die Vorschläge der Höhe des finnischen Test-BGE reichen von 440 Euro bis 1.166 Euro. Bereits 1974 bewies die kanadische Stadt Dauphin, dass die Idee durchaus erfolgreich sein kann. Dort führte ein BGE-Experiment mit 1.000 Familien zu zahlreichen positiven Effekten. Nicht nur mussten die Teilnehmer als Folge geringeren ökonomischen Drucks seltener zum Arzt und senkten damit auch die Kosten für das Gesundheitssystem, auch erreichten die Kinder der Familien überdurchschnittlich hohe Schulabschlüsse. In einer Studie wurde Dauphin später „die Stadt ohne Armut“ genannt. Auch in Afrika gab es bereits erfolgreiche BGE-Versuche
Das Bedingungslose Grundeinkommen ist ein Konzept mit Sprengkraft, stellt es doch bisherige Dogmen der Sozialstaatsidee radikal in Frage. Die Idee klingt zunächst einfach: Jeder Mensch soll eine staatliche Grundsicherung erhalten, unabhängig von Alter, Geschlecht, Vermögen, Ausbildung oder Tätigkeit – bedingungslos eben. Befürworter verweisen nicht nur auf eine Zunahme individueller Handlungsmöglichkeiten und massive bürokratische Einsparungen im Vergleich zu gängigen Sozialstaatsmodellen, für viele Verfechter eines Grundeinkommens spielen auch ethische Fragen eine Rolle. Die Grundversorgung eines Menschen soll nicht abhängig von dessen ökonomischer Leistungskraft sein, sondern generell – als gesellschaftliche Aufgabe – gesichert werden. Für viele stellt ein Bedingungsloses Grundeinkommen auch eine Absage an die Konkurrenz- und Leistungsgesellschaft dar.
Gegner eines Bedingungslosen Grundeinkommens finden sich vor allem in zwei Lagern: Bei klassischen Marxisten und Gewerkschaftern, die oft Arbeit als das Maß aller Dinge ansehen, und ihre „Klasse“ ins Hintertreffen geraten sehen, sowie bei dogmatischen, marktradikalen Libertären, für die jedwede staatliche Umverteilung (so auch Steuern) gleichbedeutend ist mit Diebstahl. Nach Abwägung aller Argumente, kann das Konzept aber als durchaus sinnvoll erachtet werden. Anstatt diese Fragen jedoch nur im theoretischen Rahmen zu behandeln, macht es durchaus Sinn sich die Ergebnisse des finnischen Experiments genauer anzuschauen sowie weitere Experimente dieser Art auf den Weg zu bringen.